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Haushalt in Niedersachsen

2,9 Milliarden Euro Nachtrag: Paket soll Krise mildern

Gerald Heere (Grüne), Finanzminister, am 8. November bei der Vereidigung im niedersächsischen Landtag. Foto: Sina Schuldt/dpa

Gerald Heere (Grüne), Finanzminister, am 8. November bei der Vereidigung im niedersächsischen Landtag. Foto: Sina Schuldt/dpa

Niedersachsens neuer Finanzminister Heere (Grüne) hat den Nachstragshaushalt für 2022 und 2023 vorgestellt. Das Milliardenpaket umfasst auch einen Rettungsschirm in der Energiekrise. Hilfe bekommen sollen u.a. Kitas, Vereine und auch Unternehmen.

Mittwoch, 16.11.2022, 19:00 Uhr

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Es war der erste große Auftritt des neuen Grünen Finanzministers Gerald Heere: Nur eine Woche nach der Vereidigung im Landtag hat Niedersachsens rot-grüne Landesregierung den Entwurf eines Nachtragshaushalts 2022/2023 auf den Weg gebracht.

Das Tempo hob am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Heere und der Grünen Vize-Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg der alte und neue Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hervor. Mit dem „Nachtrag“ sollen nicht etwa Schwerpunkte aus dem Koalitionsvertrag mit Hochdruck umgesetzt werden. Im Mittelpunkt steht die Energiekrise. Hamburg betonte: „Uns war hier wichtig, erst einmal einen Rettungsschirm zu spannen.“ Die Grundlage hatte Weil schon im Landtagswahlkampf gelegt.

Dass der Nachtragshaushalt mehr umfassen würde als die 970 Millionen Euro des angekündigten Weil’schen „Sofortprogramms“, war abzusehen: Das Finanzministerium muss beim Aufstellen eines Nachtrags ohnehin Aktualisierungen vornehmen.

Die rot-grüne Koalition tat allerdings noch deutlich mehr. 707 Millionen Euro gibt es für „Energetische Transformation“, 302 Millionen fließen in die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen insbesondere aus der Ukraine.

Im Umfang von fast 400 Millionen Euro werden außerdem Ausgabeansätze im Haushalt erhöht, etwa für Energiemehrkosten beim Land und für Tarifsteigerungen. Im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs gehen aufgrund höherer Steuereinnahmen als erwartet 529 Millionen Euro als Anteil an die Kommunen. 2,9 Milliarden Euro kommen durch die Änderungen zusammen. Das Sofortprogramm umfasst unter anderem einen Härtefallfonds in Höhe von 55 Millionen Euro. Zahlungen daraus sollen Strom- oder Gassperren bei Bürgerinnen und Bürgern verhindern, die besonders hart von den Preissteigerungen betroffen sind.

Unterstützt werden sollen auch Kitas und Schulen, insbesondere auch zur Preisstabilität bei Kita- und Schulverpflegung, wie Kultusministerin Hamburg hervorhob. Auch die Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen, für die Veranstaltungsbranche und den Kulturbereich hatte Weil für den Fall seiner Wiederwahl bereits angekündigt. Studierendenwerke und Sportvereine, Beratungsstrukturen und soziale Einrichtungen sollen ebenfalls profitieren. 160 Millionen Euro sind zur Mitfinanzierung des bundesweiten 49-Euro-Tickets vorgesehen.

Transformation

Die 707 Millionen Euro sind für das LNG-Terminal in Stade, die Mitfinanzierung von Wasserstoff-Projekten wie des Salzgitteraner „Salcos“-Stahlprojekts sowie für Zuführungen an den Wirtschaftsförderfonds sowie das Sondervermögen Infrastruktur vorgesehen. Sondervermögen schafft das Land, um bestimmte Bereiche daraus gezielt zu finanzieren. „Um der Energiekrise zu begegnen und unabhängig vom russischen Gas zu werden, sind umfangreiche Investitionen in die Energie-Infrastruktur notwendig“, sagte Hamburg. Mit den 302 Millionen Euro sollen Bauarbeiten zur Unterbringung von Geflüchteten in Landesgebäuden finanziert werden, zudem Leistungen für Geflüchtete einschließlich weiterer Vorauszahlungen an die Kommunen. Auch die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen soll ausreichend Mittel haben.

„Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat auch in unserem Land zu massiven Veränderungen geführt. Die Folgewirkungen für unsere Bevölkerung und Unternehmen sind schwerwiegend“, so Weil. Umso wichtiger sei es, dass man dort helfe, wo es notwendig sei. Wie Weil, Heere und Hamburg betonten, soll das Geld möglichst einfach bei den Menschen und Einrichtungen ankommen. Sportvereine etwa könnten das über den Landessportbund abwickeln. Für die Schulen soll das Geld nach Schülerzahlen pauschal ausgeschüttet werden. In Kommunen wie etwa in Hannover gebe es bereits Härtefall-Fonds, sagte Weil weiter. Komplizierter scheint die Lage bei den Wirtschaftshilfen. Hier gebe es noch Beratungen mit dem Bund, sagte Heere. Weil ließ erhebliche Verärgerung über den Bund erkennen. Man könne die Bundesmittel grundsätzlich gut als Verstärkung nutzen. Offenbar wolle die „Berliner Administration“ aber ein umfassendes Regelwerk erstellen, das zudem von den Ländern verwaltet und auch kofinanziert werden solle. Dies wäre in keiner Weise diskutabel, sagte Weil. Es müsse sich um praktikable und schnelle Maßnahmen handeln.

Warnung

Zum Nachtragshaushalt insgesamt heißt es: „Die Gegenfinanzierung erfolgt im Wesentlichen über Steuermehreinnahmen entsprechend der letzten Herbst-Steuerschätzung.“ Rot-Grüne Kernanliegen wie etwa eine Landeswohnungsgesellschaft sollen offenbar später in einem weiteren Nachtragshaushalt finanziell abgesichert werden. Heere wies am Dienstag unter anderem auf steigende Zinsausgaben hin. Die hohe Inflationsrate werde zu höheren Lasten führen, warnte er weiter.

Der Landkreistag begrüßte die Hilfe für Schulen und Kitas. „Das ist schnelle, unkomplizierte Hilfe, die ankommt“, lobte Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer. Aus der Opposition klang es verhaltener. „Sollte die Landesregierung das Geld des geplanten Nachtragshaushaltes gezielt dazu nutzen, um Menschen und Unternehmen in Zeiten der Krise zu entlasten und Hilfen bereitzustellen, werden wir das konstruktiv begleiten. Wenn aber geplant wird, Geld im Haushalt zur Umsetzung von Vorhaben des Koalitionsvertrages zu bunkern, stehen wir dafür nicht zur Verfügung“, so CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner. Die Regierung will die Mittel je nach Bedarf umschichten. Das letzte Wort hat, wohl am 30. November, der Landtag.

Von Michael Ahlers, Funke Mediengruppe

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