Historiker Ulrich Herbert hilft Goslar bei Auswahl der Stelen-Texte

Nazi-Aufmarschort Kaiserpfalz: Die Aufnahme zeigt Adolf Hitler bei der Begrüßung der Goslarer Jäger am 30. September 1934. Ganz links ist der junge Jäger-Kommandeur zu sehen. Sein Name: Erwin Rommel. Repro: Schenk aus „Goslar Damals 1830-1939“
Nach zwei gescheiterten Anläufen scheint sich die Goslarer Politik jetzt auf Texte für die Stelen zum Digital-Projekt „Goslar im Nationalsozialismus“ geeinigt zu haben. Geholfen hat mit Professor Dr. Ulrich Herbert ein prominenter Historiker.
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Goslar. Weißer Rauch steigt auf: Die neue Arbeitsgruppe Erinnerungskultur hat nach Auskunft von Stadt-Sprecherin Elke Dreßler am Mittwoch auf ihrer ersten Sitzung Einigkeit für jene Texte erreicht, die auf Stelen in der Altstadt und am Rammelsberg auf eine digitale Plattform „Goslar im Nationalsozialismus“ hinweisen sollen. Das Projekt läuft unter der Regie der Spurensuche Harzregion und des Rammelsberger Welterbes.
An dem Thema hatte sich bereits zweimal der Kulturausschuss versucht. Am 20.Dezember sollte eigentlich der Rat entscheiden, bevor der nicht öffentliche Verwaltungsausschuss das Projekt eine Woche vorher noch einmal in die Warteschleife verbannte – im Sinn einer großen Lösung, in der sich möglichst alle wiederfinden könnten, erklärte seinerzeit Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner (SPD).
Ehrenbürger Sigmar Gabriel in der Vermittler-Rolle
Auf Initiative von Historikerin Corinna Meiß hatte demnach Ehrenbürger Sigmar Gabriel angeboten, seine Beziehungen spielen zu lassen, und einen überregionalen Historiker auf die Texte schauen zu lassen. Das hat jetzt funktioniert – und wie: Mit dem Freiburger Professor Dr.Ulrich Herbert, seit seiner Emeritierung im Jahr 2019 Leiter der Forschungsgruppe Zeitgeschichte, wurde nicht irgendwer aus der Zunft der Geschichtswissenschaftler, sondern ein Gelehrter aus der allerersten Reihe für Goslar tätig. Er übersandte seine Einschätzungen mit Datum vom 19.Januar zurück in Richtung Nordharz.
Im Begleitschreiben, das der GZ vorliegt, schränkte Herbert jedoch schon einleitend ein, dass ihm „in einigen Fällen die notwendigen lokalhistorischen Kenntnisse“ fehlten. Insgesamt schienen ihm die Texte der Stelen „überwiegend zutreffend“, hätten aber einen zu starken Schwerpunkt auf den Vorkriegsjahren, während die Kriegsjahre unterrepräsentiert seien und sich im Wesentlichen auf die Zwangsarbeiter konzentrierten. Diese Aussagen bedürften einer Überarbeitung, weil sie zu undifferenziert und pauschal seien.
Ein Steckenpferd des Experten
Mit den Fremdarbeitern berührten gerade die Rammelsberg-Stelen aber auch ein Steckenpferd des gebürtigen Düsseldorfers, der schon 1985 zu diesem Thema promoviert hatte. Sein Buch diente bald als zur Grundlage der Diskussion über die Geschichte der Zwangsarbeiter in der Nazi-Zeit und den versagten Entschädigungszahlungen.
Für Goslar hatte das zur Folge, dass Herbert vergleichsweise viel zu den von der Politik im Vorfeld weniger kritisch gesehenen Stelen am Rammelsberg und am Petersberg schrieb und sogar das Weglassen einer Stele empfahl.
Für die Stelen in der Altstadt wiederum, für die gerade die Kulturverwaltung vorab mehr Sensibilität eingefordert hatte, ergibt sich das Phänomen, dass sich der federführende Historiker Dr. Peter Schyga mit einer Empfehlung konzentriert sah, bei der Beschreibung der Reichspogromnacht am 9.November 1938 eine präzisere Beschreibung zu verwenden, und auf ein Zitat aus dem Internet verwiesen wurde, das von ihm selbst stammte.
Der Rat entscheidet am 28. Februar
Wie auch immer: Einigung ist laut Dreßler hergestellt. Die Vertreter der Projektpartner monierten lediglich, erst einen Tag vor der Sitzung eingeladen worden zu sein. Die Ergebnisse des Treffens – ohne Verzicht auf eine Stele – geht jetzt weiter in den Beratungsgang. Am 21. Februar schaut wieder der Verwaltungsausschuss drauf, bevor der Rat am 28. Februar das letzte Wort hat.

Professor Dr. Ulrich Herbert Foto: Thomas Kunz