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Orgeleinweihung

Westerode: Kirche wird zum besonderen Kino

Das Publikum verfolgt die Stummfilme auf großen Leinwänden. Fotos: Schlegel

Das Publikum verfolgt die Stummfilme auf großen Leinwänden. Fotos: Schlegel

Für 120.000 Euro ist die Westeröder Kirchenorgel restauriert worden. Das feierte die Gemeinde am Wochenende auf besondere Art und Weise: Sie machte aus der Kirche ein Kino und zeigte Stummfilme, die von Musik aus der Orgel begleitet wurden.

Von Holger Schlegel Dienstag, 20.02.2024, 05:58 Uhr

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Westerode. „Eine besondere Orgel verdient eine besondere Einweihung“ – dieses Motto füllte die Westeröder Kirchengemeinde am Wochenende mit Leben. Jetzt, wo die Engelhard-Orgel in der St.-Nicolai-Kirche nach Jahrzehnten der Planung und der Arbeit restauriert und nicht nur akustisch funkelnd oben im Kirchenschiff thront, wurde sie mit zwei Stummfilm-Konzerten (wieder-)eingeweiht.

Was heute noch besonders klingt, war früher Alltag in den Kinos der Welt: Stummfilme wurden mit Musik begleitet, nicht selten mit Orgelmusik. Diese Kunst erlebt aktuell eine Renaissance und der Organist Johannes Lienhart aus der Schweiz ist einer derjenigen, die sich dieser speziellen Art des Musizierens verschrieben haben.

Er spielt aber zu den Filmen nicht einfach eine vorgegebene Musik, sondern improvisiert. Weshalb es jedes Konzert so noch nie gab und auch nie wieder geben wird. Natürlich müsse man die Filme kennen, erklärte Lienhart gegenüber der GZ. Denn auch die Improvisation soll zu jeder Szene passen. Um das zu gewährleisten, hat der Organist neben sich einen kleinen Monitor, über den er den Film ebenfalls sehen kann.

Für die Kirchenkino-Besucher war in Westerode natürlich eine echte Leinwand aufgebaut, ein ungewohntes Bild im Altarraum. Genau wie die Popcornmaschine am Eingang. Aber es sollte halt etwas Besonderes sein, wie Kirchenvorstandsmitglied Britta Wichert zur Eröffnung unterstrich. Und für dieses Besondere dankte sie speziell Kilian Peters, der die Ideen zu den Stummfilmkonzerten hatte und auch die umfangreiche Logistik auf die Beine stellte.

Orgelrestaurierung begann 2006

 

Johannes Lienhart sitzt oben auf der Orgelempore, neben sich den Monitor, auf dem der Film läuft.

Johannes Lienhart sitzt oben auf der Orgelempore, neben sich den Monitor, auf dem der Film läuft.

  Wichert erinnerte noch einmal an die lange Geschichte der Orgelrestaurierung. Sie begann 2006 mit ersten Ideen und ging 2008 weiter mit den ersten Spenden. 2019, als genügend Geld zusammengekommen war, wurde die Orgel ausgebaut und zum Restaurator gebracht. Das Projekt bog in die entscheidende Phase ein – aber legte durch Corona sogleich eine Vollbremsung hin.

Erst im Herbst 2023 konnte das Instrument wieder eingebaut und nach einer weiteren Restaurierung der Orgelempore nun eingeweiht werden. 120.000 Euro hatte das alles gekostet. 50 Prozent gab die Landeskirche, den Rest sammelte die Gemeinde über Spenden. Und darauf ist sie stolz. Das sei eine der größten Investitionen in der Geschichte der Nicolai-Kirche, so Britta Wichert.

Deshalb sollte die Wiederinbetriebnahme auch nicht einfach „nur so“ über die Bühne gehen. Zwei Abende lang entführte Johannes Lienhart mit seinem Orgelspiel die Besucher in die gute alte Stummfilmzeit. Zunächst am Freitag mit dem biblischen Monumentalfilm „Samson und Delila“ (1922) und am Samstag mit einem Familienfilm von 1926: Buster Keatons „Der General“. Das waren außergewöhnliche Stunden, mit außergewöhnlicher Musik. Eben etwas ganz Besonderes. Wie man es aus der Westeröder Kirchengemeinde kennt.

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