Tierheim Eckertal: Hundepension voll, Besitzer drohen mit Aussetzen

Azubi Niklas Friese mit Hündin Runa. Die 7-Jährige sucht ein ruhiges Zuhause ohne Kinder, am besten mit Garten und viel Auslauf. Foto: Jenzora
Das Tierheim Eckertal kann keine weiteren Hunde mehr aufnehmen. Abgaben landen daher auf der Warteliste. Manche Besitzer wollen allerdings nicht so lange warten und drohen mit Aussetzen. Und Vorsitzende fordert Kastrationspflicht für Katzen.
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Eckertal. Aufnahmestopp und lange Wartelisten – viele Tierheime in Deutschland sind überfüllt und am Limit. Mit diesen Worten wandte sich der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, erst vor ein paar Wochen an die Öffentlichkeit. Ein unbekanntes Problem ist das aber nicht. Gerade zur Corona-Zeit haben sich viele Menschen Haustiere angeschafft, die sie danach plötzlich doch nicht mehr wollten. Als Geschenk zu Weihnachten sind sie laut der Vorsitzenden des Bad Harzburger Tierschutzvereins Doreen Lüders jedes Jahr der Renner.
Der süße Hundewelpe oder das kleine Kitten verpackt im schönen Weihnachtskarton, da könne doch wohl niemand widerstehen. Dass ein Tier vor allem Verantwortung und Zeit bedeutet, darüber mache sich in dem Moment nicht jeder Gedanken. Doch das sind nur zwei Beispiele dafür, dass sich die Abgaben im Tierheim häufen. Die GZ hat zum Jahresanfang mal nachgefragt, wie die Auslastung im Bad Harzburger Tierheim in Eckertal ist.
Immer wieder Anfragen
Überfüllt sei das Tierheim Eckertal zurzeit nicht, es würden aber immer wieder Anfragen eintrudeln. Ob das Tier aufgenommen werde, entscheiden letztendlich aber die Mitarbeiter. „Wir raten den Leuten immer erst einmal, sich Hilfe zu suchen. Tiere einfach abgeben ist keine Lösung“, sagt Lüders. Bei Fundtieren sei das anders, die bekämen immer einen Platz. „Die Leute sollen abgeschreckt werden, sich leichtgläubig ein Haustier anzuschaffen“, sagt Lüders. Doch was ist, wenn das Tier in Gefahr ist? „Menschen, die ihre Tiere quälen, kommen nicht zu uns. Denen wird das Tier durch das Veterinäramt weggenommen“, so Lüders. Ohnehin habe das Tierheim für Hausbesuche keine Befugnis: „Uns sind da die Hände gebunden. Wir stehen aber eng mit dem Veterinäramt in Kontakt“.
Auch wenn sie und die Tierheim-Mitarbeiter in manchen Fällen ganz anders handeln würden als die Behörden. „Unsere Schwelle ist da viel tiefer, wir würden am liebsten jedem Tier helfen. Aber die haben ihre Auflagen, das ist uns klar“, erklärt Doreen Lüders.

Denise Thormann (links) hält Fundkatze Henriette im Arm. Die Zweijährige ist trächtig ins Tierheim gekommen und hat dort ihre Kitten zur Welt gebracht. Die wurden bereits alle vermittelt, doch sie selbst sucht immer noch nach einem Zuhause. Klaudia Klensmann (rechts) ist Mitglied des Tierheim-Vorstands und hält ihre einjährige Katze Saphira im Arm. Foto: Jenzora
Steigende Kosten
„Die meisten Abgaben sind immer noch die Tiere, die zur Corona-Zeit angeschafft wurden“, sagt die Tierschutzvereinsvorsitzende. „Zum Glück sind wir hier im ländlichen Kreis aber nicht so stark davon betroffen, wie manche Großstädte.“ Die Besitzer seien ihrer Meinung nach mit der Tierhaltung zunehmend durch die veränderte Lebenssituation, die steigenden Kosten und die anfallenden Steuern überfordert.
Im Tierheim Eckertal leben derzeit 30 Katzen, 13 Hunde und drei Kaninchen. Vermehrte Abgabenanfragen habe es nach den Feiertagen laut Tierheim-Mitarbeiterin Stefanie Hendrysiak nicht gegeben. Erfahrungsgemäß sei es laut Doreen Lüders dafür allerdings auch noch zu früh: „Die Leute brauchen erst einmal etwas Zeit, um zu merken, dass sie eigentlich gar keine Zeit oder Geld für ein Haustier haben.“
Hundepension ist voll
Hendrysiak spricht indes von einer anderen auffälligen Veränderung in der vergangenen Zeit: „Viele Menschen waren im Krankenhaus und brauchten einen Pensionsplatz über mehrere Wochen“. Aktuell sei die Hundepension dadurch voll, aufgenommen werden können Abgabehunde also nur, wenn ein anderer Hund vermittelt wurde. Diese Hunde würden dann erst einmal auf einer Warteliste landen und unter „Abgabe von privat“ auf die Webseite gestellt. Manchmal werde auf diesem Weg schon ein neues Zuhause gefunden, ohne dass das Tierheim den Hund aufnehmen muss. Die Mitarbeiter können derzeit noch zehn Katzen und zwei Kleintiere aufnehmen. „Pro Tag erhalten wir zwei Anfragen, manchmal aber auch mehr“, erzählt Hendrysiak. Den Menschen fehle es auch immer häufiger an Geduld oder auch an Geld für die Besuche beim Tierarzt. „Daher bekommen wir auch oft kranke und sehr alte Tiere“, erklärt die Mitarbeiterin. „Wenn wir ein Tier aus Kapazitätsgründen nicht aufnehmen können, wird uns oft mit Aussetzen gedroht.“ Das sei sogar schon vorgekommen, als es „nur“ um einen Pensionsplatz ging. „Bei den Abgabegründen stehen Zeitmangel, Allergie und Überforderung ganz oben“, schildert Hendrysiak.
Rasse schreckt ab
Bei zwei Tieren – einem Hund und einer Katze – stehe zurzeit eine Abgabe im Raum. „Es werden meistens zeitnah neue Besitzer für die Tiere gefunden“, bemerkt Lüders. Ein paar von ihnen haben allerdings nicht so ein Glück: Die Hündin Samanta lebt beispielsweise schon drei Jahre im Tierheim. Viele der Hunde seien einfach nur verhaltensauffällig oder unerzogen. Oft sei es auch die Rasse oder die Größe des Hundes, die die Leute von einer Adoption abschrecken. „Wir haben schon unsere Sorgenkinder.“
Mehr Bauchschmerzen bereiten aber gerade die Katzen, so Lüders. Die würden immer wieder als Fundtiere im Tierheim landen. Dass diese Zahl nicht sinke, liege ihrer Meinung nach an der fehlenden Kastrationspflicht in manchen Gebieten. „Gerade aus diesen Gemeinden landen die meisten Fundtiere bei uns. Ich rate daher jedem, seine Freigänger-Katze kastrieren zu lassen“, sagt Lüders eindringlich.