Spielothek überfallen: Haftstrafe für 16-Jährigen aus Goslar

Ein 16-Jähriger aus Goslar muss ein Jahr und neun Monate in Haft, weil er mit zwei Komplizen eine Spielothek überfallen hat und die Angestellte mit einer Soft-Air-Waffe bedrohte. Nach dem Urteilsspruch musste der Jugendliche in die Untersuchungshaft zurück, weil auf ihn noch ein weiteres Verfahren wartet. Symbolfoto: Inderlied/dpa
Zusammen mit einem Gleichaltrigen aus Clausthal-Zellerfeld und einem 22-Jährigen hatte ein 16-jähriger Goslarer eine Spielhalle überfallen – nicht das einzige Vergehen des Jugendlichen. Jetzt verurteilte ihn das Jugendschöffengericht zu einer Haftstrafe.
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Goslar. Respektlos, frech, ignoriert geltende Regeln, Kopf einer Jugendbande – so wurde ein 16-Jähriger aus Goslar beschrieben, den das Jugendschöffengericht nun zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährungschance verurteilte.
Zusammen mit einem Gleichaltrigen aus Clausthal-Zellerfeld und einem 22-Jährigen hatte er eine Spielothek überfallen, wobei eine echt aussehende Waffe zum Einsatz kam. Dem bereits mehrfach in Erscheinung getretenen 16-Jährigen wurden weitere Verstöße gegen das Waffenrecht sowie mehrfache Angriffe und Widerstand gegen Polizeibeamte vorgeworfen. Sein Kompagnon aus Clausthal Zellerfeld, der bei dem Überfall auf eine Spielothek die Soft-Air-Pistole führte, bekam einen Dauerarrest von drei Wochen, den er in den Sommerferien anzutreten hat. Zudem muss er in den Ferien seine Arbeitskraft in ein Projekt einbringen, wobei der Erlös seiner Arbeit an die schwer traumatisierte Angestellte der Spielhalle geht.
Der 22-Jährige wurde für den Überfall sowie mehrere Diebstähle von Motorrollern ebenfalls zu einer Strafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Da er mittlerweile eine Festanstellung vorweisen konnte, wurde seine Strafe noch einmal zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings muss er 1000 Euro an die Geschädigte zahlen.
Motiv: Geldnot
Alle drei Angeklagte gestanden die räuberische Erpressung ein. Sie gaben an, sich aus Geldnot zu dem Überfall entschlossen zu haben. Der 16-Jährige hatte zuvor die täuschend echt aussehende Soft-Air-Pistole organisiert, die während des Überfalles von dem jungen Clausthaler geführt wurde.
Der 22-Jährige betrat die Spielhalle zuerst und kontrollierte, dass die Angestellte allein war. Erst danach stürmten die beiden maskierten Jugendlichen hinein und bedrohten die 58-jährige Frau, indem sie ihr die Pistole ins Gesicht hielten. Die erklärte, dass kein Geld da sei, somit flohen die Täter ohne Beute. Das Ganze, eindrucksvoll über ein Video zu beobachten, dauerte nur Sekunden. Doch diese Sekunden hatten ausgereicht, um das Leben der 58-jährigen Angestellten, die ihren Job wegen der psychischen Probleme aufgeben musste, völlig aus den Fugen geraten zu lassen.
Mitleidloses Vorgehen
Als unentschuldbar bezeichnete die Vorsitzende Cabrita Deutschmann das mittleidlose Vorgehen. „Ihr habt Leid über diese Frau gebracht, die Frau ist gebrochen!“ Die herbe Ansage und auch der Zusammenbruch der 58-Jährigen während ihrer Zeugenaussage zeigten durchaus Wirkung. Die Zeugin betrat bereits sichtlich angeschlagen den Gerichtssaal und brach schon kurz darauf in Tränen aus. Immer wenn sie einen jungen Mann mit einem Kapuzenshirt sehe, gerate sie in Panik, erzählte sie. Die Jungen versuchten sich zu entschuldigen, doch konnte die traumatisierte Frau deren Worte nicht ertragen und musste aus dem Saal gebracht werden.
Die massiven Anklagevorwürfe waren nur schwer mit dem zierlichen 16-Jährigen in Einklang zu bringen, der mit seinem Wuschelpony eher kindlich wirkte. Dessen ungeachtet hatte er offenbar großen Einfluss auf seine Freunde. Selbst auf den 22-Jährigen, der auf sein Geheiß hin einen Motorroller klaute und Reifen zerstach. Auch trat er sehr selbstbewusst auf, etwa wenn er einige der Anklagen bestritt.
Polizeibeamte beschimpfte der 16-Jährige regelmäßig, mochte sich nicht ausweisen und schon gar nicht durchsuchen lassen. Bei einer Gelegenheit drehte er laut einem Polizisten so auf, dass es drei Beamte brauchte, um den wehrhaften Jungen am Boden zu halten.
Strafe unumgänglich
Es war die Jugendhilfe in Gerichtssachen, die eine Jugendstrafe für unumgänglich hielt – etwas, was man von dieser Seite eher selten hört. Hartmut Weber berichtete von einer höchst problematischen Jugend und einem 16-Jährigen, der nicht nur alle Hilfsangebote abgelehnt hatte, er habe sich auch „an das Begehen von Straftaten gewöhnt“.
Der Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe sieht nunmehr in einer Sozialtherapie während der Haft eine mögliche letzte Hilfe für den uneinsichtigen Jugendlichen. Da auf den renitenten 16-Jährigen noch ein weiteres Verfahren wartet, kehrte er nach der Verhandlung in die U-Haft zurück.