Neues Großprojekt: Pläne für Solarpark bei Upen auf 85 Hektar

Der Ausbau der Photovoltaik per Freiflächenanlagen – wie hier am Großen Sauberg – läuft in der Gemeinde Liebenburg auf vollen Touren. Jetzt gibt es Pläne für einen weiteren Solarpark bei Upen. Foto: Gereke
Wie viele Photovoltaik-Freiflächenanlagen verträgt die Gemeinde Liebenburg? Vor Beantwortung dieser Gretchenfrage steht langsam die Politik. Anlass ist die Vorstellung eines weiteren Solarpark-Großprojekts, das bei Upen Realität werden könnte.
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Liebenburg. Als die Pläne für die ersten Ideen für eine Mega-Anlage bei Neuenkirchen öffentlich wurden, die eine Fläche von rund 54 Hektar für den Solarpark vorsahen, waren sich fast alle einig: Da passen die Dimensionen nicht mehr – dreimal größer als das Dorf selbst hätte der Park sein sollen, die Module sollten bis an die Bebauung heranreichen sollen.
Für Upen haben die Projektentwickler der Firma Energiekontor aus Bremen nun eine Potenzialfläche für eine Photovoltaik-Freiflächenanlage ausgemacht, die noch größer ist: 85 Hektar. Die Unterschiede: Die Fläche ist nicht zusammenhängend, sondern gliedert sich in drei Areale – zwei liegen östlich von Upen an der Innerste, eine westlich oberhalb vom Dorf am Waldrand südlich des Steinkreuzes, und die grenzen allesamt nicht direkt ans Dorf.
Keine staatlichen Hilfen
An das Bremer Unternehmen hatten sich Grundbesitzer der Gemarkung Upen mit der Frage gewandt, ob auf deren Flächen die Solarenergieerzeugung möglich wäre. Daraufhin begannen die Untersuchungen, die zu der 85 Hektar großen Potenzialfläche führten. „Mit Grundbesitzern, denen 35 Hektar der Gesamtfläche gehören, sind wir bereits über eine Pacht einig“, berichtete Leyla Olberding, Projektverantwortliche bei Energiekontor, im Bau-, Umwelt- und Naturausschuss des Gemeinderats.
Der Solarpark würde über eine Leistung von etwa 110 Megawatt verfügen. Geplant ist der Bau eines Umspannwerks, die Einspeisung ins Stromnetz würde über die bei Upen verlaufende 110-kV-Leitung erfolgen. Möglich ist zudem die Verbindung der Teilflächen über ein Erdkabelsystem. Weil alleine der Bau eines Umspannwerks mit rund 6Millionen Euro zu Buche schlägt, müsse das Projekt über eine gewisse Mindestgröße verfügen, damit es sich rentiere. Offen blieb allerdings, wo genau die untere Grenze liegt. Die Vergütung würde ohne staatliche Förderung erfolgen, sondern über ein PPA, also ein „Power Purchase Agreement“. Das ist ein Stromliefervertrag zwischen einem Anlagenbetreiber und einem Stromabnehmer. „Der Solarpark funktioniert so ohne staatliche Hilfen“, erläuterte Olberding.
Wie bei allen anderen Projekten, so hoben auch hier die Projektentwickler die Vorzüge eines Solarparks heraus: Herausnahme aus der intensiven Landwirtschaft, was gleich bedeutend mit einer Erholung für den Boden wäre. Solarparks könnten demnach als eine Art Biodiversitätsinseln die Artenvielfalt fördern, so Olberding. Sichtschutz wäre durch die natürliche Vegetation, die Topografie und Heckenpflanzungen in Abstimmung mit Flächeneigentümern und der Naturschutzbehörde gegeben.
2028 Inbetriebnahme?
Und es ging auch wieder darum, wie die Gemeinde finanziell von diesem Park finanzieren könnte: Bei Freiflächenanlagen dürfen betroffenen Kommunen Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge angeboten werden. Die Gewerbesteuer steht zu 90Prozent der Standortkommune zu – allerdings kam auch hier der Hinweis, dass es einige Jahre dauern würde, bis sie fließe. Und schließlich würden die Eigentümer der Solarpark-Flächen jährlich 100Euro pro Hektar an gemeinwohlorientierte Organisationen im Gemeindegebiet spenden wollen, so Olberding.
Als Zeitfenster für das Projekt nannte sie, dass in der zweiten Jahreshälfte die Bauleitplanung starten könnte, wenn bis dahin der Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss gefasst habe. Ein voraussichtlicher Abschluss der Bauleitplanung könnte Ende 2025 sein, sodass von Ende 2026 bis 2028 Errichtung, Netzanschluss und Inbetriebnahme des Parks erfolgen könnten.
CDU-Ausschussmitglied Thomas Guder zeigte sich „erschrocken“ angesichts der neusten Pläne und verwies auf die Photovoltaikanlagen, die auf der anderen Seite der Innerste nördlich der Othfresener Bahnhofsiedlung entstehen sollen und die ebenfalls zusammen eine Fläche von rund 40 Hektar belegen würden. „Müssen wir die Flächenziele des Landes, die für Photovoltaik-Freiflächenanlagen vorgesehen sind, alleine in Liebenburg erfüllen?“, fragte er rhetorisch. Es seien immer nur die Akteure auf dem Land, die bei Photovoltaik und Windkraft gefordert seien. „Und ich empfinde es auch nicht als schön, dass sich alles in der Nähe von Wohnbebauung abspielt.“
„Wo ist Schmerzgrenze?“
„Wo ist denn ihre Schmergrenze“, fragte Guder nach der Mindestgröße eines Solarparks bei Upen. „Alles kann, nichts muss – 85 Hektar sind natürlich sehr stattlich“, antwortete Hans Schmidt, wie Olberding von Energiekontor. Der verwies darauf, dass erneuerbare Energien auch eine Chance für den ländlichen Raum seien. „Wir haben schon bei den ursprünglich 55 Hektar bei Neuenkirchen gezuckt, allerdings lag die Fläche näher am Dorf“, merkte Holger Kopka (SPD) an.
Nach dieser Präsentation ging es mit einer gemeinsamen Sitzung von Ortsrat Neuenkirchen und BUNA weiter – diesmal ging es um das Solarpark-Großprojekt im Osten der Gemeinde. Einstimmig votierte der Ortsrat für eine Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines vorhaben bezogenen Bebauungsplans zu den modifizierten Plänen. Nach Gesprächen mit den Neuenkirchenern schrumpfte die Planfläche auf rund 40 Hektar zusammen und wanderte weiter vom Dorf weg.
„Habe Bauchschmerzen“
„Ich halte auch die 40 Hektar für zu groß“, meldete sich wieder Guder zu Wort, als der Tagesordnungspunkt im BUNA an der Reihe war. „Was, wenn der Nächste kommt und auf der gegenüberliegenden Seite etwas in Sachen erneuerbare Energien machen will? Was machen wir dann?“, fragte er. Bei Vorstellung der Solarparkpläne für Neuenkirchen hatte Ortsbürgermeister Hans-Hermann Bosse bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Zustimmung zum Sonnenkraftwerk kein Ausschlusskriterium für Windkraft sei, sondern dass der Bau von Windrädern ebenfalls aufs Dorf zukommen könnte.
Guder wollte zudem wissen, wie denn künftig die Flächen, auf denen PV-Anlagen stehen, bei der Grundsteuer betrachtet werden. Eine klare Antwort darauf gab es nicht, vielmehr könnte es von Finanzamt zu Finanzamt ganz unterschiedliche Sichtweisen dazu geben, so Olberding. Sie erklärte, dass darauf gewartet werde, dass Berlin dazu eine Vorgabe mache.
Auch Bernd Quadt, der Neuenkirchener Alt-Ortsbürgermeister sitzt für die CDU im Ausschuss, meldete sich nun zu Wort: „Ich trage eure Entscheidung mit“, sagte er in Richtung Ortsrat, „aber ich habe große Bauchschmerzen dabei“, fügte er an. „Ich muss dabei schon richtig durchpusten“, moderierte er sein Handzeichen bei der Abstimmung an. Schlussendlich votierte im BUNA lediglich Guder gegen die Flächennutzungsplanänderung und die Bebauungsplanaufstellung.