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Mädchen in Salzgitter erstickt

Mord an Anastasia (15): Anklage gegen Freund (14) erhoben

Am Tatort in Salzgitter wurden nach dem Mord an einem 15-jährigen Mädchen Blumen und Kerzen niedergelegt. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Am Tatort in Salzgitter wurden nach dem Mord an einem 15-jährigen Mädchen Blumen und Kerzen niedergelegt. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat Anklage gegen den mutmaßlichen Mörder von Anastasia erhoben. Der 14-Jährige soll am 19. Juni gemeinsam mit einem anderen Jungen die 15-Jährige auf einem verwilderten Grundstück in Salzgitter getötet haben.

Dienstag, 15.11.2022, 15:00 Uhr

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Braunschweig/Salzgitter. Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage gegen den mutmaßlichen Mörder der 15-jährigen Anastasia aus Salzgitter erhoben. Dem 14-Jährigen wird vorgeworfen, am 19. Juni gemeinsam mit einem 13-jährigen das Mädchen heimtückisch getötet zu haben. Der Prozess soll vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Braunschweig verhandelt werden.

Die drei Jugendlichen kannten sich aus der Schule und trafen sich hin und wieder in ihrer Freizeit, um sich zu unterhalten und Spazieren zu gehen. Anastasia sei dem 14-Jährigen liebevoll zugeneigt gewesen und habe in ihm einen vertrauenswürdigen Freund gesehen, der sie mochte, beschreibt die Staatsanwaltschaft die Beziehung. Diese war jedoch einseitig: Die Ermittler sahen aufseiten der beiden Jungen einen tiefen Hass auf die 15-Jährige.

Anklage der Staatsanwaltschaft

Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, planten die beiden Jungen etwa seit Mitte Mai, die 15-Jährige zu töten. Um Anastasia zu ermorden, hätten sich der Angeklagte und der 13-Jährige am Nachmittag des 19. Juni mit ihr zum Kirschenessen auf einem verwilderten Grundstück am Hans-Böckler-Ring im Salzgitteraner Ortsteil Fredenberg verabredet.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 13-Jährige sich ihr nach ihrem Eintreffen unbemerkt von hinten genähert hatte und sie bis zur Bewusstlosigkeit würgte. Anschließend hätten die beiden Jungen Anastasia erstickt und ihre Leiche im Gebüsch versteckt. Den Grund dafür, warum die beiden Jugendlichen die 15-Jährige töteten, konnte, wie aus einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft hervorgeht, noch nicht geklärt werden.

13-Jähriger kann nicht angeklagt werden

Der nicht vorbestrafte 14-jährige befindet sich seit dem 21. Juni in Untersuchungshaft. Der 13-Jährige kann jedoch nicht strafrechtlich verfolt werden, da er zum Zeitpunkt des Mordes nicht strafmündig war. Er war mit Zustimmung der Eltern in eine psychatrische Klinik eingewiesen worden worden. Ob und welche erziehungsrechtlichen Maßnahmen gegen ihn getroffen werden, liegt in der Zuständigkeit des Jugendamtes. Die Behörde der Stadt Salzgitter hatte rasch nach einem Weg gesucht, den 13-Jährigen unterzubringen. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Junge Unterstützung benötigt“, sagt Salzgitters Jugenddezernent Dirk Härdrich. Zudem sei es wichtig, „dass er erstmal in eine geschlossene Einrichtung kommt“. Zum eigenen Schutz und dem Dritter. „Vielleicht besteht so die Chance, dass dieser junge Mensch nicht für den Rest seines Lebens aus dem Ruder läuft“, sagte Härdrich. „Auch wenn das angesichts der schrecklichen Tatvorwürfe eine emotionale Gratwanderung darstellt. Denn auch die 15-Jährige hatte ihr Leben vor sich. Doch wir müssen ihm Hilfe geben, damit so etwas nie wieder passiert.“

Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen und entfachte eine Diskussion darüber, ob das Alter für die Strafmündigkeit bei uns von 14 auf 12 Jahre gesenkt werden sollte.

Eine Mitarbeiterin der Spurensicherung am Tatort in Salzgitter.

Eine Mitarbeiterin der Spurensicherung am Tatort in Salzgitter.

Was war passiert?

Das Verschwinden von Anastasia war ihren Angehörigen aufgefallen, als sie am 19. Juni nicht zur verabredeten Zeit nach Hause kam. Gegen 18 Uhr sah man sie noch an ihrer Schule in dem Viertel. Danach verlor sich ihre Spur.

Auf einer Grünfläche fand die Polizei am Dienstag den leblosen Körper des Mädchens. Grafik: Jürgen Runo

Auf einer Grünfläche fand die Polizei am Dienstag den leblosen Körper des Mädchens. Grafik: Jürgen Runo

Die Polizei hatte mit einem Großaufgebot nach der 15-jährigen Schülerin gesucht und auch das Aussehen des Mädchens öffentlich beschrieben – in der Hoffnung, dass jemand die Teenagerin gesehen hätte und Hinweise geben könne. Eine Drohne und Mantrailerhunde waren ebenfalls im Einsatz gewesen. Mit etwa 50 Beamten hatte die Bereitschaftspolizei zuletzt nahezu im Dauereinsatz das Wohngebiet nach dem Mädchen durchkämmt gehabt.

Am 21. Juni entdeckte die Polizei dann die Leiche von Anastasia auf einer Grünfläche. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Christian Wolters, sagte: „Die beiden Tatverdächtigen konnten schnell ermittelt werden, es gibt einen dringenden Tatverdacht. Das schwierigste Stück der Ermittlungen ist damit geschafft.“ Man konzentriere sich nun darauf, das Motiv für den Mord genauer zu ergründen und die Frage zu klären, wie Anastasia starb.

Kerzen, Blumen und Figuren am Fundort der Leiche in Salzgitter. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Kerzen, Blumen und Figuren am Fundort der Leiche in Salzgitter. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Wut und Trauer in Salzgitter

Kerzen, Blumen und Figuren zum Gedenken an eine getötete 15-jährige liegen an einem Tatort an einer Grünfläche am Hans-Böckler-Ring. Foto: dpa

Kerzen, Blumen und Figuren zum Gedenken an eine getötete 15-jährige liegen an einem Tatort an einer Grünfläche am Hans-Böckler-Ring. Foto: dpa

Auch Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel hatte sich zu Wort gemeldet: „Wir alle sind schockiert und entsetzt über den Tod der 15-jährigen Schülerin. Ich verurteile dieses grausame und kaltblütige Verbrechen aufs Schärfste. Unser aller Mitgefühl gilt der Familie, den Freundinnen und Freunden des Opfers. In den schwersten Stunden Ihres Lebens sind unsere Gedanken bei Ihnen.“ An der Schule des Mädchens und in ihrem Wohnviertel herrschte große Betroffenheit. „Die Nachricht hat uns das Herz zerrissen“, stand auf einem der Briefe, die nebst Blumen und Kerzen nahe des Fundorts der Leiche abgelegt worden waren.

Die Reaktionen auf den Tod des Mädchens schwanken zwischen Wut und Anteilnahme. Ein Mob wütete vor allem im Netz, aber auch im betroffenen Viertel von Salzgitter war die Stimmung angespannt: Fotos und Adressen der Tatverdächtigen waren in den Sozialen Netzwerken verbreitet worden und auch Unbeteiligte gerieten in den Fokus. Die Polizei versuchte, Gerüchte zur Tat einzudämmen. So wäre beispielsweise ein Foto in sozialen Medien kursiert, das einen völlig Unbeteiligten zeigte, teilte Mathias Pintak Sprecher der Polizei Salzgitter mit. Ein Präventionsteam sollte falsche Verdächtigungen eindämmen und möglicherweise Betroffene schützen. Die Polizei Salzgitter befürchtete Selbstjustiz.

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