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Trubel am Wohnmobilstellplatz

Harzburg erlebt eine Invasion liebestoller Kröten

In Eimern werden die Kröten gesammelt und zum Teich getragen. Foto: Schlegel

In Eimern werden die Kröten gesammelt und zum Teich getragen. Foto: Schlegel

Seit vier Wochen sammeln Helferteams des Naturschutzbundes am Wohnmobilstellplatz eimerweise liebestolle Kröten ein, die sich auf ihre Wanderung zum Teich in Lebensgefahr begeben. Die schiere Masse der Tiere überrascht die Naturschützer allerdings.

Von Holger Schlegel Donnerstag, 21.03.2024, 19:30 Uhr

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Bad Harzburg. Dass der Tümpel am Wohnmobilstellplatz bei Kröten und Molchen sehr beliebt ist, war schon länger bekannt, weswegen dort vor vier Wochen diverse Schutzmaßnahmen für die jetzt anstehende Krötenwanderzeit installiert worden waren (die GZ berichtete). Täglich kommen Helfer vorbei, um die Tiere in den Tümpel zu tragen –und auch die ersten wieder zurückzubringen. Niemand hatte allerdings geahnt, dass es dort dermaßen viel zu tun geben würde. Bilanz nach (nur) vier Wochen: 3900 Tiere wurden zum Teich gebracht, gut 450 schon wieder zurück in den Wald.

Annett Jerke, Kreisvorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) hat solch einen Aufmarsch an Kröten auch noch nicht erlebt. Ein Vergleich: Auch auf der L515 im Bereich Innerste sind Krötenhelfer zugange. In den vergangenen vier Wochen sammelten sie dort rund 3000 Tiere – auf einer Strecke von rund 1,5 Kilometern. Am Wohnmobilstellplatz waren es bisher fast 4000, aber das auf einem nur sehr kurzen Abschnitt von 70 Metern.

 

Man muss genau hinschauen, um die Kröten im Gras zu entdecken, aber die Nabu-Helfer haben mittlerweile ein Auge dafür. Außerdem helfen Stirnlampen.  Foto: Schlegel

Man muss genau hinschauen, um die Kröten im Gras zu entdecken, aber die Nabu-Helfer haben mittlerweile ein Auge dafür. Außerdem helfen Stirnlampen.  Foto: Schlegel

  Wie kommt das? Fragen kann man die Kröten natürlich nicht, aber Annett Jerke vermutet, dass der Bereich für die Tiere durch eine gewisse Abgeschiedenheit recht attraktiv ist. Keine viel befahrene Straße stört beziehungsweise gefährdet sie auf ihren Wanderungen und es ist alles in allem auch vergleichsweise ruhig.

 

Die Tiere werden aufgesammelt und eimerweise in den Tümpel gekippt.  Foto: Schlegel

Die Tiere werden aufgesammelt und eimerweise in den Tümpel gekippt.  Foto: Schlegel

  Trotzdem muss den liebestollen Tieren geholfen werden. Denn in den vergangenen Jahren sind viele platt gefahren worden – auch, wenn dort auf der Straße entlang des ehemaligen Krodobades letztlich nur Autos der Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe (KTW) in Richtung Blockheizkraftwerk sowie Hotelgäste auf einen Privatparkplatz fahren. Nicht zu vergessen die Wohnmobile, aber auch da halten sich die Fahrten in Grenzen.

Hinläufer und Rückläufer

Die KTW erarbeiteten zusammen mit dem Bau einige Schutzmaßnahmen. Ein Krötenfangzaun wurde am Waldrand errichtet, ein weiterer soll nun rund um den Teich gebaut werden. Und es kommen regelmäßig morgens und abends ehrenamtliche Helfer und sammeln die Kröten auf, die entweder hinterm Zaun warten, in Richtung Teich zu gelangen oder aber –und das sind viel mehr – schon irgendwo auf der Straße oder nahe des Teichs umherhüpfen. „Hinläufer“ seien das, so Jerke.

 

Christiane Fischer sammelt die Tiere am Schutzzaun auf.  Foto: Schlegel

Christiane Fischer sammelt die Tiere am Schutzzaun auf.  Foto: Schlegel

  Die Tiere paaren sich, die Weibchen hinterlassen im Tümpel ihren Laich. Und das in solchen Massen, wie Jerke es auch noch nicht gesehen hat. Nach dem Liebesakt wollen die Tiere natürlich wieder in den Wald, und so nimmt langsam die Zahl der Rückläufer immer mehr zu. Aktuell haben die Nabu-Leute rund 400 gezählt, Tendenz steigend. Über kurz oder lang wird es dann auch eine Invasion von Jungtieren geben, die im Teich geschlüpft sind.

 

„Da ist noch einer“: Annett Jerke und Mats Bruns suchen im dunklen Gras nach Hinläufern und Rückläufern.  Foto: Schlegel

„Da ist noch einer“: Annett Jerke und Mats Bruns suchen im dunklen Gras nach Hinläufern und Rückläufern.  Foto: Schlegel

  Für sie beziehungsweise für die Rückläufer werde demnächst noch ein Zaun rund um den Teich gezogen, so Jerke. Das dürfte die Arbeit der Sammeltrupps erleichtern. Bis dahin müssen die Nabu-Helfer die Tiere im Licht von Taschenlampen von der Wiese pflücken. Denn gewandert wird bei Dunkelheit. Aktuell hat Jerke sechs Helferinnen und Helfer, die zweimal am Tag zum Krötensammeln an den Wohnmobilplatz kommen. Unter ihnen seit Kurzem auch der erst zehnjährige Mats Bruns. Der kleine Mann ist ein großer Tierfreund und würde am liebsten jeden Tag zum Sammeln kommen.

 

Der Teich ist voller Laich. Bald schlüpfen daraus neue Tiere – viele neue Tiere.  Foto: Schlegel

Der Teich ist voller Laich. Bald schlüpfen daraus neue Tiere – viele neue Tiere.  Foto: Schlegel

  Annett Jerke hätte gern mehr solche emsigen Mitstreiter. Aber ganz leicht sei es nicht, Menschen für die Krötenrettung zu begeistern. Den Tieren fehlt der entsprechende Niedlichkeitsfaktor. Bei Wind und Wetter morgens und abends in der Dunkelheit nach ihnen zu suchen ist auch nicht jedermanns Sache. Wer dennoch mitmachen möchte, kann sich unter der E-Mail-Adresseinfo@nabu-goslar.de melden.

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