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Nach 21 Jahren

Oesterhelwegs Abschied von Wolfenbüttels CDU-Kreisspitze

Frank Oesterhelweg

Frank Oesterhelweg

Denkwürdiger, emotionsgeladener Parteitag der Wolfenbütteler Kreis-CDU in Schladen: Nach 21 Jahren an der Spitze gab Frank Osterhelweg das Amt des Vorsitzenden ab, um im Anschluss zum Ehrenvorsitzenden der CDU im Kreis ernannt zu werden. 

Von Andreas Gereke Montag, 13.03.2023, 09:30 Uhr

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Schladen. Den Anfang zu vielen ehrenden und wertschätzenden Worten übernahm ein „Rockstar“, denn als solche gelten die Hauptverwaltungsbeamten in der Politik, moderierte Tagungspräsident Marco Kelb an. Und als solcher mit seinen mehr als 20 Jahren im Amt sei Schladen-Werlas Verwaltungschef Andreas Memmert „der Mick Jagger unter den HVBs“. „Die Frisur passt nicht so ganz, Drogen habe ich nie genommen –und ansonsten halte ich es mehr mit Country- und Westernmusik“, nahm Memmert die Vorlage lachend auf, um sich dann seinem „Freund Frank“ zu widmen.

„Mit Ecken und Kanten“

„Wahr, klar, offen, direkt – für manche manchmal zu direkt – immer anpackend, immer helfend, erfolgs- und zielorientiert, einer, der sich nie weggeduckt hat. Ein Freund, auf den man immer zählen konnte, der Wort gehalten hat“, so charakterisierte Memmert den 61-jährigen Werlaburgdorfer. Ohne ihn gäbe es nicht den Archäologiepark Kaiserpfalz Werla, wäre es schwer gewesen, die ILE-Region und heutige Leader-Region Nördliches Harzvorland zu gründen. Es gäbe nicht die Flussgebietspartnerschaft oder den Tourismusverband – seinem Engagement sei auch die Aufnahme Hornburgs in die Städtebauförderung zu verdanken, zählte Memmert auf. Oesterhelweg bezeichnete er als „Mensch mit Ecken und Kanten“. „Wir werden Dich vermissen, aber wir werden Dich nie vergessen und weiter Deinen Rat suchen.“

Stehende Ovationen: Die Parteimitglieder im Saal erheben sich von ihren Plätzen, um Frank Oesterhelweg zu applaudieren.

Stehende Ovationen: Die Parteimitglieder im Saal erheben sich von ihren Plätzen, um Frank Oesterhelweg zu applaudieren.

Im Anschluss ergriff Oesterhelweg zum letzten Mal als CDU-Kriesvorsitzender für eine Rede das Wort. Dinge, die ihm unter den Nägeln brennen, riss er an: vom bedauernswerten Zustand der Streitkräfte, über die ungeregelte Zuwanderung und in weiten Teilen gescheiterte Integration bis hin zu Energiekrise und Inflation, sprach von einem Kreuzzug der Regierung gegen Industrie und Landwirtschaft und von einer „in weiten Teilen durchgeknallten Gesellschaft“, die, während andere arbeiten, lieber zu Hause bleibt, sich auf die Straße klebt. Entsetzt zeigte er sich darüber, was die Bundesregierung leiste, die Regierungsbildung verglich er mit Schrottwichteln. Aber er beschrieb auch seine Gefühle mit Blick auf die eigene Partei: „Es zerreißt mich geradezu, wenn ich an die Fehler der unionsgeführten Vorgängerregierung denke.“

Die Folgen der Wahlen

Beim Blick auf die lokale Ebene stellte er heraus, was die CDU erreicht habe. In Sachen Asse kritisierte er, dass die Bundesumweltministerin keine Anstalten mache, der Atommülllagerstätte und den Menschen vor Ort einen Besuch abzustatten. Der Zukunftsfonds Asse mit seinen Fördermöglichkeiten hingegen bezeichnete er als „Segen für den Landkreis“. Die CDU sei nicht nur Partei für die Landwirtschaft oder „Law and Order“, sondern stehe auch für kulturelle Vielfalt. „Corona-Hilfen für Vereine – das waren wir, nicht die anderen. Und fragen sie mal den Bürgermeister, was mit Nordzucker in Schladen geworden wäre, wenn wir nicht das Nachtfahrverbot verhindert hätten.“

Der neue CDU-Kreisvorsitzende Holger Bormann (li.) überreicht Frank Oesterhelweg die Ernennungsurkunde zum Ehrenvorsitzenden.

Der neue CDU-Kreisvorsitzende Holger Bormann (li.) überreicht Frank Oesterhelweg die Ernennungsurkunde zum Ehrenvorsitzenden.

Oesterhelweg ging auch auf die Folgen der Landtags- und Bundestagswahlen ein, denn der CDU-Kreisverband stelle nun keinen Abgeordneten mehr. Sparen sei deshalb die Devise, um die Kreisgeschäftsstelle erhalten zu können.

Sein Appell zum Abschluss: „Politik ist kein schmutziges Geschäft – vielleicht sind manche Politiker schmutzig. Politik ist etwas, das sich lohnt. Begeistern sie andere, sich für die Union einzusetzen.“ Dann nahm er kurz seine Brille ab, die Stimme wurde brüchig und er wischte sich eine Träne aus dem Auge: „Danke, dass ich Vorsitzender sein durfte.“ Auf Vorschlag seines zu diesem Zeitpunkt noch designierten Nachfolgers stimmte die Versammlung dafür, Oesterhelweg zum Ehrenvorsitzenden des CDU-Kreisverbands zu ernennen.

Besuch aus Goslar

Bei den sich anschließenden Wahlen kürte der Parteitag den Wolfenbütteler Bormann offiziell zu Oesterhelwegs Nachfolger. Von 104 abgegebenen Stimmen konnte er bei einer ungültigen Stimme, fünf Enthaltungen und acht Nein-Stimmen 90 auf sich vereinigen, was einer Zustimmung von etwas mehr als 90 Prozent entspricht.

Ihm zur Seite stehen vier stellvertretende Vorsitzende: Sarah Grabenhorst-Quidde (Semmenstedt), Marco Kelb (Sickte), der mit 103 von 104 abgegebenen Stimmen das beste Ergebnis des Tages erzielte, Annett Tonndorf (Wolfenbüttel) und Tobias Breske (Cremlingen). Nicht mehr kandidiert hatten Uwe Schäfer und Uwe Lagosky.

Gast in Schladen war auch Goslars CDU-Kreisvorsitzender Ralph Bogisch. Der zeigte sich beeindruckt davon, dass die Wolfenbütteler den Begriff Parteitag wortwörtlich nehmen und fast einen ganzen Tag miteinander verbringen. Mehr als vier Stunden dauerte die Veranstaltung im DGH plus Umtrunk im Anschluss. In Goslar schaue man dagegen schon nach zwei Stunden ungeduldig auf die Uhr.

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