Sozialarbeiterin Tsombanis hilft im Alltag in der Fremde

Für eine möglichst gelungene Integration und ein gutes Ankommen der Flüchtlinge sorgt Sozialarbeiterin Marion Tsombanis in Schladen-Werla. Mohamad Alsamahr schätzt ihre Unterstützung sehr. Getroffen hat die GZ die beiden vor drei Monaten an der Tafelausgabestelle, welche die Flüchtlinge mit günstigen Nahrungsmitteln versorgt. Archivfoto: Jambrek
Sozialarbeiterin Marion Tsombanis kümmert sich um 245 Geflüchtete in Schladen-Werla. Neben der Linderung von Alltagssorgen geht es ihr um eine möglichst gute Integration. Die Sprache und das Finden einer Beschäftigung sei der Schlüssel zum Ankommen.
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Schladen. Seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges am 24. Februar vergangenen Jahres mit dem russischen Überfall auf die Ukraine steigen die Flüchtlingszahlen hierzulande und der Betreuungsbedarf wächst. Im Gespräch mit der GZ gibt Marion Tsombanis als Flüchtlingsbetreuerin und Sozialarbeiterin Schladen-Werlas Einblicke in ihre Arbeit. Das Treffen findet an der Schladener Ausgabestelle der Tafel statt, sodass auch das Gespräch mit einigen Flüchtlingen möglich ist.
Insgesamt sind mittlerweile 245 Geflüchtete in Schladen-Werla angekommen, führt Tsombanis aus. Darunter 103 ukrainische und 100 arabisch sprechende Flüchtlinge. Die Gemeinde sei weiter auf der Suche nach Wohnraum, führt Tsombanis aus. Alle Flüchtlinge werden in Schladen-Werla dezentral in Wohnungen untergebracht.
Alltagssorgen im Blick
Tsombanis nimmt die Flüchtlinge jeden Alters auf, die der Gemeinde von der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zugewiesen werden. Die 61-Jährige meldet sie im Bürgerservicebüro an und zeigt ihnen die ihnen zugewiesene Wohnung. Auch um die Erstausstattung mit Möbeln kümmert sich Tsombanis.
Anschließend geht ihre Arbeit erst so richtig los: „Ich gebe etwa Hilfestellung bei den Anträgen für das Jobcenter und für Zuschüsse für Klassenfahrten und Sportvereine“, führt Tsombanis aus. Ihre Arbeit für die Gemeinde Schladen-Werla verrichtet sie bereits seit Februar 2016. Zuvor arbeitete sie lange Zeit in der Hauptstadt Berlin.
Neben ihren administrativen Arbeiten fährt Tsombanis des Öfteren auch zu den Flüchtlingen und deren Familien nach Hause und bespricht, was ihnen im Alltag gerade auf dem Herzen liegt. In Notfällen, etwa wenn der letzte Bus nach Hornburg verpasst wurde oder der Schlüssel verloren wurde, arbeitet sie auch einmal wochenends oder spät am Abend. Tsombanis beschreibt ihre Arbeit folgendermaßen: „Ich hole die Menschen da ab, wo sie gerade stehen und höre ihnen zu.“
Intakte Hilfsstruktur
In der Gemeinde Schladen-Werla gebe es glücklicherweise eine intakte Hilfestruktur: So vergebe die Gemeinde an die Geflüchteten nach Beantragung Gutscheine vom Kinderhilfsfonds, sodass sie sich im Kolpingladen und beim Schuhhaus eindecken können.
Einer der Betreuten ist der 26-jährige Mohamad Alsamahr, der aus Syrien stammt: „Die Tafel ist eine gute Sache, denn ich muss sparen und sorgsam mit dem Geld umgehen“, erläutert Mohamad Alsamahr. Er ist inzwischen ein Jahr und neun Monate in Deutschland. Sein Bruder arbeitet als Pfleger in Potsdam. „Ich bin alleine mit meiner Mutter gekommen“, führt Alsamahr aus.
Sprache und Beruf
„Migration gab es historisch schon immer“, sagt Tsombanis. Die Integration laufe ganz unterschiedlich ab. Während es einigen gleich auf Anhieb gelinge, recht viel und gut deutsch zu sprechen, tun sich andere schwerer damit.
Die Fontheim-Oberärztin Georgia Wendling-Platz wies als Leiterin einer traumazentrierten Psychotherapiestation in Liebenburg zuletzt in einem Interview zum Ukrainekrieg auf Folgendes hin: „Geflüchtete Menschen müssen sich erst einmal in unserem Land orientieren und den täglichen Bedarf des Lebens sichern. Meist sprechen sie nicht unsere Sprache und können aufgrund ihrer berechtigten Sorgen und psychischer Belastung nur langsam Deutsch lernen.“ In gleichem Zusammenhang warnte Wendling-Platz davor, dass die Hoffnung geschürt werde, in ihnen Arbeitskräfte für Branchen mit Fachkräftemangel zu finden, den die Meisten hätten den Wunsch zurückzukehren.
Tafel Schladen: Wachsende Kundenzahl
Nichtsdestotrotz ist ein wichtiges Ziel von Tsombanis die Integration möglichst weitgehend voranzutreiben und für die Menschen möglichst auch eine bezahlte Beschäftigung zu finden. Denn viele Flüchtlinge blieben letztlich oft deutlich länger in Deutschland, als sie zunächst vermutet hatten. Auch Andreas Böhmken als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Süd-Ost-Niedersachsen sprach zuletzt in einem Gespräch zum Fachkräftemangel davon, dass die Integration von Ausländern sowohl den Betrieben als auch den Ausländern und Asylbewerbern helfe, da die berufliche Integration auch die allgemeine Integration begünstige.
Juliane Liersch als ehrenamtliche Leiterin der vom DRK betriebenen Tafel Wolfenbüttel teilt mit, dass an der Schladener Ausgabestelle mittlerweile 120 Abholer registriert seien. Der Anteil der Flüchtlinge unter den allesamt nachweislich bedürftigen Kunden liege in Schladen bei etwa 65 Prozent. Seit dem Ukraine-Krieg habe sich die Zahl der Kunden mehr als verdoppelt. Über einen Aufnahmestopp wolle die Tafel nicht nachdenken, stattdessen werde eben die Ausgabemenge der Lebensmittel gedrosselt. Unter den sieben engagierten Menschen in Schladen befinde sich auch ein brasilianischer ehrenamtlich engagierter Flüchtling.
Humanitäre Pflicht
Zum GZ-Gespräch ist auch Kristina Bartels gekommen. Die 78-Jährige führt gemeinsam mit Angelika Petzold Montag nachmittags von 14 bis 16 Uhr im Schladener DRK-Heim ehrenamtlich Sprachkurse durch und hilft den Flüchtlingen dabei sich besser hierzulande zurecht zu finden und sich zu integrieren. Zur Sozialarbeiterin Tsombanis herrscht ein gutes Verhältnis. Auch Peter Koch vom Kolpingladen Schladen lobt die Zusammenarbeit. Die Bedeutung der Sprache für die Integration sei entscheidend, betont Tsombanis: „Die Sprache ist der Schlüssel zum Ankommen und Ausruhen in einer angespannten Lage“. Auch für Bürgermeister Andreas Memmert ist die Flüchtlingsbetreuung eine Herzensangelegenheit: „Das ist eine humanitäre Verpflichtung, der wir gerne nachkommen“.