Experten warnen vor weiteren Waldbränden im Harz

Anfang September: Helfer der Feuerwehr im Einsatzgebiet am Brocken. Archivfoto: Neuendorf
Die Waldbrandgefahr bleibt 2023 sowie in den Folgejahren hoch, davor warnen Experten. Die Ursachen dafür seien im Klimawandel und in Fehlern bei der Bewirtschaftung der Wälder zu sehen. Überlegt wird derzeit unter anderem, die Prävention zu stärken.
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Harz. Über Wochen brannte es in der Sächsischen Schweiz in Sachsen, im Süden Brandenburgs und mehrere Mal im Harz: 32 größere Waldbrände listet das Waldbrand-Informationssystem Copernicus der EU für dieses Jahr in Deutschland auf. Das Risiko für Waldbrände schätzen Experten auch für 2023 als groß ein.
Die Zahl der Feuer 2022 bewege auf dem hohen Niveau von 2018, sagte Torsten Riedlinger vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Erfasst werden Feuer, die mindestens 30 Hektar Fläche vernichtet haben. Sie hätten fast 4300 Hektar Wald und Buschland zerstört– so groß wie mehr als3000 Fußballfelder.
Beunruhigende Situation
„Leider hat Deutschland ein hohes Risiko, sich bis 2040 in ein Waldbrandland zu verwandeln“, sagte Somidh Saha vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Hauptgründe seien der Klimawandel und Fehler bei der Bewirtschaftung von Wäldern. Dürre prägte den Sommer 2022, und die Aussichten für die im März nächsten Jahres beginnende Waldbrandsaison sind nach Einschätzung von Experten nicht gut.
„Leider ist die Situation sehr beunruhigend. In weiten Teilen Deutschlands gibt es ausgeprägte Niederschlagsdefizite, wir gehen mit sehr trockenen Böden und vielen geschwächten Bäumen als Hypothek ins nächste Jahr“, sagte der Waldexperte und Professor an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Pierre Ibisch, der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. „Wissenschaftliche Modelle gehen in jedem Fall von einem zukünftigen Anstieg der Feuergefahr aus.“
So hatten auch die Harzwasserwerke vor Weihnachten auf die anhaltende Trockenheit verwiesen und erklärt, sie rechneten mit weiterhin fehlenden Niederschlägen. Mitte Dezember war die Okertalsperre zu 19,5 Prozent gefüllt, der durchschnittliche Füllgrad betrug zu dieser Zeit 54 Prozent. Am Dienstag lag er bei 25 Prozent. Der Deutsche Feuerwehrverband arbeitet daran, wie Technik, Ausstattung und Ausbildung der Einsatzkräfte verbessert werden können. Aber schnell sei da nichts zu erreichen, sagte der Leiter des Arbeitskreises Waldbrand im Feuerwehrverband, Ulrich Cimolino. „Da ist noch ein weiter Weg vor uns.“ Kommunen arbeiten zudem an besseren Waldwegen, mehr Brunnen und Schutzstreifen, die Brände hemmen sollen.
Ursachsensuche mitunter schwer
Auch die länderübergreifende Harzer Waldbrandgruppe, in der Feuerwehr, Behörden und Wissenschaftler mitarbeiten, hatte sich vor Weihnachten getroffen. Als ein Ergebnis war festgehalten worden, die Früherkennung zu verbessern. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) macht sich indes auch um Ortschaften Sorgen, die teils sehr nah an Kiefernwäldern liegen. Abstandsregeln zwischen Waldgebieten und Wohnbebauung wären sinnvoll, sagte er kürzlich.
In Beelitz südlich von Berlin mussten Bewohner ihre Häuser zur Sicherheit verlassen. Auch dies war im Harz bereits Thema, der Nationalpark hatte am Ortsrand von Schierke aus Sicherheitsgründen Totholz räumen lassen.
Die Ursachen für den Ausbruch von Bränden sind mitunter nur schwer zu ermitteln. Mögliche Spuren werden durch den Brand oder Löscharbeiten vernichtet. Das zeigen beispielhaft die Zahlen des Polizeireviers Harz: Bis kurz vor Weihnachten führte die Polizei 87 Ermittlungen im Zusammenhang mit Wald- und Flächenbränden, davon sieben im Nationalpark Harz. In sechs Fällen sei ein Tatverdächtiger ermittelt worden. Die Ermittlungen zum Großbrand Anfang September im Harz laufen noch. Keinem der Feuer im Brockengebiet wurde bisher eine eindeutige Ursache zugeschrieben. Zwar war für das Feuer Anfang September zwischenzeitlich Brandstiftung angenommen worden, weil es an mehreren Stellen ausgebrochen sei, diese These erhärtete sich aber nicht.
Zuletzt hieß es, es gebe keine Anzeichen für vorsätzliche Brandstiftung. Die meisten Brände im Brockengebiet entstehen nahe der Brockenbahnstrecke. Das könnte ein Hinweis auf Funkenflug der Loks sein oder auf weggeworfene Kippen durch Bahnfahrer oder Wanderer.
dpa/oli