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Zu wenig Mitglieder in Goslar

Nach 145 Jahren: Männergesang-Verein Juventa macht Schluss

Prächtige Roben, schöner Gesang und beschwingte Melodien – dafür stand viele Jahre lang das Neujahrskonzert des MGV Juventa im Odeon-Theater und später in der Kaiserpfalz. Archivfoto: Epping

Prächtige Roben, schöner Gesang und beschwingte Melodien – dafür stand viele Jahre lang das Neujahrskonzert des MGV Juventa im Odeon-Theater und später in der Kaiserpfalz. Archivfoto: Epping

Vor 145 Jahren wurde er gegründet, nun hat der verbliebene Vorstand des MGV Juventa, der sich im Lauf der Zeit zum Gemischten Chor entwickelt hatte, die Auflösung des Vereins angemeldet. Zuletzt bestand der Verein noch aus 23 Mitgliedern. 

Von Sabine Kempfer Sonntag, 22.01.2023, 08:00 Uhr

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Goslar. 145 Jahre wurde er alt, der MGV Juventa, der sich in dieser Zeit vom reinen Männergesangverein zum Gemischten Chor entwickelte; doch auch mit den Stimmen der Frauen konnte der Niedergang nicht auf Dauer aufgehalten werden. Schweren Herzens meldete der verbliebene Vorstand die Auflösung des Vereins an, die auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 15. November beschlossen wurde.

Nachdem der MGV Juventa 140 Jahre lang „zu einem festen Bestandteil im kulturellen Leben unserer Stadt geworden“ war, wie Oberbürgermeister Helmut Sander bereits 1977 in der Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Chores bemerkte (damals wurde dem Chor von Bundespräsident Walter Scheel die Zelter-Plakette-verliehen), kam am Schluss alles zusammen: „Wir wurden einfach zu wenig Sängerinnen und Sänger, wir wurden zu alt, und die Stimmen waren nicht mehr gut, wir hatten keinen Chorleiter und keinen Vorsitzenden – so blieb nur die Auflösung“, schrieb Klaus Wachtendorf.

Chorvorsitzender Klaus Wachtendorf am Mikrofon beim Neujahrskonzert in der Kaiserpfalz im Jahr 2017. Archivfoto: Epping

Chorvorsitzender Klaus Wachtendorf am Mikrofon beim Neujahrskonzert in der Kaiserpfalz im Jahr 2017. Archivfoto: Epping

Die Liquidatoren

Im Gespräch mit der GZ, an dem auch Vorstandsmitglied Jochem Börnke teilnahm – mit 71 Jahren das jüngste Chormitglied –, blickte er mit viel Wehmut, aber auch großer Dankbarkeit zurück. „Ich wollte nie der Totengräber des Vereins sein“, sagte er – und nun sei er es irgendwie doch. Wachtendorf, der Hartmuth Pech im Amt des Vorsitzenden nachfolgte, und Börnke (ehemaliger Kassenwart) sind als „Liquidatoren“ eingetragen.

Der Chor bestand zuletzt noch aus 23 Mitgliedern („auf dem Papier“), darunter 15 Frauen und acht Männer, wovon nur ein gutes Dutzend bei den Proben anwesend war. Corona war nicht gerade förderlich: Tod mit Corona, nicht an Corona.

Reiche Erinnerungen

2021 ernennt der MGV Juventa Rolf Gerlach zum Ehrenvorsitzenden. Foto: Privat

2021 ernennt der MGV Juventa Rolf Gerlach zum Ehrenvorsitzenden. Foto: Privat

Spaß gemacht habe es zuletzt immer noch, versichern die beiden Sänger. Zu dem auf drei Personen geschrumpften Vorstand gehörte noch Gabriele Fischer als Schriftführerin. Im April 2022 kam dem Chor dann der Chorleiter (zuletzt Peter Wegener) abhanden, von da an übernahm Wachtendorf auch diese Aufgabe, und sie machte ihm Freude. Auch, wenn der Klang nicht mehr der Alte war: „Es blieb die Geselligkeit“, sagt Wachtendorf, und die „war wunderbar“. Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn zum ersten monatlichen Kaffeetrinken am Dienstag war die Kaffeetafel im „Café am Markt“ voll besetzt. Was bleibt, sind die Erinnerungen. An große Konzerte an unterschiedlichsten Orten, an Chor-Proben (Börnke: „Auf den Dienstag hat man sich gefreut“), an Chor-Patenschaften, Feste (Wachtendorf: „Es war eine schöne Zeit“), den Neujahrstag, der fest für Juventa verbucht war, daran gab’s nichts zu rütteln.

Als das Odeon nicht mehr zur Verfügung stand – es gab eine Zeit, da musste der Chor dort zwei Auftritte am Neujahrstag bestreiten – kam der Wechsel in die Pfalz. Die geniale Idee, den Chorgesang mit Solisten und Solistinnen in schönen Roben, mit Orchestermusik und sogar Tanz zu kombinieren, erwies sich als Erfolgskonzept, das bis zum 40. Konzert das Überleben sicherte. Dass es das letzte werden würde, die Unkenrufe gab es wohl. Einer, den das vielleicht noch mehr schmerzt als andere, ist Rolf Gerlach. Der Name Juventa wird immer mit dem des Ehrenvorsitzenden des MGV verbunden bleiben, der sagt: „Juventa ist mein Leben.“

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