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Nach „Welt“-Bericht

Post will Briefe und Pakete weiter überall zustellen

Ein Banner mit der Aufschrift „Wir streiken“ der Gewerkschaft Ver.di hängt vor einem Gebäude des Paketdienstleisters DHL. Die Gewerkschaft Verdi hat Beschäftigte in allen Brief- und Paketzentren aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Foto: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

Ein Banner mit der Aufschrift „Wir streiken“ der Gewerkschaft Ver.di hängt vor einem Gebäude des Paketdienstleisters DHL. Die Gewerkschaft Verdi hat Beschäftigte in allen Brief- und Paketzentren aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Foto: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

Die „Welt“ hatte berichtet, dass die Deutsche Post über einen Ausstieg aus dem sogenannten Universaldienst nachdenke. Nun versichert das Unternehmen, dass es „diesen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung weiterhin leisten“ wolle. Bleibt das auch so?

Dienstag, 24.01.2023, 14:00 Uhr

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Die Deutsche Post will nach eigenem Bekunden Briefe und Pakete weiter flächendeckend in Deutschland zustellen. Man plane keinen Rückzug aus dem sogenannten Universaldienst und wolle „diesen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung weiterhin leisten“, teilte der Konzern am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Das Unternehmen bezog sich dabei auf einen Artikel der „Welt“, demzufolge es in der Firma Planspiele zum Ausstieg aus dem Universaldienst gibt. Die Zeitung berief sich auf Informationen aus dem Betriebsrat.

Ausstieg aus Universaldienst unwahrscheinlich – aber möglich

Als Universaldienstleister muss die Post im Gegensatz zu Wettbewerbern überall in Deutschland Sendungen zustellen. Als Gegenleistung für diese Flächenpräsenz zahlt sie keine Umsatzsteuer auf Einnahmen aus dem Brief- und Paketversand.

Unter Branchenkennern gilt ein Ausstieg der Post aus dem Universaldienst als unwahrscheinlich. Möglich ist er allerdings. Dann würde ein anderes Unternehmen gesucht, das die flächendeckende Zustellung übernimmt. Käme es so weit, würden sich die Kosten für Verbraucher aller Voraussicht nach erhöhen. Hinzu kommt, dass so eine Alternativfirma nicht in Sicht ist. Die Post ist mit großem Abstand Marktführer im Brief- und Paketgeschäft.

Post will klimaneutralen Brief- und Paketdiest fortsetzen

Das Bundeswirtschaftsministerium will in den kommenden Wochen Eckpunkte für eine Reform des Postgesetzes vorlegen. Ende des Jahres könnte ein erster Gesetzentwurf folgen. Für die Post ist die Reform sehr wichtig. Sie hofft auf Regeln, die Kostensenkungen ermöglichen. Als Reaktion auf den „Welt“-Bericht schrieb das Unternehmen, dass man „den Umbau zu einem klimaneutralen Brief- und Paketdienst fortsetzen“ wolle. Hierfür benötige man zukunftsfähige „Rahmenbedingungen, die derzeit im Kontext der Novellierung des Postgesetzes diskutiert werden“.

Walther Otremba vom Bundesverband Briefdienste, in dem Postkonkurrenten wie die Pin AG aus Berlin und Post Modern aus Dresden Mitglieder sind, wertete die Ausstiegsplanspiele als Versuch des Bonner Konzerns, die Reformdebatte zu beeinflussen. Auch der aktuelle Tarifstreit, in dem die Gewerkschaft Verdi eine Entgelterhöhung um 15 Prozent fordert und Warnstreiks organisiert hat, spielt aus seiner Sicht eine Rolle. Mit den Planspielen werde ein Abbau von Arbeitsplätzen angedroht. Es sei ein „Bluff, um die Gewerkschaft einzuschüchtern und um die Politik von weiteren Liberalisierungen des Postmarktes abzuhalten“.

200.000 Arbeitsplätze wären in Gefahr

Die „Welt“ hatte berichtet, dass das Unternehmen über einen Ausstieg aus der sogenannten Postuniversaldienstleistung nachdenke. Das hätte zur Folge, dass die Deutsche Post die flächendeckende Zustellung von Briefen und Paketen einstellen würde. Dann wären etwa 200.000 Arbeitsplätze in Gefahr, wie es von den Arbeitnehmervertretern heißt.

Die Post kann die Pflicht zur Austragung jederzeit und sogar nur für einzelne Regionen kündigen. Sollte der Konzern den Schritt wirklich wagen, müsste der Bund die Zustellung neu ausschreiben.

Ein möglicher Ausstieg der Post aus der Postuniversaldienstleistung hätte weitreichende Folgen: So könnten viele kleine Unternehmen auf dem Land die Briefträger stellen. Die würden dann aber nur noch an vier bis fünf statt an sechs Tagen kommen. Die Deutsche Post hingegen könnte sich weiter um die Zustellung in Städten und Ballungsräumen kümmern. Außerdem dürfte es deutlich teuer werden, Briefe zu verschicken. 

Post will mehr Freiheit vom Staat

Als Hintergrund der Überlegung der Deutschen Post gilt die Forderung, mehr Freiheit vom Staat zu bekommen. „Damit die Post den eingeschlagenen Weg der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit beibehalten kann, muss die künftige Regulierung es aber möglich machen, dass das Unternehmen die dafür erforderlichen Investitionen auch verdienen kann“, hatte ein Konzern-Sprecher der „Welt“ gesagt.

Ein Gedanke dürfte auch sein, dass das Geschäft seit Jahren schrumpft. Jedes Jahr verschicken die Deutschen zwei bis fünf Prozent weniger Briefe. Gleichzeitig steigen die Kosten für Miete, Energie und Löhne. Das angedeutete Brief-Aus ist daher auch als Drohung an die Gewerkschaft Verdi zu verstehen. Die fordert in den aktuellen Tarifverhandlungen 15 Prozent mehr Lohn für 160.000 Beschäftigte.

sek/dpa

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