Trübe Bilanz: Eine Harzer Skisaison mit grünen Pisten

Der Sessellift am Bocksberg in Hahnenklee steht in diesen Tagen still, auf dem Berg liegt kein Schnee. Foto: Neuendorf
Bisher war Wintersport im Harz nur an wenigen Tagen kurz vor Weihnachten möglich, seither fehlt der Schnee, und sogar zum Beschneien ist es zu warm. Die Liftbetreiber hoffen auf niedrigere Temperaturen. Manche haben sich aber längst umorientiert.
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Harz. Der Winter 2022/2023 fällt bislang mehr durch frühlingshafte Temperaturen als mit Bergen von Schnee auf. Die Skipisten waren nur an einer Handvoll Tagen geöffnet – maximal. Mancher Liftbetreiber sieht angesichts steigender Temperaturen in den Wintermonaten im Skibetrieb nur noch ein Zusatzgeschäft, das mitgenommen wird, wenn das Wetter es erlaubt.
Man muss nicht lange drum herum reden, um die Situation in diesen Tagen zu beschreiben, die Zahlen schildern die Lage treffend. Am Bocksberg in Hahnenklee (726 Meter) fiel die Skisaison bisher komplett aus: Als kurz vor Weihnachten Schnee auf den Pisten lag, stand die Revision an, die Seilbahn wurde überprüft, sie stand also still.
Am Matthias-Schmidt-Berg in St.Andreasberg (663 Meter) liefen die Lifte bisher immerhin an vier Tagen. Auf Torfhaus (rund 800 Meter) war der Rodellift an sechs Tagen in Betrieb, der Skilift aber nur am 17. und am 18. Dezember. Ebenso übersichtlich sah es mit zwei Öffnungstagen am Wurmberg in Braunlage (971 Meter) aus, dem Top-Skigebiet im Landkreis Goslar.
Nur zwei Tage Betrieb

Fabian Brockschmidt
Die Mitarbeiter von Fabian Brockschmidt haben derweil Urlaub genommen oder bauen Überstunden ab, weil es im Moment nichts zu tun gibt. Wer die Wurmberg-Seilbahn anruft, bekommt per Bandansage mitgeteilt, dass alle Anlagen „aufgrund der Wetterlage bis auf Weiteres geschlossen“ sind. Fabian Brockschmidt ist nachdenklich. „Man muss sehen, wo die Reise hingeht“, sagt er mit Blick auf die Zukunft und die unsicherer werdenden Winter. Aber er zeigt sich auch zuversichtlich und betont: „Wir geben nicht auf. Kommende Woche soll es schon wieder kälter werden.“
Eine Transformation

Karsten Otto
Derzeit plant Otto außerdem eine Hängeseilbrücke vom Matthias-Schmidt-Berg zum Beerberg. Otto sagt: „Wir stecken nicht den Kopf in den Sand.“ Der Grund dafür liegt eben in der „Transformation“ am Matthias-Schmidt-Berg: Für Karsten Otto ist das Skigeschäft nicht mehr überlebenswichtig, er sagt: „Geld verdienen wir im Sommer, der Winter ist nur noch ein Zusatzgeschäft.“

Heiko Rataj
Probleme für Lifte
Ob er die Pisten beschneit, das überlegt sich Rataj vor allem wegen drastisch gestiegener Energiepreise gut. Wenn er seine Schneekanonen 24 Stunden laufen lässt, kostet ihn das bis zu 7000 Euro, sagt er.
Auch Fabian Brockschmidt überlegt sich gut, wie lange und auf welchen Pisten er seine Schneekanonen einsetzt, im Dezember hat er nur zwei der 15 Pisten beschneit. Er besorge sich den Strom am Spotmarkt und erfahre erst hinterher, wie teuer er ihn eingekauft habe. „Ich bin vorsichtiger bei der Beschneiung“, sagt er. Wegen der deutlich höheren Kosten in zunehmend unsicheren Wintern hat er kürzlich über einen „Schnei-Cent“ nachgedacht, mit dem sich Gewerbetreibende oder Urlauber an den Kosten für die Beschneiung beteiligen sollen.
Ökologische Gründe
Heiko Rataj vom Bocksberg ist gedanklich schon einen Schritt weiter. Wegen der hohen Kosten, aber auch „aus ökologischen Gründen“ wolle er seine Pisten zunächst nicht mehr beschneien, jedenfalls nicht komplett. Das sei „nicht zeitgemäß“. Denn das Wasser, das er aus dem Grumbacher Teich für die Beschneiung verwende, werde angesichts anhaltender Trockenzeiten im Sommer dringend als Trinkwasser benötigt. Am Wurmberg sehe die Situation anders aus, wegen dessen Nordhänge sei die Schneelage sicherer, und das Wasser kommt aus einem eigens dafür angelegten Teich. In Hahnenklee aber wolle er sich noch stärker darum kümmern, „den Leuten etwas zu bieten, wenn im Winter kein Schnee liegt“.

Holger Körber
Um Kunstschnee und darum, wie teuer und ökologisch vertretbar er ist, muss sich Holger Körber, Betreiber der Liftanlagen auf Torfhaus, nicht den Kopf zerbrechen. Er muss ohne Schneekanonen auskommen. Der Altenauer ist am Dienstag erst mal in den Skiurlaub nach Tirol gefahren, für eine Woche. „Vielleicht ist das Wetter besser, wenn ich zurückkomme“, sagt er.
Körber bleibt gelassen, Kummer ist er schließlich gewohnt. Er erinnert an die vergangenen Jahre und sagt: „2021 hatten wir sieben Wochen Schnee, durften aber wegen Corona nicht öffnen.“ Im vorigen Winter war dann der Liftbetrieb am Skihang eingeschränkt, Körber sagt: „Wir hatten fast fünf Wochen durchgehend Böen mit mehr als50 Stundenkilometern.“ Der Rodellift sei aber „in Ordnung“ gewesen.