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Erster Lohn aus Insolvenzgeld fließt

Goslarer Firmenpleite: Was ist der Kern von Alape?

Der erste Lohn aus dem Insolvenzgeld ist an die rund 150 Mitarbeiter überwiesen: Drei Monate lang bleiben Zeit, eine tragfähige Lösung für eine gesicherte Alape-Unternehmenszukunft zu finden. Foto: Epping

Der erste Lohn aus dem Insolvenzgeld ist an die rund 150 Mitarbeiter überwiesen: Drei Monate lang bleiben Zeit, eine tragfähige Lösung für eine gesicherte Alape-Unternehmenszukunft zu finden. Foto: Epping

Insolvenzverwalter Silvio Höfer forscht ebenso wie die Arbeitnehmerseite weiter nach den Ursachen für die Alape-Pleite. Eine Lösung kann aus beider Sicht nur ein Investor bringen, der das Unternehmen fortführt. Aber was ist der Kern des Geschäfts?

Von Frank Heine Donnerstag, 13.07.2023, 05:59 Uhr

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Goslar. Eine starke Marke und sehr gute, in Europa teils konkurrenzlose Produkte: Für die betriebliche Zukunft des Hahndorfer Badausstatters Alape ist der vorläufige Insolvenzverwalter Silvio Höfer eigentlich „guter Dinge“. Allerdings komme es seiner Meinung nach jetzt in erster Linie darauf an, für einen strukturierten Investoren-Prozess einen unverwechselbaren Kern des Unternehmens herauszuarbeiten und sich auf ihn zu fokussieren. Ähnliche Töne waren gestern auch von Arbeitnehmerseite zu hören.

Vielleicht die allerwichtigste Nachricht – und eine Frucht von Höfers erster Arbeitswoche – für die rund 150 Mitarbeiter ist aber, dass die Löhne aus dem Insolvenzgeld inzwischen überwiesen sind. Das Gehalt wäre normal am vergangenen Freitag fällig gewesen. Das operative Geschäft laufe nach der Insolvenz-Nachricht sehr gut an. Der Cashflow funktioniere, die Kunden zahlten. Mit der Alape-Mutter Dornbracht in Iserlohn funktioniere die Zusammenarbeit ebenfalls einwandfrei, erklärt Höfer. Von dort komme wertvolle Unterstützung gerade in den Bereichen IT und Administration.

Oft die Strategie geändert

Was das Unterfangen nach den ersten Eindrücken nicht einfach(er) macht: In den vergangen zehn bis 15 Jahren habe Alape oft seine Strategie geändert. Festzumachen ist dies laut Höfer auch in den vergleichsweise häufigen Geschäftsführerwechseln. „Das ist für Unternehmen nie gut“, sagt Höfer, weil neue Ideen einfach auch ihre Zeit brauchten, bis sie ihre Wirkung entfalten könnten.

Inwiefern ist die Mutter Dornbracht in die finanzielle Verantwortung für die Insolvenz der Tochter Alape zu ziehen? Auch Höfer bestätigt, dass es sich um selbstständige Einheiten handele und insofern keine Rechtspflichten existierten. In der Vergangenheit habe der Gesellschafter Dornbracht sich regelmäßig „deutlich“ eingebracht, um Alape lebensfähig zu halten.

Rote Zahlen schon seit 2016

Wie berichtet schreibt das Traditionsunternehmen schon seit 2016 rote Zahlen, die 2017 laut Bundesanzeiger mit einem Verlust von 3,3 Millionen Euro ein Rekordtief erreichten. 2018 waren es immer noch 2,2 Millionen, 2019 schließlich 1,6 Millionen Euro Verlust, ehe es sich 2020 und 2021 im mittleren sechsstelligen Minus-Bereich einpendelte. Irgendwann sei für den Gesellschafter aber der Punkt erreicht – und auch sein gutes Recht, erläutert Höfer, an dem er sich für einen anderen „Rhythmus“ entscheide.

Nach einem ersten Treffen vor Ort mit dem Betriebsrat nahm gestern auch Alape-Betriebsbetreuer Sascha Rossmann von der Industriegewerkschaft Metall aus Arbeitnehmersicht Stellung zur Lage. Wie Höfer sieht er gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Suche nach einem Investor. Eine Zukunftslösung könne aller Voraussicht nur mit einem neuen Eigentümer gelingen.

Eigene Vorschläge zur Beschäftigungssicherung

Allerdings wolle der Betriebsrat auch durchaus eigene Vorschläge zur Beschäftigungssicherung vorlegen, wie es der Paragraph 92a des Betriebsverfassungsgesetzes vorsehe. „Wir wollen nach der Ursache für die Insolvenz forschen und den weiteren Weg und ein neues Konzept auch von dieser Seite flankieren“, sagt Rossmann. Für nächste Woche sind weitere Treffen geplant.

Erst 2021 hatte Alape 125.Firmengeburtstag gefeiert. Der aus Köln stammende Adolf Lamprecht gründete 1896 in Penig zwischen Chemnitz und Leipzig ein Stanz- und Aluminiumwerk. Ein erstes Patent erwarb er für nahtlose Ofenrohre. Dem Sanitärbereich wandte er sich erst 1926 zu. Emaille löste bald Aluminium ab. Waschplätze wurden zum Kerngeschäft.

Das Ausgussbecken als Verkaufsschlager

Sohn Edgar Lamprecht erweiterte das Unternehmen. Alape entwickelte sich zum ersten Spezialisten in der Sanitärbranche. 1930 feierte das Ausgussbecken Premiere und wurde zum Verkaufsschlager. 1953 brachte einen tiefen Einschnitt: Edgar Lamprecht verließ Penig aus politischen Gründen. In einem ehemaligen Gerätelager der Wehrmacht fing er in der Nähe von Goslar mit Spülbecken und -tischen von vorn an. Die alte Fabrik wurde 1972 enteignet und in die VEB-Sanitäremaille umgewandelt. Alape startete am 1.August 1954 mit 35 Personen. Ab 1960 hatte Heinrich Feldhege, der Schwiegersohn Edgar Lamprechts, das Sagen. Er wurde zur prägenden Figur für Unternehmen, Ort und Goslarer Kunstszene.

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