39.476 Goslarer dürfen beim Bürgerentscheid mitbestimmen

„Beteiligen Sie sich an der Abstimmung!“: Mit einem Banner über den Eingang zur Fischemäkerstraße wirbt die Stadt Goslar fürs Mitmachen bei Goslars erstem Bürgerentscheid in der Stadtgeschichte. Foto: Heine
Auf geht’s zur historischen Premiere: Goslar erlebt am Sonntag den ersten Bürgerentscheid seiner mehr als elf Jahrhunderte währenden Stadtgeschichte. Die GZ erklärt, wie der Bürgerentscheid zur Stadthalle abläuft und was zu beachten ist.
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39.476 Goslarer im Alter ab 16 Jahren sind aufgerufen, wie bei einer Kommunalwahl ihre Stimme abzugeben. Sie entscheiden letztinstanzlich, ob sich die Stadt Goslar an den Kosten für den Neubau einer Stadthalle beteiligen soll. Jede(r) hat nur eine Stimme. Die Auswahl ist deshalb simpel und überschaubar. Nur ein Ja oder ein Nein können und dürfen auf dem – dennoch ganz imposante 21 mal 48 Zentimeter großen – Wahlzettel angekreuzt werden. Andernfalls ist das Votum ungültig.
Ein wenig Hirnschmalz ist wegen der vertrackten Fragestellung dennoch vonnöten: „Sind Sie beim Neubau der Veranstaltungshalle im KaiserPfalzQuartier gegen eine finanzielle Beteiligung der Stadt an den Baukosten?“ Das bedeutet: Wer mit Ja stimmt, ist dagegen, dass die Stadt Goslar zum Bau der Halle Geld dazugibt. 10,5 Millionen Euro fließen als Spende für Bau und Betrieb aus den Mitteln der Tessner-Stiftung. Wer das Nein wählt, ist für die bisher von der überwältigenden Ratsmehrheit so vorgesehene Stadt-Beteiligung an der Halle.
Zu den Folgen der Entscheidung
In den Konsequenzen heißt das aber auch: Beim Nein wird das Pfalzquartier genau so gebaut, wie es jetzt seit zehn Jahren geplant wird. Beim Ja muss sich die Stadt entweder einen neuen Investor für das bislang auf rund 70 Millionen Euro taxierte Gesamtvorhaben mit Hotel, Halle, Tiefgarage und Freiflächen suchen. Oder der bisherige Investor und Ehrenbürger Hans-Joachim Tessner zahlt alles aus eigener Tasche. Er hat sich indes öffentlich einprägsam positioniert: Ohne Halle gibt es jedenfalls mit ihm kein Pfalzquartier.
Zum Wahlsonntag: Die Stadt Goslar ist in 54 allgemeine Abstimmungsbezirke eingeteilt. Die Wahllokale haben am Sonntag von acht bis 18 Uhr geöffnet. Mit Stand von gestern Mittag hatte die Stadt Goslar 4835 Wahlunterlagen verschickt. Die Auszählung der Stimmen dürfte insgesamt zügig geschehen. Im Rathaus gehen die Verantwortlichen optimistisch nur von einer guten halben Stunde aus. Dann sollte das vorläufige Ergebnis klar sein.
Wahlleiter ist der städtische Bürgerservice-Fachbereichsleiter Sven Busse, sein Stellvertreter Personalchef Oliver Kasties. Der siebenköpfige Abstimmungsausschuss stellt erst am Mittwoch um 18 Uhr im Sitzungszimmer des Verwaltungsgebäudes an der Charley-Jacob-Straße das amtliche Endergebnis fest.
Wann ist der Bürgerentscheid erfolgreich? Nach Auskunft der Stadtverwaltung müssen mindestens 20 Prozent aller Wahlberechtigten mit Ja votieren. Als Bezugsgröße für die Ermittlung dient die Goslarer Kommunalwahl vom September 2021. Das sind nach Adam Riese exakt 8018 Stimmen, heißt es aus dem Rathaus. Und der Bescheid muss eine Mehrheit haben. Heißt: Es müssen mehr Menschen mit Ja als mit Nein votieren. Bei einer Stimmengleichheit ist er abgelehnt. Übrigens wie in der politischen Arbeit im Rat: Ein Antrag muss immer auch eine Mehrheit finden.
Gleichstand reicht nicht
Was in der reinen Theorie für den Bürgerentscheid in den zwei krassesten Beispielen bedeutet: Wenn 10.000 Menschen mit Ja und 10.000 Menschen mit Nein stimmen, bleibt der Bürgerentscheid ohne Erfolg. Wenn 8017 Menschen mit Ja stimmen und niemand mit Nein, ist er auch abgelehnt.
Was gilt, wenn der Bürgerentscheid Erfolg hat? In diesem Fall genießt er für zwei Jahre einen Bestandsschutz gegen abweichende Beschlüsse des Rates. Vor Ablauf dieser Frist kann er nur durch einen neuen Bürgerentscheid auf Veranlassung des Rates abgeändert oder aufgehoben werden. Wenn er erfolglos bleibt, ist in dieser Sache innerhalb von zwei Jahren auch ein erneutes Bürgerbegehren unzulässig.