Faktencheck der Verwaltung zum Goslarer Bürgerentscheid

Ja oder Nein – die Wahlplakate machen es deutlich: Beim ersten Bürgerentscheid in der Goslarer Stadtgeschichte gibt es am kommenden Sonntag nur diese beiden Möglichkeiten, sein Kreuz bei der Wahl zu setzen. Foto: Heine
Einen Faktencheck zum Pfalzquartier hat die Stadtverwaltung herausgegeben. Er beschäftigt sich demnach mit Fragen und Behauptungen, die rund um den Bürgerentscheid zur Stadthalle am 7. April häufig auf den Tisch gekommen seien.
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Goslar. Was die Verwaltung „im Sinne der der Stadt obliegenden sachlichen Aufklärungspflicht“ für sinnvoll hält, hat die GZ in den wesentlichen Punkten zusammengefasst.
Nein, die Stadt ist überzeugt davon, dass Goslar sich die Halle leisten kann. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Schuldenstand seit 2014 um etwas mehr als 19,8 Millionen Euro reduziert – trotz der Großprojekte Rathaus und Kulturmarktplatz. Seit 2016 wurden Kreditermächtigungen in Höhe von insgesamt knapp 23,5 Millionen Euro nicht in Anspruch genommen. Der geschätzte Anteil an den Baukosten beläuft sich aktuell auf rund8,5 Millionen Euro. Geplant ist, den Betrag über einen Kredit zu finanzieren, was eine jährliche Belastung von rund 410.000 Euro nach sich zöge. Dies sind 0,3 Prozent des städtischen Haushaltsvolumens. Die Betriebskosten wurden bereits 2022 mit einem Schätzbetrag zwischen 470.000 und 515.000 Euro angegeben.
Es gibt diverse alternative Veranstaltungsräumlichkeiten, aber nur wenige entsprechen heutigen Ansprüchen an eine modern ausgestattete und multifunktionale Einrichtung mit variabler Größengestaltung und zu erschwinglichen Preisen. Der Bedarf ist vorhanden in vielen Bereichen – für Kultur, Vereine, Schulen und Wirtschaft sowie für Tagungen und Kongresse. Während viele Ortsteile Mehrzweckhallen oder Dorfgemeinschaftshäuser haben, fehlt etwas Vergleichbares in der Kernstadt.
Im Entwicklungsprozess wurde dieser Punkt intensiv diskutiert. Eine der Prämissen war, dass es sich um keine Konzerthalle für Großveranstaltungen handeln soll, sondern um eine Einrichtung, die in erster Linie Goslarer Bedürfnissen entgegenkommt. Größenordnungen für 500, 750 und 1200 Sitzplätze – jeweils mit Orchestergraben und Bühnenturm und ohne diese Einrichtungen – wurden verglichen, samt Kostenschätzung und Raumprogramm. Expertenempfehlungen gingen etwa vom Theater für Niedersachsen ein. Der Rat beschloss, die Variante mit 500 Sitzplätzen weiterzuverfolgen. Aktuell liegen die Pläne bei 600 Sitzplätzen oder 800 Stehplätzen.
Das Geld für den Bau der Halle wäre kreditfinanziert. Die Mittel wären zusätzlich zu Investitionen in die städtische Infrastruktur bereitzustellen und dürften nicht für andere Maßnahmen verwendet werden. Die in den kommenden Jahren geplanten Invests sind abgesichert und durch eine Prioritätenliste festgelegt.
Nein. Für die Planung der technischen und sonstigen Ausstattung wurden neben dem ehemaligen Leiter des Gebäudemanagements des Staatstheaters Braunschweig elf renommierte Planungsbüros für unterschiedliche Teilbereiche hinzugezogen. Allein für die technische Ausstattung weist die aktuelle Kostenschätzung ein Volumen von rund 5,1 Millionen Euro aus.
Der Stadt ist kein weiterer interessierter Investor bekannt. Das Areal befindet sich seit nahezu 25 Jahren im Goslarer Eigentum. Ein Neustart würde bedeuten, den Entwicklungsprozess wieder von vorne zu beginnen. Es erscheint derzeit unrealistisch, erneut einen Investor zu finden, der der Stadt 10,5 Millionen Euro schenken und neben wirtschaftlichen Interessen auch die der Stadtgesellschaft berücksichtigen würde.
Die Gebäude mit Hotel, Tiefgarage und Halle sind als zusammenhängender Gebäudekomplex geplant, auch wenn sie unabhängig voneinander betrieben werden könnten. Der Entwurf des Architektenbüros Nieto Sobejano Arquitectos sieht ein Ensemble der Gebäudeelemente und der Innenhöfe vor, die das Thema des historischen Kreuzgangs auf dem angrenzenden Areal der ehemaligen Stiftskirche aufgreift. Eine Realisierung ohne Halle würde dieses dem Planungsentwurf zugrunde liegende Konzept hinfällig machen.
Die Halle soll Formate unterschiedlichster Art ermöglichen, die von der gesamten Breite der Stadtgesellschaft entweder angeboten oder in Anspruch genommen werden. Eine Nutzungs- und Entgeltordnung kann erst vorgelegt werden, wenn die Halle tatsächlich gebaut wird und alle relevanten Bezugsgrößen bekannt sind. Anfang März 2022 hat die Verwaltung in einer Vorlage für den Rat ausgeführt, dass eine gemeinnützige Betreibergesellschaft gegründet werden soll, in der die Stadt die Mehrheit halten wird. Die Entscheidung, ob ein Partner und, wenn ja, welcher in die Gesellschaft geholt wird, kann erst festgelegt werden, wenn die Entscheidung über den Bau der Halle gefällt wurde. Im Parkraumprozess ging es bisher auch nicht allein um die Frage: „Wo parken die Besucher der Stadthalle?“. Sondern es wurde der Gesamtbedarf an Parkraum für alle relevanten Gruppen (Anwohner, Pendler, Touristen, Stadthallennutzer, Hotelgäste, Bustouristen) im Innenstadtgebiet beleuchtet und nach einer Kompromisslösung gesucht.
Es sind Räume vorgesehen, die multifunktional dem Bedarf angepasst und sowohl von Halle als auch vom Hotel genutzt werden können. Zugeordnet sind sie der Halle. Sie können als vergrößerte Garderobe, als Catering-Station, für ein Orchester oder als zusätzlicher Tagungsraum genutzt werden.
Wenn das Hotel Räume braucht, kann es diese anmieten – wie auch die Halle selbst. Bei größeren Tagungen ist es aber genauso denkbar, dass die Halle zusätzlich auf kleinere Hotelräume zugreift. Dieser Synergieeffekt ist von Anfang an Bestandteil der Überlegungen zu der räumlichen Gestaltung des Gebäudes gewesen.
Die beiden Traditionshotels, die leider seit Längerem nicht mehr in Betrieb sind, befinden sich in privatem Eigentum. Die Stadt steht in engem Austausch mit dem Berliner Eigentümer, damit dieser die Häuser wieder betreiben kann. Es gib jedoch gesetzliche Grenzen im Kommunalrecht für die wirtschaftliche Betätigung einer Stadtverwaltung. Die in der Stadtgesellschaft diskutierte Idee, die Stadt solle die Häuser erwerben und die Wiederinbetriebnahme vorantreiben, würde zunächst grundsätzlich einen Verkaufswillen des derzeitigen Eigentümers voraussetzen. Dieser ist aber nach Kenntnis der Stadtverwaltung nicht gegeben. Und die Stadt dürfte sich in so einem Fall auch nicht wie ein Privater wirtschaftlich betätigen.