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Goslars kleines Wirtschaftswunder

Kraftzentrum Baßgeige: Erweiterung geplant

Enorme Wirtschaftskraft: In der Baßgeige in Goslar haben sich seit Eröffnung des Gewerbegebietes 1963 rund 300 Betriebe angesiedelt, die etwa 6000 Menschen beschäftigen.

Enorme Wirtschaftskraft: In der Baßgeige in Goslar haben sich seit Eröffnung des Gewerbegebietes 1963 rund 300 Betriebe angesiedelt, die etwa 6000 Menschen beschäftigen. Foto: Neuendorf

Goslar zeigt, wie Wachstum ohne Großinvestoren gelingt: Das Gewerbegebiet Baßgeige ist ein kleines Wirtschaftswunder. 300 Betriebe mit 5000 Angestellten sind bereits in der Baßgeige angesiedelt – das macht sie zum womöglich größten Arbeitgeber.

Von Oliver Stade Sonntag, 06.10.2024, 10:00 Uhr

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Goslar. Nicht jede Kommune hat das Glück, dass ein Weltkonzern wie Daimler Truck 500 bis 600 Millionen Euro investiert und seine Logistikzentrale in ein Gewerbegebiet am Stadtrand verlegt. Halberstadt profitiert schon jetzt von dieser wegweisenden Investition: Noch bevor Daimler Truck 2025 eröffnet, haben sich Unternehmen Bauplätze gesichert, um von der Großinvestition zu profitieren.

Städte, die keine solche Riesenansiedlung erleben, müssen aus eigener Kraft Wachstum entwickeln. Dabei lohnt ein Blick auf das Goslarer Gewerbegebiet in der Baßgeige. Es ist ein kleines Wirtschaftswunder, das zeigt, wie eine Stadt aus sich heraus wächst. Das Gewerbegebiet wurde 1963 eröffnet. Der erste Betrieb, der sich ansiedelte, war die Auto-Union in der Bornhardtstraße, dort verkauft heute Toyota seine Fahrzeuge. Nach der Auto-Union folgte auf der gegenüberliegenden Straße das Mercedes-Autohaus Rosier.

Umzug im August 2024: 20 Millionen Euro hat die Firma Fest in ihren Standort in der Baßgeige investiert. Das Unternehmen war zuvor in Oker und Harlingerode ansässig.

Umzug im August 2024: 20 Millionen Euro hat die Firma Fest in ihren Standort in der Baßgeige investiert. Das Unternehmen war zuvor in Oker und Harlingerode ansässig. Foto: Roß

Rund 300 Betriebe haben sich mittlerweile in der Baßgeige angesiedelt, sie beschäftigen etwa 6000 Menschen. Die Baßgeige dürfte der größte Arbeitgeber im Landkreis Goslar sein. Bereits 2013 war von 300 Betrieben und 5000 Beschäftigten die Rede. Dass die Anzahl der Firmen seither gleich geblieben, aber die Anzahl der Beschäftigten gestiegen ist, zeigt offenbar, dass hin und wieder Betriebe verschwinden, aber sich auch neue Firmen ansiedeln und bestehende wachsen.

Längst ist die Baßgeige kein reines Gewerbegebiet mehr. Neben Autohäusern gibt es Produktionsbetriebe, Handelsunternehmen, Technikfirmen und Restaurants, in denen Beschäftigte aus dem Gewerbegebiet ihre Mittagspause verbringen. Dazu kommen Einkaufs-, Bau und Elektronikmärkte, Discounter, Fast-Food-Ketten, ein Bowling-Center, ein Kino mit mehreren Sälen und eine Disco. In der Baßgeige wird produziert, geforscht, Handel getrieben, für Haushalt, Garten und Freizeit eingekauft und gefeiert. Unter den Betrieben befinden sich einige Hidden Champions, Marktführer, die in der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden. Dazu zählt das Unternehmen Stöbich, das sich als „Pionier und Weltmarktführer im baulichen Brandschutz“ bezeichnet. Die Firma wurde 1981 gegründet, expandierte in der Baßgeige und ist mittlerweile mit seinem Firmensitz an zwei Straßenseiten präsent.
Fest-Geschäftsführer Matthias Authenrieth (4.v.l.) führt Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (4.v.r.) nach dem Umzug durch die neue Produktionshalle.

Fest-Geschäftsführer Matthias Authenrieth (4.v.l.) führt Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (4.v.r.) nach dem Umzug durch die neue Produktionshalle. Foto: Roß

Aus der Stadt heraus

Die ersten Unternehmen, die sich in den 1960er-Jahren in der Baßgeige ansiedelten, waren keine Neugründungen. Sie verlagerten ihren Sitz aus der Stadt, weil sie mehr Platz benötigten.

Seine dynamischste Entwicklung vollzog das Gewerbegebiet von 1980 bis Anfang der 1990er-Jahre, berichtet die Stadtverwaltung. In dieser Zeit hätten besonders wirtschaftsstarke Unternehmen gebaut. Stöbich etwa, außerdem der Automobilzulieferer und Spritzguss-Experte KKF Fels sowie die Dr. Freist Automotive (DFA), ebenfalls ein Zulieferer für die Automobilindustrie. In dieser dynamischen Ansiedlungsphase bauten auch das Dämmstoff-Unternehmen Sundolitt und die Spittler-Lichttechnik, die heute Performance in Lightning heißt.

Die letzte Investition umfasst 20 Millionen Euro. Sie zeigt, wie sich das Gewerbe- und Industriegebiet weiter entwickelt und wie sich Unternehmen am Marktgeschehen orientieren. Das Unternehmen Fest siedelte von Oker und aus Harlingerode in die Baßgeige um, bis zum August vollzog sich der Umzug. Die Verantwortlichen erwarben eine 50.000 Quadratmeter große Fläche. Auf dem Grundstück entstanden eine 6000 Quadratmeter große Produktionshalle und ein 2500 Quadratmeter umfassendes Verwaltungsgebäude.

Der Elektrotechnik-Betrieb ist seit 2020 auch auf einem Gebiet tätig, das für die Energiewende zentral ist: Fest entwickelt und baut Elektrolyseure zur Produktion von Wasserstoff, der bei der Energieversorgung fossile Energieträger ersetzen soll.

Erweiterung geplant

Mit der Fest-Ansiedlung schließt sich ein Kreis. Das Unternehmen hat die letzte freie Industriefläche in der Baßgeige bebaut. Die Stadtverwaltung in Goslar bemüht sich aber um weitere Grundstücke, damit weitere Ansiedlungen ermöglicht werden können.

Zumindest eine Eröffnung wird noch Ende dieses Jahres gefeiert. Bald soll die neue Straßenmeisterei eröffnet werden. Die Arbeiten für das 16-Millionen-Euro-Projekt hatten bereits im Oktober 2022 begonnen, Richtfest wurde Ende 2023 gefeiert.

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