Brocken: Glutnester flammen neu auf

Ein Zug der Harzer Schmalspurbahnen kommt auf dem Brocken an. Die Dampfloks werden immer wieder verdächtigt, für Waldbrände verantwortlich zu sein. Eine Umstellung auf Diesel soll nun für mehr Sicherheit sorgen. Foto: Bein, dpa
Das Feuer am Brocken ist noch immer nicht gelöscht: Am Dienstag flammten mehrere Glutnester neu auf. Inzwischen haben die Harzer Schmalspurbahnen beschlossen, schneller auf Diesel umzustellen, um Waldbrandgefahren vorzubeugen.
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Schierke/Brocken. Keine Entwarnung am Brocken: Der Brand ist noch immer nicht gelöscht. Wie Kristin Dormann, die für die Pressearbeit zuständige Leiterin des Büros des Wernigeröder Oberbürgermeisters, mitteilte, sind gestern Nachmittag erneut mehrere Glutnester im Brandgebiet aufgeflammt. Das Betretungsverbot bleibt bis auf Weiteres bestehen.
Trotz der Regenfälle, die viel zum Löschen des Feuers beigetragen haben, gab es immer noch Brandstellen. Nun fachte der Wind das Feuer wieder neu an.
Bei der Lageerkundung gestern Vormittag wurden weitere Glutnester, so genannte „Spots“, entlang der Bahnlinie entdeckt. Im Verlauf des Nachmittags wurden diese bekämpft. Um 15 Uhr meldete Dormann, es gebe „durch anhaltenden Wind wieder mehrere Spots im unteren und oberen Bereich der Bahnlinie“.
Einsatzkräfte sicherheitshalber abgezogen
Daraufhin wurden die bodengebundenen Einsatzkräfte aus Sicherheitsgründen abgezogen, die Löscharbeiten erfolgten nur von den Gleisen aus mithilfe von Kesselwagen.
Die Zahl der Brandbekämpfer vor Ort hatte sich gegenüber dem Vortag weiter verringert. Gestern Vormittag waren nur noch knapp 70 bodengebundene Kräfte im Einsatz, wie Dormann mitteilte.
Nachgefordert wurde nun die Freiwillige Feuerwehr Minsleben. Die Feuerwehr Schierke besetzte erneut den Kesselwagen vom Brocken zusammen mit Einsatzkräften der Feuerwehr Königshütte. Mitglieder der Feuerwehr Silstedt und die Wachbereitschaft Wernigerode besetzten den Kesselwagen von Drei Annen Hohne. Das THW unterstützte die Arbeiten weiterhin mit seinem Tanker für die Wasserversorgung.
Katastrophenfall oder nicht?
Gestern hat der Landkreis Harz Stellung zu der Frage genommen, warum beim Brockenbrand nicht der Katastrophenfall ausgerufen wurde. Dazu hieß es in einer Erklärung: „Ob und wann der Katastrophenfall ausgerufen wird, entscheidet in jedem Einzelfall die Katastrophenschutzbehörde. Dabei ist unter anderem entscheidend, ob das Leben, die Gesundheit oder die lebensnotwendige Versorgung einer Vielzahl von Menschen gefährdet ist, erhebliche Sachwerte beschädigt oder beeinträchtigt sind und ob zur Abwehr dieser Gefahren eine gemeinsame Gesamtleitung erforderlich ist.“ Die Katastrophenschutzbehörde sei zu keinem Zeitpunkt zu diesem Ergebnis gekommen. „Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Katastrophenfalles waren nicht gegeben.“
Anfangs habe man die Ausmaße des Brands als ähnlich beziehungsweise möglicherweise größer als beim Brockenbrand im Jahr 2022 eingeschätzt. Doch sei man zunächst aufgrund der Windrichtung davon ausgegangen, dass sich der Brand in Richtung Westen ausbreiten würde. „Die Flammen breiteten sich in Richtung Totholz und nicht in Richtung der sensiblen Moore aus“, erklärt der Landkreis. Ferner sei eine Schneise als Haltelinie definiert worden, die am Oberen Königsberger Weg/Goetheweg lag. Diese habe man während des gesamten Einsatzes halten können.
Drei Löschflugzeuge sofort vor Ort
Ein weiterer Unterschied habe in den wesentlich besseren Löschbedingungen aus der Luft gelegen. Im Gegensatz zum Brockenbrand 2022 hält der Landkreis jetzt ein Löschflugzeug vor. Dieses sei auch sofort eingesetzt worden. Ebenfalls seien im Jahr 2022 die beiden Löschflugzeuge des Landes Niedersachsen am Standort Braunschweig noch nicht vorhanden gewesen. Diese konnten beim jetzigen Brand laut Auskunft des Landkreises ebenfalls sofort alarmiert werden. „Insgesamt kamen somit bereits am frühen Abend des 6. September drei Löschflugzeuge und ein Löschhubschrauber zum Einsatz. Im Jahr 2022 mussten dagegen erstmals in Deutschland Löschflugzeuge aus dem europäischen Ausland angefordert werden“, stellt der Landkreis klar. Für die Ausrufung des Katastrophenfalls habe es also keinen Anlass gegeben.
Schmalspurbahn: Diesel statt Dampf
Eine Folge des Brandes ist eine Entscheidung bei den Harzer Schmalspurbahnen (HSB): Sie wollen jetzt früher als bislang von Dampf- auf Dieselloks umstellen, wie das Unternehmen mitteilte. So ist geplant, bereits bei niedrigerer Waldbrandgefahr auf Dieselloks umzusteigen.
Wie eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte, sollen bereits ab der zweithöchsten Warnstufe – Warnstufe vier – Diesel- statt Dampfloks fahren. Bislang wurden Dieselloks erst ab der höchsten Waldbrandwarnstufe eingesetzt.
Je nach Lage könne auch bereits bei Gefahrenstufe drei entschieden werden, Dieselloks einzusetzen, so die HSB-Sprecherin. Die Entscheidung gelte zunächst präventiv und vorübergehend. Wenn der aktuelle Brand ausgewertet sei, werde auch noch einmal neu beraten.
Auch wenn der Regen in der Nacht zu Montag die Lage am Brocken entspannte und Einsatzkräfte abgezogen werden konnten, ist der Einsatz offiziell noch nicht beendet. Der Betrieb der Brockenbahn ist nach Angaben des Unternehmens weiterhin ausgesetzt. Man hoffe, dass die Züge ab Mittwoch wieder zum höchsten Berg Norddeutschlands fahren können, erklärte das Unternehmen am Dienstag.
Landrat appelliert an Landespolitik
Nach Ansicht des Harzer Landrates Thomas Balcerowski ist nach dem Großbrand am Königsberg die Landespolitik in der Pflicht. „Ich fordere das Verkehrsministerium Sachsen-Anhalts auf, die laufenden Verhandlungen zur Revision des Verkehrsvertrages der HSB bis zum Jahresende abzuschließen“, sagte er gestern Nachmittag. „Sonst ist die Existenz der HSB massiv gefährdet.“
Zudem will Balcerowski für die HSB mehr Geld vom Land. „Wir müssen vor dem Hintergrund des Klimawandels mit seinen immer heißeren und trockeneren Sommern und der damit verbundenen wachsenden Brandgefahr endlich mit der Dekarbonisierung der historischen Dampfloks im Harz beginnen“, unterstrich er. „Wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter: Weg von der Kohle hin zu alternativen Antriebsarten der Dampfloks ist das Zeichen der Zeit.“
Sämtliche Präventionsmaßnahmen zielen laut Balcerowski darauf ab, die HSB dauerhaft aus dem Verdacht des Brandverursachers im Nationalpark Harz zu entlassen. Schließlich sei die Brockenstrecke mit 503.000 Fahrgästen im Jahr 2023 die wirtschaftlich attraktivste Teilstrecke des rund 140,4 Kilometer umfassenden HSB-Schmalspurnetzes. Deshalb sei eine bessere Ausstattung der HSB und der Feuerwehren unerlässlich für den Brandschutz. Balcerowski kündigte die Anschaffung weiterer Geräte an. Dazu zählt etwa ein Feuerwehr-Wasserwerfer auf Schienen, ein hocheffektives Einsatzfahrzeug.