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Vortrag über PR und Think-Tanks

Goslarer Friedensgespräche: Diskussion über Propaganda im Krieg

Prof. Sabine Schiffer bei den Goslarer Friedensgesprächen.

Prof. Sabine Schiffer bei den Goslarer Friedensgesprächen. Foto: Hartmann

Bei den Goslarer Friedensgesprächen ging es um Propaganda und PR: Wie mithilfe von strategischer Öffentlichkeitsarbeit Medien und Gesellschaft manipuliert werden, darüber sprach Professorin Sabine Schiffer in ihrem Vortrag vor rund 90 Besuchern.

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Von Petra Hartmann
Sonntag, 09.06.2024, 08:00 Uhr

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Goslar. Über die Rolle der Medien und die Funktionsweise von Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda sprach die Medienwissenschaftlerin Professorin Sabine Schiffer bei den „Goslarer Friedensgesprächen“. Rund 90 Besucher hörten ihren Vortrag und beteiligten sich an der lebhaften Diskussion.

Public Relations (PR) von Unternehmen, Parteien oder anderen Interessengruppen, strategische Beeinflussung von Medien und öffentlicher Meinung, das ist eine Macht, die Schiffer bereits als „fünfte Gewalt“ bezeichnet. Neben Legislative, Judikative und Exekutive, dem klassischen Trio im demokratischen Staat mit Gewaltenteilung, hatte die Presse in ihrer Kontrollfunktion als vierte Gewalt gegolten. Nun also die fünfte Gewalt, die versucht, Einfluss zu nehmen. Nicht nur auf Medien, sondern auf die gesamte Öffentlichkeit.

Wie durch PR ein Thema gesetzt, bestimmte Punkte ins Bewusstsein gerückt und andere gezielt verschwiegen werden, zeigte Schiffer eindrucksvoll anhand von Beispielen aus der jüngsten Geschichte. Etwa der als „Brutkastenlüge“ bekannt gewordene Auftritt einer jungen Frau im Jahr 1990 vor den Vereinten Nationen, die sich als kuwaitische Hilfskrankenschwester ausgab und berichtete, wie irakische Soldaten das Krankenhaus überfielen, Säuglinge aus den Brutkästen nahmen und auf dem kalten Boden sterben ließen. Eine Aussage, die mitentscheidend war für den Entschluss der USA zum Irakkrieg. Später stellte sich heraus, dass die Frau die Tochter des kuwaitischen Botschafters war und nie in der Klinik gearbeitet hatte.

Grundsätze der Kriegspropaganda

Als Schiffer die „Zehn Grundsätze der Kriegspropaganda“ von Lord Arthur Ponsonby (1871 - 1946) vorstellte, gab es viele Déja vus: Sätze wie „Wir wollen den Krieg nicht“ über „Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung“ und „Wir kämpfen für eine gute Sache“ oder „Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen“ bis hin zur Beschwörung einer „heiligen Mission“ und der Drohung „Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter“ - das alles konnte man auch in Afghanistan, in der Ukraine oder nach dem Angriff der Hamas auf Israel und den Kämpfen im Gazastreifen hören. Beklemmend auch Schiffers Bericht über die Arbeit von Think-Tanks etwa zum Thema „Desinformation durch Russland“.

Schiffer hatte den Zuhörern viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Oder, wie Moderator Gerhard Stein sagte: „Ich hatte gedacht, Sie beantworten mir meine Fragen. Stattdessen haben Sie uns Hausaufgaben gegeben.“

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