Wieder freie Fahrt auf der A7 – mit eingeschränktem Tempo

Insgesamt waren bis zu 21 Spezialfahrzeuge von unterschiedlichen Reinigungsfirmen und der Autobahnmeisterei Göttingen auf dem rund 60 Kilometer langen, dreispurigen Autobahnabschnitt der A7 sechs Tage lang im Einsatz. Foto: Die Autobahn.
Die Reinigungsarbeiten zeigen Wirkung. Samstagnachmittag konnte das letzte Teilstück zwischen Nörten-Hardenberg und Göttingen-Nord freigegeben werden. Die GZ beantwortet die wichtigsten Fragen zur Verschmutzung von Deutschlands längster Autobahn.
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Göttingen. Die Reinigungsmethoden auf der A7 sind abgeschlossen, das letzte verschmutzte Teilstück zwischen den Anschlusstellen Nörten-Hardenberg und Göttingen-Nord konnte am Nachmittag gegen 16.40 Uhr freigegeben werden – und damit einen Tag früher als erwartet. De zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der freigegebenen Strecke ist vorläufig auf 80 Kilometer pro Stunde begrenzt. Die Autobahnpolizei rät zudem zu einer vorsichtigen und angepassten Fahrweise.
Alle Reinigungsarbeiten sind beendet. Alle Fahrstreifen sind geöffnet. Es liegen keine Sperrungen mehr vor.
Zwischen den Anschlussstellen Nörten-Hardenberg und Göttingen-Nord war die Verschmutzung am größten. Der Abschnitt war im Schichtbetrieb gereinigt worden, um einen möglichst schnelle Freigabe zu ermöglichen, erklärte die Polizei Göttingen am Samstag. „Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen beteiligten Reinigungsunternehmen und den Kollegen der Autobahnmeisterei Göttingen für deren Leistung und den erfolgreichen Einsatz. Auch die Zusammenarbeit mit der zuständigen Polizeiinspektion Göttingen und der Via Niedersachsen war hervorragend“, sagte Cord Lüesse, Direktor der Niederlassung Nordwest der Autobahn GmbH des Bundes.

Spezialfahrzeuge reinigen die Fahrbahn der Autobahn 7. Die Autobahn 7 in Südniedersachsen bleibt in Richtung Kassel auf rund 60 Kilometern gesperrt. Foto: Picture alliance/dpa | Swen Pförtner
„Der Dank gilt auch der Bevölkerung und den Verkehrsteilnehmenden für das Verständnis für die Arbeiten. Uns haben viele Anrufe und Mails erreicht, in denen Bürger uns Hilfe und Tipps zur Reinigung der Strecke angeboten haben. Das war außergewöhnlich", ergänzte Sebastian Post, Leiter der Außenstelle Bad Gandersheim.
Die Kosten für die Reinigungsarbeiten sind noch nicht abschließend bekannt. Sie belaufen sich aber voraussichtlich auf einen hohen sechsstelligen Betrag.
Was ist passiert?
In der Nacht zu Montag hat ein noch bisher unbekanntes Fahrzeug zwischen den A7-Anschlussstellen Northeim-Nord und Staufenberg-Lutterberg auf einer Strecke von knapp 60 Kilometern eine wachsartige Substanz verloren. Ersten Schätzungen zufolge sollte es sich um Paraffin handeln. Wie sich am Mittwoch herausstellte, habe der chemische Stoff eine große Ähnlichkeit zu Kokosfett, so die Autobahngesellschaft des Bundes. Durch die entstandene Glätte kamen einige Fahrzeuge in der Nacht zu Montag ins Rutschen und meldeten dies der Polizei. Die Einsatzkräfte schauten sich die A7 an und sperrten die Strecke.

Diese Substanz hat die A7 zwischen Northeim-Nord und Hann. Münden verunreinigt. Foto: PI Göttingen
Wer ist verantwortlich?
Das ist derzeit noch völlig unklar. Wie die Polizei in einer Pressemitteilung schreibt, verdichten sich die Hinweise jedoch auf einen Sattelzug. Dabei soll es sich um einen sehr hellen Tankauflieger handeln, der einen auffälligen seitlichen Aufdruck haben soll.
Insassen eines am Sonntagabend auf der A 7 in Richtung Hannoversch Münden fahrenden Pkw gaben an, gegen 23.10 Uhr in Höhe des Autobahndreiecks Drammetal zunächst eine „flockige“ Verunreinigung der Fahrbahn bemerkt zu haben. Wenig später habe man den Tanklaster überholt und danach festgestellt, dass die Fahrbahn völlig sauber gewesen sei.

Das vermutlich flüssige Kokosfett hat die A7 in eine rutschige Fahrbahn verwandelt. Foto: PI Göttingen
Hat der Fahrer den Verlust seiner Ladung bemerkt?
Vermutlich ja. Der Sachverständige Rainer Hartmann hat in einer Pressekonferenz am Mittwoch mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass der Lkw auf dem betroffenen Fahrbahnabschnitt seine komplette Ladung verloren haben muss. Dementsprechend hätte ihm der Vorfall spätestens bei einer Entladung auffallen müssen. Dafür spricht auch, dass die Verunreinigung der Fahrbahn nach knapp 60 Kilometern aufgehört hat und sein Tank leer war. Er könnte das Problem allerdings auch während seiner Fahrt bemerkt und abgestellt haben. „Wir haben einen schönen individuellen Fingerabdruck des Pflanzenfettes und sind sehr guter Dinge, den Verursacher beziehungsweise den Hersteller des ausgelaufenen Produktes ermitteln zu können“, so Hartmann. Dem Verursacher werde man auf jeden Fall eine Rechnung zustellen, heißt es. Dabei soll es sich aktuell um einen hohen sechsstelligen Betrag handeln. „Die Kosten hätten auch deutlich geringer ausfallen können, wenn sich der Verursacher bei uns gemeldet und uns mitgeteilt hätte, was er auf der A7 verloren hat“, erklärt Cord Lüesse, Direktor der Autobahn-Niederlassung Nordwest.
Laut Autobahnpolizei hat die Verunreinigung der Fahrbahn nach gegenwärtigem Stand weder eine straf- noch eine ordnungswidrigkeitenrechtliche Relevanz. Straftatbestände, die in Betracht kommen könnten, wären der Verdacht einer Umweltstraftat oder eine fahrlässige Gewässerverunreinigung. Beides kann laut Polizei zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht begründet werden.
Wie hoch ist der Schaden?
Jeden Tag entstehen Kosten in Millionenhöhe. Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) teilte gegenüber der Braunschweiger Zeitung mit: „Der Schaden für die Wirtschaft und Pendler wie Reisende ist groß, die Belastung für die Anwohnerinnen und Anwohner der Ausweichstrecken ist beträchtlich, für die Verkehrssicherheit ist das eine äußerst ungenügende Situation.“ Der Verursacher müsse mindestens für den Schaden aufkommen, der durch alle Maßnahmen entstanden ist, so Lies.

Auf der Autobahn 7 sind 15 Spezialfahrzeuge im Einsatz, die die Fahrbahn mit Wasserdruck von bis zu 2500 bar reinigen können. Foto: Swen Pförtner/DPA
Gab es solch einen Vorfall schon einmal?
Vermutlich nicht. Cord Luesse erklärt in einer Pressekonferenz der Autobahnen GmbH am Donnerstagmittag: „Ich bin seit 30 Jahren für die Autobahn GmbH tätig und so etwas habe ich noch nicht erlebt. Es gab in einem Fall früher einmal ein Problem mit ausgelaufener Sahne. Die hatten wir innerhalb von zwei Tagen beseitigt.“
Waren Klimaaktivisten am Werk?
Derzeit gibt es laut Polizei keine Hinweise darauf, dass Klimaaktivisten für das Geschehen auf der A7 verantwortlich sein können. Sollte der Fahrer ermittelt werden können, könnte ihm ein Verwarn- oder Bußgeld wegen mangelnder Ladungssicherung oder übermäßiger Verschmutzung der Fahrbahn drohen.