Zwangsarbeiter-Schicksale und ein Blickfang an der Abzucht

Leben und Arbeiten unter Zwang: Für die neue Ausstellung im Bergwerksmuseum hat der Rammelsberg-Tischler nach Angaben aus Quellen die Bettgestelle der Zwangsarbeiter nachgebaut. Fotos: Sowa, Hohaus (2), Privat
Zum Tag des offenen Denkmals setzen insbesondere der Rammelsberg und die alte Drahtweberei zwei Goslarer Ausrufezeichen. Aber auch andere kulturelle und geschichtliche Einrichtungen machen positiv auf sich aufmerksam.
Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!
Goslar/Wöltingerode. Fix und alle war Innenarchitektin Lena de Grandis am Sonntagabend: Mehr als 500 Wissbegierige waren zum Tag des offenen Denkmals an die Abzucht gekommen und hatten sich in stündlichen Führungen Historie und Zukunft der alten Drahtweberei erzählen lassen – mit vielen (Fach-)Fragen etwa zur Architektur.

Leuchtender Anziehungspunkt beim Tag des offenen Denkmals: Bis in den frühen Abend hinein dauern die Führungen durch die alte Drahtweberei.
„Das war mega“, zeigte sich die 31-jährige Wolfshägerin begeistert vom Interesse der Menschen. Die Besucher hätten vielfach ihren Dank bekundet, einmal hinter die Kulissen des ab 1901 gebauten Hinterhauses mitten in der Altstadt schauen zu dürfen – mit dem klar formulierten Wunsch, dies auch am Ende von Sanierung und Ausbau tun zu dürfen. Das Gebäude auf dem Hinterhof eines Glockengießerstraßen-Grundstücks hatte erstmals zum Tag des offenen Denkmals seine Türen aufgesperrt. Dort sollen wie berichtet drei Wohnungen entstehen.
Nicht alltägliche Präsentation am Rammelsberg
Ein alter Hase als Gastgeber ist dagegen der Rammelsberg. Dass die Welterbe-Hüter trotzdem nie in Routine verfallen, dafür sorgen allein schon die neuen Ausstellungen. Am Sonntag startete im Beisein von gut 60 Gästen ein Herzensprojekt des designierten neuen Rammelsberg-Chefs Dr. Johannes Großewinkelmann. „Leben und Arbeiten unter Zwang: Zwangsarbeiter am Erzbergwerk Rammelsberg 1939 – 1945“ lautet der Titel einer nicht alltäglichen Präsentation, in der Studenten der Hannoveraner Leibniz-Universität selbst Schwerpunkte setzen durften und die wohl noch über den Jahreswechsel hinaus zu sehen sein wird.

Malte Sandweg (li.) und Meister vom Stuhl Bernd Dreikluft laden in die Loge ein.
Unter der Ägide von Großewinkelmann und Historiker Professor Dr. Karl Schneider aus Hannover gaben die Nachwuchswissenschaftler etwa den Themen Sexualität und Verliebtsein unter den Zwangsarbeitern, aber auch zu Deutschen besonderen Raum. Täter-Biografien werden dort ebenso vorgestellt wie die Lebensbedingungen beleuchtet, die im beengten Lager herrschten. So stellte der Rammelsberg-Tischler nach Angaben aus den Quellen Bettgestellte aus Holz her, die den aus der Heimat verschleppten Menschen nach der anstrengenden Arbeit zum Schlafen dienten.
Weitere Gäste sind willkommen
Zahlreiche Besucher begrüßte auch die Freimaurerloge Hercynia zum flammenden Stern in ihrem Haus an der Kornstraße. Mit dem Baujahr 1501 gehört es zu den ältesten erhaltenen Ackerbürgerhäusern in Goslar. 1624 erwarb Oberbergverwalter Otto Brendecken das Gebäude. Er ließ es um 1630 im Stil herzoglicher Bauten in Braunschweig umgestalten. 1808 wurde die Loge in Goslar gegründet und mietete sich ein. Seit 1834 gehört das Haus der Loge. Zum weiteren Kennenlernen sind Gäste stets willkommen. Die Anmeldung erfolgt über die Internet-Seite www.freimaurer-goslar.de.

Blicke auf Wöltingeröder Architektur: Dr. Jörg Richter und Katja Hennig (v. re.) aus der Bauabteilung der Klosterkammer stehen Gästen aus Wiesmoor erklärend zur Seite.
Auf dem Klostergut Wöltingerode gaben am Sonntag Katja Henning und Dr. Jörg Richter aus der Bauabteilung der Klosterkammer Auskunft zu Geschichte und vielfältiger Nutzung der Anlage. Das Kloster wurde 1174 gegründet und war über viele Jahrhunderte von Zisterzienserinnen besiedelt. Nach einem Brand 1676 wurden umfangreiche Neubauten im Barockstil vorgenommen, die die Klosteranlage bis heute prägen. Seit 1818 gehört sie zum Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds.
Die Goslarsche Zeitung gibt es auch als App: Einfach downloaden und überall aktuell informiert sein.