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Start-up-Potenzial

Wie Hochschulen und Gründungszentren den Harz verändern

Eine Drohne fliegt in einem abgestorbenen Wald.

Sie kommt in friedlicher Mission: Das Berliner Start-up „Skyseed“, das in Goslar ein Büro eröffnet, setzt Drohnen und Forstraupen ein, um die Wiederbewaldung des Harzes voranzutreiben. Foto: Skyseed

Experten sehen im Harz großes Potenzial für innovative Ausgründungen aus den Hochschulen – davon berichtet „Wirtschaft im Harz“. Welche Firmen wachsen?

Von Oliver Stade Samstag, 15.11.2025, 14:00 Uhr

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Harz. Der Harz ist nicht nur eine Tourismusregion und ein Gebiet mit industriellen Schwerpunkten etwa in Langelsheim, Oker sowie Ilsenburg. Die Region hat mit ihren Universitäten in Clausthal, Wernigerode und Nordhausen vor allem großes Potenzial für Start-ups.

Das 2022 eröffnete Gründungszentrum in Clausthal-Zellerfeld ist nur ein Beispiel für die vielen Anstrengungen im Landkreis Goslar, aber auch im Harzkreis und im Landkreis Nordhausen wird viel getan, um Ausgründungen aus den Hochschulen zu unterstützen. Wie groß das Potenzial für innovative Gründungen ist, zeigt die jüngste Ausgabe des GZ-Magazins „Wirtschaft im Harz“, das zweimal pro Jahr erscheint.

Neue Entwicklungsphase

Die aktuelle Ausgabe des Hefts, das an Leser und an Organisationen in der Region und darüber hinaus verschickt wird und unter anderem in der GZ sowie in Büchereien und Behörden ausliegt, beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Start-ups und sogenannten Hidden Champions – Unternehmen, die auf ihrem Gebiet führend sind, aber in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden.

Dass der Harz Potenzial für Ausgründungen hat, stellte schon das Beratungsunternehmen Prognos fest, in dem es in ihrem Zukunftsatlas auf die Entwicklungschancen für die Region durch die Universitäten hinwies. So schreibt Christoph Siegfried, Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft N-Bank Capital, in der aktuellen Ausgabe von „Wirtschaft im Harz“, die Region stehe „an der Schwelle zu einer neuen Entwicklungsphase“. Neben Industrie und Handwerk würden „technologiegetriebene Gründungen, nachhaltige Produktionsprozesse und regionale Kooperationen an Bedeutung“ gewinnen.

Siegfried meint, „durch das Zusammenspiel von TU Clausthal, dem Future-Green-Tech-Incubator auf dem Energiecampus in Goslar, den Förderprogrammen der N-Bank und dem Beteiligungskapital der N-Bank Capital entsteht ein wachsendes Innovationsökosystem“.

Dr. Bastian Kindermann, Professor für Unternehmensgründung und -nachfolge an der TU Braunschweig, sagt in „Wirtschaft im Harz“, er verspüre bei Start-ups „eine enorme Dynamik und Goldgräberstimmung“. Start-ups bezeichnet er als „Motoren“, weil sie Technologien zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen befördern und für einen Ausgleich schrumpfender Branchen sorgen und Beschäftigung sichern.

Gut gebucht

Immerhin, das Gründungszentrum in Clausthal ist mit Ausnahme einer Halle komplett belegt. 14 Unternehmen haben sich in dem Gebäude eingemietet, vom Softwareentwickler über einen Photovoltaik-Betrieb. Das auf Titan-Veredelungen spezialisierte Unternehmen „MAC Frischkorn“ zog mittlerweile aus, wegen seines großen Wachstums benötigte die Firma mehr Platz.

Auch die N-Bank engagiert sich im Harz, deren Beteiligungsgesellschaft unterstützt mit einer Million Euro das Berliner Unternehmen „Skyseed“, das auf dem Energiecampus in Goslar ein Büro eröffnet und ohnehin bereits im Harz aktiv ist. Das Unternehmen setzt Drohnen und Forstraupen ein, um bei der Wiederaufforstung zu helfen. „Skyseed“ ist außerdem Teilnehmer von Veranstaltungen der Future-Forest-Initiative, die im Großen Schloss Blankenburg residiert. Die Initiative wurde 2022 mit dem Ziel gegründet, Akteure zusammenzubringen und mit der Gründer- und Startup-Szene ein „Innovationsökosystem“ zu entwickeln, das helfen soll, dass die geschädigten Waldökosysteme schneller regenerieren.

Die Wirtschaftsförderung für die Region Goslar (Wirego) unterstützt Gründer auf vielfältige Weise, nicht nur durch Beratungsangebote, auch mit Geld, das als Wagniskapital bereitgestellt wird. „Etwa ein dutzendmal“ hat sich die Wirego bisher an Unternehmen beteiligt, aktuell sind es drei, berichtet Wirego-Geschäftsführer Dr. Jörg Aßmann im Interview. Er würde sich noch mehr Beteiligungen wünschen, berichtet er.

Extravagante Schuhe

Die TU Clausthal, die in Niedersachsens Start-up-Monitor 2025 auf Platz vier der „Top-5-Hochschulen“ liegt, wirbt noch immer gerne mit Ausgründungen wie „Sympatec“ und „Sincotec“, die seit 1984 und 1991 am Markt sind. Dabei gibt es mittlerweile viel Dynamik in der Gründerszene, allerdings erreichen die meisten Neugründungen nicht die Größe der beiden Oldies oder sie ziehen weg, wie „MAC Frischkorn“ und wie Cornelius Schmitt, der an der TU studierte und in einem Keller im Oberharz mit 3-D-Druckern extravagante Sneaker herstellte. Seine 2016 gegründete „Zellerfeld Shoe Company“ beliefert prominente Kunden aus der Musikszene, verließ aber mittlerweile den Harz in Richtung Hamburg und San Francisco.

Daneben gibt es etliche weitere Gründer: Der 27-jährige Peter Tribelhorn, der 2017 sein Abitur am Christian-von-Dohm-Gymnasium in Goslar bestanden hat, ist im Silicon Valley mit seinem Start-up „Hera“ dabei, einem Motion-Designer, der mit künstlicher Intelligenz Grafikdesign mit Animation und Filmtechniken kombiniert; die Goslarer Zahnärztin Kim Kubiack hat eine KI auf den Markt gebracht, die Brücken- und Kronenmodelle voll automatisiert herstellt; ein indisch-kolumbianisches Paar aus Clausthal-Zellerfeld, der Mann hat an der TU studiert, eröffnete in Goslar ein Keramik-Café und plant derweil einen weiteren Standort.

Wurzeln bis ins Jahr 1636

Daneben stellt „Wirtschaft im Harz“ herkömmliche Industriebetriebe aus der Region vor, die erfolgreich sind, Böhm Feinmechanik aus Rhüden etwa, ein Unternehmen, das vermehrt für die Rüstungsindustrie arbeiten will. Oder das Unternehmen Simon Möbel in Quedlinburg, das Kreuzfahrtschiffe ausstattet, dazu „Ramme Electric Machines“ in Osterwieck, ein Hidden Champion, der mit Elektromotoren erfolgreich ist, und das innovative Unternehmen „Novo-Tech-Circular, das die Rotoren von Windrädern recycelt und daraus wetterfeste Bodenbeläge herstellt. Dann ist da noch die „Conditorei Wiecker“ aus Wernigerode, ein Unternehmen mit Wurzeln bis ins Jahr 1636. Das alles zeigt, die Harzer Wirtschaft ist breit aufgestellt und dynamisch.

Wirtschaft im Harz kann online heruntergeladen werden: www.wirtschaft-im-harz.de.

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