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Zu wenig Personal und Aufmerksamkeit

Archivare aus Bremen und Niedersachsen tagen in Goslar

Im Herbst 2022 eingezogen und im Frühjahr 2023 mit einem Fest eröffnet: Der Kulturmarktplatz ist die neue schmucke Heimat des Goslarer Stadtarchivs, das von Ulrich Albers geleitet wird und zum Kultur-Fachbereich von Chefin Marleen Mützlaff gehört. Archivfoto: Kaspert

Im Herbst 2022 eingezogen und im Frühjahr 2023 mit einem Fest eröffnet: Der Kulturmarktplatz ist die neue schmucke Heimat des Goslarer Stadtarchivs, das von Ulrich Albers geleitet wird und zum Kultur-Fachbereich von Chefin Marleen Mützlaff gehört. Archivfoto: Kaspert

Rund 120 Archivare aus Niedersachsen und Bremen treffen sich in der kommenden Woche im Kulturmarktplatz zu ihrer Verbandstagung. Es geht um Themen, die auch in Goslar nur zu gut bekannt sind: zu wenig Personal und mangelnde Außenwahrnehmung.

Von Frank Heine Donnerstag, 11.04.2024, 14:00 Uhr

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Goslar. Vielleicht sind die ersten beiden Worte des Tagungsthemas ein Sinnbild auch für die Goslarer Situation: „Unterschätzte Archive – Strategien zur Verbesserung der Außenwahrnehmung von Archiven“ lautet das Motto, wenn sich am Montag und Dienstag rund 120 Teilnehmer zum siebten niedersächsisch-bremischen Archivtag im Kulturmarktplatz treffen.

Der gut 200 Mitglieder starke Verein Niedersächsischer Archivarinnen und Archivare – am 26. April 2022 um das Bundesland Bremen erweitert, aber noch auf der Suche nach einem neuen Namen – befasst sicht im letzten Amtsjahr von Goslars Archivleiter Ulrich Albers mit diversen Problemstellungen. Wie können benötigte Ressourcen beim Träger durchgesetzt werden? Welche Erwartungen haben Nutzer? Sehen sie noch verstaubte Archivare oder eher schon „Digital Natives“ in den Einrichtungen? Wo bewegen sich die Archive in ihren Rollen als Kultureinrichtungen und als Dienstleister der Behörden?

Genau hinhören bei den Vorträgen

Um 10.30 Uhr startet die Tagung am Montag mit einem offiziellen Teil, ehe Dr. Peter Quadflieg vom Stadtarchiv Wiesbaden über Verhandlungsstrategien eines Kommunalarchivs gegenüber seinem Träger spricht („Dafür brauchen wir aber mehr Ressourcen“). Goslar-Chef Albers dürfte ganz genau hinhören, bevor er selbst sein Archiv und dessen 625-jährige Historie im Spannungsfeld zwischen Kultur und Politik beleuchtet und Thomas Jürgens den famosen Förderverein „pro Stadtarchiv vorstellt.

Es ist nämlich noch gar nicht so lange her, dass Albers Ende Januar wie berichtet im Goslarer Kulturausschuss zur personellen Lage seiner Einrichtung eine ernüchternde Bilanz gezogen und eine politische Debatte ausgelöst hatte. Zehn Mitarbeiter auf achteinhalb Stellen, von denen eine halbe Stelle wegen Dauererkrankung nur auf dem Papier existierte, seien für ein so großes und altes Archiv mit echten Historienschätzen eigentlich zu wenig. Nach dem Umzug in die neuen Räume an der Abzucht sagte er: „Wir müssen jetzt alle sehen, dass es nicht nur bei einer schönen Hülle bleibt, sondern das Archiv auch seinen Aufgaben nachkommen kann.“

Stellen-Besetzungen in Theorie und Praxis

Die Politik reagierte insofern rasch, als zwei bislang mit Wegfall-Vermerken markierte halbe Stellen auf Grün gesetzt wurden. Das heißt: Sie bleiben bestehen. In der Theorie sei die Lage deshalb zwar besser geworden, sagt Albers. In der Praxis hätten aber die beiden Mitarbeiter ihren Anteil um 25 Prozent reduziert, beziehungsweise dies angekündigt. Eine weitere halbe Stelle existiere seit Januar 2023 weiterhin wegen Dauererkrankung nur auf dem Papier. War da nicht was mit politischer Wertschätzung der Arbeit und die historische Einmaligkeit der Goslarer Einrichtung?

Und noch eines: Albers, der 1982 im Goslarer Stadtarchiv angefangen und 1989 den ebenfalls altgedienten Chef Werner Hillebrand abgelöst hat, geht im nächsten Jahr in den Ruhestand. Ein halbes Jahr lang, so könne er es sich gut vorstellen, seinen Nachfolger Seite an Seite einzuarbeiten – das wäre zweifellos für alle von Vorteil. Wenn Niedersachsens und Bremens Archivare in Goslar tagen, ist es aber schon Mitte April – und eine Ausschreibung fast schon überfällig. Die Stellenausschreibung „Leitung Stadtarchiv“ werde zeitnah – zunächst intern – veröffentlicht, erklärte Stadt-Sprecherin Daniela Siegl am Mittwoch, ohne einen konkreten Termin zu nennen. Gegebenenfalls werde im Anschluss eine externe Ausschreibung folgen.

Zurück zum Treffen: Vor rund vier Jahrzehnten erlebte Goslar laut Albers schon einmal eine „Arbeitstagung der niedersächsischen Kommunalarchivare“ (ANKA), wie sich die Zusammenkunft seit dem ersten Treffen im April 1963 in Hannover nannte. Die Initiatoren kannten sich laut der auf der Homepage nachzulesenden Historie von der Zusammenarbeit im „Verein deutscher Archivare“ (VdA).

Braunschweiger Chef-Archivar strebt engere Kooperation an

Auf Anregung Richard Moderhacks, dem damaligen Leiter des Stadtarchivs Braunschweig, wurde eine engere Kooperation angestrebt. 1990 wurde die ANKA in einen gemeinnützigen Verein umgewandelt und am 12. Juli 1991 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Hildesheim eingetragen. Auf dem 1. Niedersächsischen Archivtag in Hildesheim im April 2014 wurde beschlossen, die ANKA zu einem „Verband der niedersächsischen Archivarinnen und Archivare“ (VNA) zu erweitern. Sie tagen am Montag und Dienstag in Goslar. Begleitet wird ihr Treffen von Ständen, an denen Aussteller über die Archivarbeit, das Verpacken, das Scannen und Digitalisieren sowie über historische Bücher informieren. Dieser Teil spielt sich im Erdgeschoss des Kulturmarktplatzes ab und ist laut Albers jeweils ab 11 Uhr auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

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