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Oberharzer Trauercafé

Von der eigenen Verletzlichkeit erzählen können

Für manch einen ist der Friedhof der Ort, an dem er um einen Verstorbenen trauern kann, für andere nicht. Foto: Potthast

Für manch einen ist der Friedhof der Ort, an dem er um einen Verstorbenen trauern kann, für andere nicht. Foto: Potthast

Sich in einem geschützten Raum über die Gefühle austauschen können, die der Tod eines nahestehenden Menschen verursacht, das lässt das Oberharzer Trauercafé zu. In verschiedenen Orten treffen sich die Menschen mit einem Theologen, essen und sprechen.

Von Angela Potthast Dienstag, 27.06.2023, 06:00 Uhr

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Clausthal-Zellerfeld. In der Trauer um einen geliebten Menschen verbunden sein mit anderen, die ebenfalls trauern, Verständnis für sich finden durch die Kommunikation mit anderen, und das Potenzial der eigenen Handlungsfähigkeit erspüren: Das Oberharzer Trauercafé bildet dafür den geschützten Rahmen. Zweimal war es bereits geöffnet, zweimal wird es noch öffnen in diesem Jahr – nicht immer am selben Ort, aber immer mit Kaffee und Kuchen und für jeden gedacht, unabhängig von seiner Konfession.

Rund 15 Teilnehmer

Das Lebensalter der Gäste ist sehr unterschiedlich, der Abstand zum Todestag der ihnen Nahestehenden ebenfalls. Rund 15 Trauernde, diese Zahl nennt Pfarrer André Dittmann, waren in Lautenthal und in Clausthal beisammen. Die Gruppe des zweiten Trauercafés war nicht die des ersten. Rund ein Drittel der Gäste habe sich beide Male auf den Weg gemacht. Zwei Drittel seien als Neue hinzugekommen. Der Ortswechsel sei also gut.

Zeitlicher Rahmen

Einige der Gäste, sagt Pfarrer Dittmann, hätten sich sogar zwischendurch zusammengetan. Solch eine private Vernetzung ist seiner Ansicht nach sehr wirkungsvoll. Während des Trauercafés können Gespräche in der Gruppe und am Ende bei Bedarf mit dem Theologen geführt werden, allerdings ist schon ein gewisser zeitlicher Rahmen gesetzt. Darüber hinaus können Gäste aber extra Seelsorge-Termine mit dem Pfarrer vereinbaren, um außerhalb des Gruppentreffens intensiver auf ihre Trauer schauen zu können. Das ist laut André Dittmann bereits wahrgenommen worden.

Impuls geben

Trauern als Anpassung an eine neue Situation sei der Impuls für das Lautenthaler Café gewesen. Gewohnheit sollte Änderung erfahren, das eigene Verhalten auf die jeweilige Situation zugeschneidert werden. Konkret: Die Tasse, die sonst immer morgens für den Partner auf den Frühstückstisch gestellt wurde, nicht mehr herausholen. Einen Freund anrufen, wenn etwas Aktuelles mitzuteilen ist, was sonst der Partner zuerst gehört hat. „Wie hilflos Menschen sein können, wenn Gewohntes nicht mehr da ist. Wir sind ja Gewohnheitstierchen...“ Dann aber zu erkennen, dass man selbst aktiv werden könne, sei wichtig.

Gefühlen nachspüren

Nachzuspüren, was für ein Gefühl Trauer ist und wie sie sich beispielsweise von einer Depression unterscheidet, war Impuls in Clausthal. Sollte sich für Pfarrer Dittmann abzeichnen, dass die emotionale Verfassung über das Trauern hinausgehe, empfehle er, einen Arzt zu konsultieren. Sein Feld ist ganz klar das Seelsorgerliche, nicht das Therapeutische.

Verstehen ermöglichen

Die Impulse im Trauercafé sollen das Verstehen der eigenen Befindlichkeit ermöglichen. Es sei gut, dass es diesen Raum gebe, um von der eigenen Verletzlichkeit zu erzählen. Gut, zu sehen, dass andere ähnlich sind in ihrer Trauer. „Da ist so ein Zuhören und Nicken gewesen“, hat Pfarrer Dittmann beobachtet. In Zellerfeld soll der Impuls „Die Entdeckung und die Möglichkeiten der eigenen Ressourcen“ den Weg für Gespräche ebnen. Welche – von Gott gegebenen – Fähigkeiten aus anderen Krisen sind bereits vorhanden, die helfen können, um aus der aktuellen Krise herauszukommen? Die zu suchen, gilt es beim dritten Oberharzer Trauercafé am Mittwoch, 13. September, um 15.30Uhr im Gemeindehaus der Zellerfelder St.-Salvatoris-Gemeinde an der Bornhardtstraße 4. Das vierte Treffen ist für Freitag, 10. November, geplant. Es beginnt um 15.30 Uhr im Gemeindehaus der St. Andreasberger Martini-Gemeinde.

 

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