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Sorgenkind Landkreis Goslar

Einwohnerverluste im Harz am größten

Goslars Innenstadt ist bei Touristen beliebt, der Landkreis verliert aber seit vielen Jahren Einwohner. Voriges Jahr gab es offenbar einen leichten Anstieg durch den Zuzug Geflüchteter. Für die Zukunft werden weitere Verluste prognostiziert. Archivfoto: Sowa

Goslars Innenstadt ist bei Touristen beliebt, der Landkreis verliert aber seit vielen Jahren Einwohner. Voriges Jahr gab es offenbar einen leichten Anstieg durch den Zuzug Geflüchteter. Für die Zukunft werden weitere Verluste prognostiziert. Archivfoto: Sowa

Der Regionalverband Braunschweig hat am Mittwoch eine Einwohnerprognose vorgelegt, die den Landkreis Goslar als Sorgenkind ausweist. In der Region zwischen Harz und Heide gibt es keinen Landkreis und keine Stadt mit größeren Einwohnerverlusten. 

Von Oliver Stade Donnerstag, 20.04.2023, 08:00 Uhr

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Harz/Braunschweig. Einer vom Regionalverband Braunschweig veröffentlichten Bevölkerungsprognose zufolge verliert zwischen Harz und Heide keine Region in den kommenden Jahren so viele Einwohner wie der Kreis Goslar. Die Verluste liegen laut einer Modellrechnung je nach Wanderungsbewegung bis 2040 zwischen 3,4 und 8,3 Prozent.

Die Ergebnisse der Studie hat der Regionalverband am Mittwoch in Braunschweig und während einer Videokonferenz präsentiert. In einer mittleren Schätzung verliert der Landkreis bis 2040 den Angaben zufolge 5,8 Prozent Einwohner, bis zum Jahr 2030 betrüge der Verlust lediglich 2,4 Prozent.

Damit würde sich der lang anhaltende Trend vergangener Jahre fortsetzen, der aber zuletzt durch die Aufnahme von Flüchtlingen gebremst wurde. 2022 hat der Landkreis 2400 Geflüchtete aufgenommen. Bis September 2022 verzeichnet das Landesamt für Statistik für die Region 134.861 Einwohner (aktuellere Zahlen liegen nicht vor), 2021 waren es 134.050 Einwohner und 2020 134.688 Einwohner im Landkreis Goslar.

Zu den Regionen mit schwindender Bevölkerung zählen außerdem die Landkreise Wolfenbüttel (minus 4,3 Prozent bis 2040) und Helmstedt (minus 1,4 Prozent). Städte wie Braunschweig (plus 1 Prozent), Salzgitter (0,7 Prozent) und Wolfsburg (0,7 Prozent) wachsen hingegen ebenso wie die Landkreise Gifhorn (2 Prozent) und Peine (5,3 Prozent).

Gute Zahlen in Clausthal

Auch im Landkreis Goslar, der Ende 2021 laut amtlicher Statistik 134.050 Einwohner zählte, fällt die Entwicklung der Prognose zufolge unterschiedlich aus. Abgesehen von Clausthal-Zellerfeld weisen die Prognosen für alle Städte und Gemeinden Verluste aus. Nach der mittleren von drei Berechnungen, die für den Landkreis bis 2040 einen Einwohnerschwund von 5,8 Prozent vorhersagt, wächst die Bevölkerung in der Unistadt um 2,1 Prozent im besten Fall sogar um 5,4 Prozent. Clausthal-Zellerfeld profitierte neben Goslar im Landkreis voriges Jahr am stärksten vom Zuzug Geflüchteter aus der Ukraine.

Die größten Verluste werden bis 2040 für Braunlage (13,6 Prozent) und Liebenburg (10 Prozent) errechnet. In Langelsheim ergibt sich den Angaben zufolge ein Minus von 9,2 Prozent, in Goslar ein Rückgang von 6,7 Prozent. Bad Harzburg und Seesen müssen sich demnach auf Verluste von 4,5 und 4,7 Prozent einstellen. In der pessimistischsten Variante ergibt sich für Braunlage bis 2040 sogar ein Minus von 16,1 Prozent und auch für Clausthal-Zellerfeld ein Minus (1,1 Prozent).

Hoher Altersschnitt

Der Kreis Goslar, der seit vielen Jahren über einen sehr hohen Altersdurchschnitt verfügt und wenige Geburten aufweist, stünde im schlechtesten Fall bis 2040 mit 122.920 Einwohnern (minus 8,3 Prozent) da anstatt mit 126.240 Einwohnern (minus 5,8) in der mittleren Variante. Im günstigsten Fall wären es 129.550 Einwohnern (minus 3,4 Prozent). Die Abweichungen ergeben sich aus unterschiedlichen Annahmen über die Wanderungsbewegungen: Gemeint sind Zuzüge aus anderen Regionen inklusive Zuwachs durch Geflüchtete sowie Abwanderungen durch Menschen, die den Landkreis verlassen.

Keine Empfehlungen

Grundlage der Berechnungen sind Daten des Landesamtes für Statistik, Zweitwohnsitze werden nicht dazugerechnet. Die Prognosen, die vom Dortmunder Büro für Stadt- und Regionalforschung Spiekermann und Wegener stammen, beruhen auf Hochrechnungen der Zahlen von Ende 2021. Sie fußen nicht auf Prognosen darüber, wie sich die Kommunen entwickeln könnten, wenn sie stärker um Einwohner werben, Wohngebiete ausweisen oder Firmenansiedlungen forcieren.

In der Untersuchung schreibt das Büro zu den Zahlen: „Dies bedeutet, dass für sie nicht der Anspruch erhoben wird, die vorausgeschätzten demografischen Entwicklungen würden in der Realität auch tatsächlich eintreten.“ Die Zahlen würden stattdessen zeigen, wie die Einwohnerzahlen sich „unter den aktuellen Trends“ entwickeln.

Der für den Nahverkehr und die Regionalplanung zuständige Verband verbindet mit den Daten keine Empfehlungen oder Forderungen. Sie würden allein der Planung dienen, etwa um den Bedarf an Schulen, Kitas oder Altenheimen abschätzen zu können. Aus ihnen lasse sich beispielsweise herauslesen, dass der Anteil berufstätiger Menschen sinke und der Fachkräftemangel steige, ebenso wie der Anteil von Menschen im Rentenalter.

In der Vergangenheit waren Bevölkerungsprognosen des Verbandes mit Plädoyers für Fusionen von Kommunen und Landkreisen verbunden. Der frühere Braunschweiger Oberbürgermeister Gert Hoffmann, der von 2001 bis 2014 im Amt war, verfolgte lange das Ziel, zwischen Harz und Heide einen Großraum Braunschweig mit Zentrum in der Welfenstadt zu schaffen, gleichsam als Gegengewicht zur Region Hannover. Später entfachte mit Blick auf die Einwohnerentwicklung eine Debatte über Landkreisfusionen. So schlossen sich Ende 2016 die Kreise Osterode und Göttingen zusammen.

Die Ergebnisse der Bevölkerungsprognose gibt es im Internet: www.regionalverband-braunschweig.de/prognose/.

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