Othfresener bleibt auch noch mit 100 Jahren in Bewegung

Geboren im oberschlesischen Rokittnitz feiert Kurt Karl Lwowski am 27. Oktober seinen 100. Geburtstag. Foto: Leifeld
Der Othfresener Kurt Lwowski hat in seinem Leben viel erlebt. Aufgewachsen in Oberschlesien, geriet er in Kriegsgefangenschaft. Seine Tante holte ihn 1965 nach Othfresen, dort wurde er heimisch. Kolpingsfamilie, Skatmeister: Lwowski bleibt aktiv.
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Othfresen. Wenn Kurt Karl Lwowski am 27. Oktober seinen 100. Geburtstag feiert, blickt er mit Zufriedenheit auf die verstrichenen Jahrzehnte. Auch im hohen Alter lebt er selbstbestimmt in seiner Wohnung, ist Mitglied der Kolpingsfamilie und stets bei vielen Veranstaltungen anzutreffen. Kurt Lwowski ist ein fröhlicher Mensch mit viel Freude an Geselligkeit. Zur Erinnerung: Im Januar wurde er mit 99 Jahren als Skatmeister und bester Spieler der „Othfresener Rentnerrunde“ ausgezeichnet.
Lwowski wurde am 27. Oktober 1923 im oberschlesischen Rokittnitz, dem heutigen Rokitnica in Polen, geboren. Das Jahr ist von Hitlerputsch und Weltwirtschaftskrise geprägt. „Ein halbes Pfund Butter kostete damals 29 Millionen Reichsmark und Arbeiter bekamen ihren Lohn täglich ausgezahlt, damit ihre Frauen noch am selben Tag etwas einkaufen konnten“, erinnert er sich. Seine Eltern waren keine reichen Leute, aber es reichte für ihn und seine vier Geschwister.
Lehre statt Landhilfe
Die Kindheit war streng. Eingeschult im Jahre 1930 war es jene Zeit, als im Unterricht noch der Rohrstock regierte. Kurt Lwowski, der nicht in der Hitlerjugend war, hätte sich nach seiner Schulzeit zur sogenannten „Landhilfe“ melden müssen. Jugendliche wurden damals in bäuerliche Betriebe vermittelt, um sie zu verantwortungsbewussten Deutschen zu erziehen, die körperlich gestählt und von dem Willen erfüllt waren, Volk und Vaterland zu dienen.
Seinem Opa war das alles suspekt. Er beschaffte dem Enkel eine Lehrstelle als Schuhmacher, um ihn vor jener „Landespflicht“ zu bewahren. Als Gesellenstück nähte er eine Prinz-Heinrich-Mütze.
Lederstiefel in Kriegsgefangenschaft
„Ich verdanke es dem Beruf des Schuhmachers, dass ich heute noch lebe“, erinnert sich Kurt Lwowski: Der Zweite Weltkrieg brach aus und im Alter von 18 Jahren wurde er in den Kriegsdienst eingezogen. Ohne je einen Schuss abgegeben oder einen feindlichen Soldaten verletzt zu haben, wie er betont, gelangte er in russische Kriegsgefangenschaft. Nahezu alle Gefangenen mussten im Bergwerk unter Tage hart arbeiten, aber als geschickter Schuhmacher kam Lwowski in die Lagerwerkstatt. „Dort habe ich Lederstiefel von Hand genäht und bekam von den Russen viel Lob.“
Herrenjahre waren es dennoch nicht. Mit nur noch 46 Kilogramm Körpergewicht wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und kehrte ins heimische Rokittnitz zurück. Dort lernte er seine Ehefrau Giesela kennen. 1959 wurde dem Paar Töchterchen Bernadette geschenkt. Als die Tochter eine polnische Schule besuchen sollte, entschieden sich die Eheleute, das Land zu verlassen und in die Bundesrepublik überzusiedeln. Eine Tante lebte in Othfresen und lieferte 1965 die erforderlichen Dokumente.
Tenor im Gesangverein
Kurt Lwowski fand bei den Cunard-Werken in Goslar, einer Gürtel- und Hosenträgerfabrik, eine Anstellung, später wechselte er in die Werkstatt beim Bundesgrenzschutz. Dann klappte es auch mit seinem Hobby als Tenor: „Bereits mehrfach hatte mich Heinrich Reimer angesprochen, ob ich in den Gesangverein 1880 Othfresen eintreten möchte, aber ich musste bei Cunard ständig Überstunden machen, dass es zeitlich nie passte.“
1988, mit 65 Jahren, ging Kurt Lwowski in den Ruhestand. Er blieb agil und mobil. Noch mit 93 Jahren pflegte er seine kranke Frau. „Ich sagte ihr immer: Wenn ich das nicht mehr schaffe, gehen wir zusammen ins Pflegeheim.“ Dazu kam es nicht mehr. Fuhr Lwowski viele Jahrzehnte bis ins hohe Alter mit dem Fahrrad durch Othfresen, ist er auf weiteren Wegen inzwischen mit dem E-Rolli unterwegs. „Ich brauche die Geselligkeit und den Kontakt zu Leuten“, erklärt er. Seinen Jubeltag verbringt er mit Freunden und Familie. Neben Tochter und Schwiegersohn hat Kurt Lwowski vier Enkelkinder und drei Urenkel.
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