Clausthaler Tiertafel: Bedarf verzehnfacht sich in einem Jahr

Verein Bürger helfen Bürger veranstaltet jeden zweiten Freitag eine Ausgabe in der Buntenböcker Straße und versorgt mehr als 260 Vierbeiner. Foto: Bürger helfen Bürgern
Der Verein Bürger helfen Bürger in Clausthal-Zellerfeld betreut seit August 2021 eine Tiertafel. Jeden zweiten Freitag werden mehr als 260 Vierbeiner versorgt. Der Bedarf hat sich seitdem verzehnfacht – viel logistische Arbeit für die Ehrenamtlichen.
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Clausthal-Zellerfeld. Der Verein Bürger helfen Bürgern hat am 19. August 2021 die Tiertafel gegründet. Angefangen hätten die Ehrenamtlichen mit 20 Tieren, blickt die dritte Vorsitzende Andrea Duit-Reith zurück. Mittlerweile kämen jeden zweiten Freitag etwa 100 Tierbesitzer mit mehr als 260 Vierbeinern zur Ausgabe in die Buntenböcker Straße in Clausthal-Zellerfeld. Wenn der Bedarf weiterhin so steige, führe wohl nichts an einer Warteliste vorbei, meint Duit-Reith.
„Es gibt klare Richtlinien, wer sich Tierfutter bei uns abholen darf“, betont sie. Man müsse eine Bedürftigkeit nachweisen und zeigen, dass das Tier auch wirklich einem gehöre – beispielsweise durch einen Impfnachweis oder dem Hundesteuerbescheid. Die Berechtigtenkarte sei dann für ein Jahr gültig. Aktuell versorgt die Tiertafel laut Duit-Reith 267 Tiere, 113 davon gehören Ukrainern. Aktuell seien etwa 60 Prozent Katzen, 40 Prozent Hunde. Im vorigen Jahr waren nach Angaben des Vereins auch Hamster und weitere Nager dabei. Aber der Bedarf scheine aktuell nicht mehr vorhanden zu sein.
Ukrainische Familie mit sechs Katzen
Der Vereine habe anfangs festgelegt, dass pro Haushalt maximal vier Tiere unterstützt werden, sagt die dritte Vorsitzende. Als kürzlich jedoch Ukrainer mit teilweise sechs Katzen pro Haushalt gekommen seien, musste eine neue Lösung gefunden werden. Bis dato hätten die Tierbesitzer einen Obolus von 2 Euro pro Ausgabe bezahlt. Wer drei oder vier Tiere habe, zahle künftig 3 Euro und bei mehr als vier felligen Mitbewohnern 5 Euro. Dieses Konzept habe sich der Verein bei anderen Tiertafeln abgeschaut, mit denen sich Duit-Reith in Verbindung gesetzt hat.

Gerd Cronjäger (links) und Markus Reith sind zwei der Helfer der Tiertafel in der Buntenböcker Straße. Foto: Bürger helfen Bürgern
Neben der dritten Vorsitzenden unterstützen Gerd Cronjäger, Markus Reith, Katja und Marius Merschel sowie Peter Bartsch die 14-tägige Ausgabe. Dabei bekommen die Frauchen und Herrchen Tierfutter für jeweils acht Tage, so Duit-Reith. Die anderen sechs Tage müssten sie dann selbst überbrücken. Wenn freitags die Ausgabe eigentlich erst um 16 Uhr losgehe, herrsche schon eine Stunde vorher ein Verkehrschaos in der Straße, sagt Duit-Reith. Manche Tierbesitzer hätten wohl Angst, kein Futter mehr abzubekommen. Für Besitzer der Berechtigtenkarte sei diese Sorge jedoch unbegründet.
Tiertafel wird zur logistischen Herausforderung
Mittlerweile sei die Tiertafel eine ganz schöne logistische Herausforderung. In der Buntenböcker Straße stünde am Haus von Duit-Reith lediglich eine Doppelgarage zur Verfügung. Allein das Futter zu beschaffen, bringe die Ehrenamtlichen an ihre Grenzen. Ein Teil bestehe aus Spenden, den die dritte Vorsitzende akquiriert. Häufig kontaktiert sie dafür auch Futterfirmen, um einen Mengenrabatt zu bekommen. Pro Ausgabe wechseln laut Duit-Reith 1300 Kilogramm Tierfutter im Wert von etwa 1000 Euro den Besitzer. Sie versucht zudem Fördermittel zu generieren – wie beispielsweise beim Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung. Dort sei ein unbürokratisches Förderprogramm für Tierheime und tierheimähnliche Institutionen ins Leben gerufen worden. Weil die Vierbeiner aber nicht in der Buntenböcker Straße leben, sondern dort nur Futter erhalten, wurde die Zuwendung abgelehnt, so der Verein.
Dankbar ist er über eine Aktion von Andreas Schönyan vom gleichnamigen Autohaus aus Clausthal-Zellerfeld. Er hatte am 30. Dezember Geburtstag und einen besonderen Wunsch: Jeder, der seinen Aufruf in Videoform bei Facebook gesehen hat, sollte einen Euro an die Tiertafel spenden. Schönyan, der selbst Hunde, Ziegen und Hühner hat, war es ein Anliegen, auf diese Weise für die Ausgabe in der Buntenböcker Straße zu werben. Laut Duit-Reith sind dadurch bereits etwa 400 Euro zusammengekommen und auch noch mal Dutzende Neuzugänge.
Bei steigendem Bedarf läuft es wohl auf Warteliste hinaus
Viel Unterstützung habe es vom Nabu-Zweigverein Goslar gegeben. Zum einen habe der Naturschutzbund großzügig Futter gespendet, zum anderen Tierkosten für die ukrainischen Vierbeiner übernommen. Die Tiertafel mit Herz aus Sottrum unterstütze die Oberharzer Einrichtung ebenfalls. Erst am Dienstag ist Bürger helfen Bürgern nach Peine gefahren, um dort Leckerli abzuholen. Seitdem der Bedarf so erheblich gestiegen ist, hatte sich der Verein dafür entschieden, selbst keine Leckerli und Katzenstreu mehr zu besorgen. Duit-Reith erklärt, dass die Tiere nur mit dem Allernötigsten versorgt werden sollen. Wenn der Bedarf weiterhin so sehr steige, müsse der Verein womöglich mit einer Warteliste arbeiten, wie es sie bereits beim Clausthaler Tisch Lazarus gibt.
Die Sprachbarriere mit den Ukrainern stelle den Verein manchmal vor Herausforderungen. Duit-Reith erzählt, dass sie mit Übersetzungsprogrammen und Fotos von Hunden und Katzen arbeite. Als Tierbesitzer allerdings Hundekotbeutel sowie spezielles Diät-Futter haben wollten, habe es mit der Verständigung gedauert. Die dritte Vorsitzende berichtet von einer Frau, die Vitaminpräparate für ihren kranken Hund gebraucht habe. Die Tabletten habe Duit-Reith daraufhin privat besorgt. Generell würden die Vereinsmitglieder schon mal Geld in die Tiertafel „hineinpumpen“, falls das Futter mal knapp werde. Laut Duit-Reith lohnt sich aber der Aufwand. Er mache sich bezahlt, wenn sie und ihre Kollegen in die dankbaren Gesichter der Tierbesitzer schauen: „Da bekomme ich richtig Gänsehaut und Tränen in die Augen.“
Weitere Informationen zur Tiertafel, auch wie man helfen kann, gibt es auf der Internetseite des Vereins unter www.bürger-helfen-bürgern.org.