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Landrat stellt sich den Einwohnern

Immenröder Protest gegen die erste Landkreis-Fahrradstraße

Der Saal der „Deutschen Eiche“ ist voll: Landrat Dr. Alexander Saipa (SPD) und sein Bauchef Stefan Behrens (2.u.3.v.r.) erwarten die Immenröder Fragen.

Der Saal der „Deutschen Eiche“ ist voll: Landrat Dr. Alexander Saipa (SPD) und sein Bauchef Stefan Behrens (2.u.3.v.r.) erwarten die Immenröder Fragen. Foto: Heine

Der Kreistag hat schon im Dezember beschlossen. Und eigentlich ist alles in Sack und Tüten. Aber die Immenröder wollen die Umwidmung der K24 zur Fahrradstraße nicht. Sie fühlen sich schlecht informiert. Landrat Saipa bekam jetzt die Kritik ab.

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Von Frank Heine
Samstag, 14.09.2024, 18:00 Uhr

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Goslar. Der Protest kommt spät, aber gewaltig: Der Saal der Gaststätte „Deutsche Eiche“ war mit rund 100 Besuchern vollbesetzt, als die designierte Ortsvorsteherin Julia Lorenz (SPD) und FDP-Ratsherr Stephan Kahl am Mittwoch zu ungewöhnlicher Uhrzeit um 16.30 Uhr zu einer Info-Veranstaltung eingeladen hatten. Die bevorstehende Umwidmung der Kreisstraße 24 nach Wöltingerode als Fahrradstraße erregt den Zorn der Immenröder.

Ist dort noch etwas zu machen? Und wenn ja: Was lässt sich noch drehen? Der Kreistag hatte den entsprechenden Beschluss bereits im Dezember 2023 mit großer Mehrheit gefasst, der Bauausschuss ihn im November vorher sogar einstimmig empfohlen – die GZ berichtete seinerzeit. Jetzt stellten sich Landrat Dr. Alexander Saipa (SPD) und sein Bau-Fachbereichsleiter Stefan Behrens wie angekündigt eine Stunde lang den Fragen und den Vorwürfen – terminlich war nicht mehr drin. Auch die Politik zeigte Flagge. Die Antworten schmeckten den Immenrödern trotzdem nicht.

Teilstück von 1,2 Kilometern

Wo ist das Problem? Es geht um das nur 1,2 Kilometer lange Teilstück der K24, das vom Ortsausgang bis zur Einmündung in die L510 zwischen Weddingen und dem Kloster Wöltingerode führt – es wäre die erste Fahrradstraße im Landkreis. Für eine Sanierung waren von der Kreisverwaltung bis zu 4,3 Millionen Euro aufgerufen. Eine Zählung habe nur 500 Autos pro Tag ergeben. Die Umwidmung kostet dagegen nur 400.000 Euro. Die Fahrbahn würde saniert, Schutzplanken installiert und bebaute Flächen entsiegelt. Autofahrer müssten für die Fahrt nach Wöltingerode und Vienenburg über Weddingen oder die B241 einen Umweg von nur ein bis zwei Minuten in Kauf nehmen.

Immenröder Organisatoren-Duo: FDP-Ratsherr Stephan Kahl und die designierte Ortsvorsteherin Julia Lorenz moderieren die Runde.

Immenröder Organisatoren-Duo: FDP-Ratsherr Stephan Kahl und die designierte Ortsvorsteherin Julia Lorenz moderieren die Runde. Foto: Heine

So weit die planerische Theorie. Die Immenröder Praxis sah anders aus. Fahrradfahrer würden viel lieber einen anderen Weg nutzen. Und kurze Umwege seien schnell empfohlen, wenn man sie nicht selbst fahren müsse. Wenn die Oker-Brücke wieder frei sei, laufe der Verkehr sowieso noch ganz anders. Und was ist überhaupt mit Anliegern und Landwirten? Zumindest für diese beiden Gruppen gaben Saipa und Behrens Entwarnung. Deren Nutzungsrechte seien geregelt und auch Voraussetzung gewesen. Es spielte echte Überraschung mit, weil sich die Politik doch so einig gewesen sei. Vielleicht müsse sich die Verwaltung auch an die eigene Nase fassen und besser kommunizieren, räumte der Landrat ein. Aber das Verfahren war tatsächlich in allen Stufen mit öffentlicher Beteiligung sauber gelaufen. Ob sich die Immenröder mehr Info-Fluss von ihrem Noch-Ortsvorsteher Eckhard Wagner (SPD) gewünscht hätten, der bis Ende August auch Chef der stärksten Kreistagsfraktion gewesen war? Sein Name wurde nicht ausgesprochen, Kritik schwang aber häufig mit, auch wenn Genossen redeten.

Pragmatisches Planen

Gibt es eine (andere) Lösung? Das Landkreis-Duo machte wenig Hoffnung. Landwirt Andreas Bartels von der Feldmarkinteressentschaft ging pragmatisch vor und bat um Einbeziehung, wenn es an die Detailplanung geht. Dies wurde ausdrücklich zugesagt. Das Treffen ging weiter, als Landrat und Bauchef schon lange weg waren. Mathias Schlawitz (Grüne), Annett Eine (SPD) und Norbert Schecke (CDU) nahmen Stellung, äußerten Verständnis, warben aber auch um solches. Sie begründeten ihre Entscheidung, das letztlich auf bis zu sechs Millionen Euro hochgerechnete Vorhaben in Relation zu anderen Vorhaben setzen zu müssen. Nur der Goslarer Ratsherr Sebastian Wirth (Die Partei) löckte gegen den Stachel und mochte die Immenröder Aufregung nicht akzeptieren: Was sei das für eine Diskussion für ein oder zwei Minuten Umweg?

Saipa hatte vor seinem Aufbruch noch gewarnt, dass die Zeit der schönen Haushalte vorbei sei und künftig viele solche harten Entscheidungen zu treffen seien. Schecke brachte am Ende noch einen Prüfantrag ins Spiel, ob es die Chance gebe, die Straße an der der Wedde abgewandten Seite schmaler zu erhalten und vier Haltebuchten für Gegenverkehr einzuplanen. Ob es hilft? Eine schnelle(re) Information wäre den Immenrödern recht.

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