Zivilcourage-Preis: Schüler-Senior-Duo rettet Frau aus brennendem Haus

Brandeinsatz in Immenrode: Die Feuerwehr löscht die Flammen, doch für die 83-jährige Bewohnerin kommt jede Hilfe zu spät. Archivfoto: Epping
Auszeichnung für zwei Lebensretter: Durch ihr schnelles Eingreifen haben ein 16-Jähriger und ein 89-Jähriger eine Frau aus einem brennenden Haus am Immenröder Kindergarten gerettet. Nun erhielten beide den Preis der Goslarer Zivilcourage-Kampagne.
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Immenrode. Den Brand in Immenrode am 4. Advent werden die Anwohner so schnell nicht vergessen. Eine 83-Jährige starb in den Flammen, eine weitere Frau, 55 Jahre alt, konnte durch das beherzte Eingreifen ihres Nachbarn und eines Jugendlichen gerettet werden. Nun wurden die beiden mutigen Helfer mit dem Preis der Goslarer Zivilcourage-Kampagne (GZK) ausgezeichnet.
„Zivilcourage ist keine Frage des Alters“, betonten GZK-Vertreter Günter Koschig und Florian Wildmann bei der Übergabe der Auszeichnung an das ungleiche Alltagshelden-Duo. Justin Prenzler, damals noch Schüler und 16 Jahre alt, ist einer der jüngsten Lebensretter, die die Ehrung erhielten. Rochus Bernhard Habel dagegen, der Nachbar des Opfers, feiert am Freitag seinen 90 Geburtstag.
Schüler sieht grauen Rauch
Justin Prenzler war zusammen mit seinen Eltern auf dem Weg von Groß Döhren nach Bad Harzburg. Da entdeckte er den ungewöhnlich starken grauen Rauch und veranlasste seine Eltern, nach Immenrode abzubiegen. Als der Wagen den Brandort erreichte, traf der Schüler auf Habel, der bereits die 112 gerufen hatte. Beide liefen um das Haus herum, denn sie hörten die lauten Hilfeschreie der 55-Jährigen.
Frau aus dem brennenden Haus gezogen
„Die Frau hatte eine Hüft-OP, sie konnte nicht aus dem Fenster klettern“, erzählt Habel. Prenzler räumte den Blumenkasten zur Seite, dann schafften die beiden es, die Frau durch das Fenster zu ziehen. „Erst das eine Bein, dann das andere“, sagt der 16-Jährige. „Sie hat die ganze Zeit geschrien, ihre Haare waren verbrannt.“

Auszeichnung für Mut und Einsatzbereitschaft: Günter Koschig (l.) und Florian Wildmann (r.) ehren zwei Lebensretter: Rochus Bernhard Habel feiert heute seinen 90. Geburtstag. Justin Prenzler ist inzwischen 17 Jahre alt und arbeitet nun für die Autobahnmeisterei Braunschweig. Foto: Hartmann
Bruder glaubt an „Schock-Anruf“ und legt auf
Der Qualm war inzwischen immer stärker geworden. Flammen seien aber erst sichtbar geworden, als die Feuerwehr ihren Löscheinsatz begann. Für die 83-Jährige kam jede Hilfe zu spät. Die gerettete 55-Jährige hatte eine Rauchvergiftung und wurde ins Krankenhaus gebracht. Wenig Erfolg hatte Prenzler allerdings mit dem Versuch, ihren Bruder zu verständigen. Der hielt das Ganze für einen betrügerischen Schockanruf und legte mehrfach auf. Erst die Polizei konnte den Mann später überzeugen, dass es sich wirklich um eine Katastrophe gehandelt hatte.
Auch Habel, der die Feuerwehr rief, berichtete von komplizierten Verhandlungen mit der Leitstelle. „In Kalifornien wäre die Feuerwehr viel schneller gekommen“, meint der Mann, der lange in den USA gelebt hat. Florian Wildmann, selbst aktiver Feuerwehrmann, wies allerdings darauf hin, dass die Ehrenamtlichen vor Ort ihre Aufgaben auf jeden Fall nach bestem Wissen und Gewissen erledigen würden. Eine Berufsfeuerwehr wie in Kalifornien sei wohl besser aufgestellt.
Schneller als die Feuerwehr
„So schnell, wie Sie geholfen haben, hätte keine Feuerwehr vor Ort sein können“, betonte Günter Koschig. Beide Lebensretter wurden mit der GZK-Trophäe ausgezeichnet. Sie erhielten darüber hinaus eine Urkunde, einen gerahmten großformatigen Cartoon und ein Buch.
Der Brand war am frühen Nachmittag des 4. Adventssonntags ausgebrochen. Rund 100 Feuerwehrleute aus mehreren Ortswehren rückten aus und löschten, doch das Haus war nicht zu retten.
Staatsanwaltschaft stell Ermittlungen ein
Die Brandursache war lange Zeit unklar, Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten wegen des Verdachts der fahrlässigen Brandstiftung. Erst am 13. Juli wurden die Ermittlungen eingestellt, wie der Erste Staatsanwalt Hans Christian Wolters, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, auf GZ-Anfrage berichtet.
Das komplette schriftliche Abschlussgutachten des Sachverständigen, der die Brandruine untersucht hat, liege noch nicht vor. Ursache des Feuers könnte demnach eine offene Flamme gewesen sein, es wurden jedenfalls Reste eines Kerzenständers gefunden. Dass dies den Brand ausgelöst habe, sei „möglich, aber es lässt sich nicht beweisen“, sagt Wolters.