Mehrzweckhalle in Oker: Sanierung für fast zehn Millionen Euro

Die Okeraner Mehrzweckhalle stammt aus den 1970er Jahren. Foto: Epping
Ergibt es wirklich Sinn, die mehr als ein halbes Jahrhundert alte Mehrzweckhalle für fast zehn Millionen Euro zu sanieren? Die Politik ist mehrheitlich dafür. Der Okeraner Elektromeister Thomas Hülsmann machte seinem Ärger Luft.
Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!
Oker. „Das ist eine einzige Farce“, sagte Hülsmann. Er forderte einen Abriss und Neubau: „Sonst wird das ein Fass ohne Boden.“ Ob der energiegeladene Elektromeister am Ende recht behält? Nach einer anderthalbstündigen Sitzung des Fachausschusses für Sicherheit, Ordnung und Sport sorgte er in der Vorwoche während der zweiten Einwohner-Fragestunde zumindest für einen spektakulären Schlusspunkt.
Durchnässte Fundamente, das geplante Verwenden von Opferputz bei der Sanierung und aktuell im Boden verankerte Reckstangen, die nicht benutzt werden dürfen, weil sie an den Enden verrostet seien: Handwerker Hülsmann wunderte sich schon, mit welchem Zauberstab irgendjemand dieses Gebäude noch einmal ertüchtigen wolle. Angefangen hatte die Diskussion mit einem kleinen Scherz. Oker-Genosse Erol Gültepe riet zum sofortigen Abstimmen der Vorlage ohne Diskussion, was ihm einen knurrigen Konter des Jürgenohler Christdemokraten Claus Roschanski einbrachte: „Das wüsste ich aber.“ Dazu aber später.
3,4 Millionen Euro kommen als Fördergeld vom Bund
Wie berichtet sind 9,26 Millionen Euro aufgerufen, um die Halle grundhaft zu sanieren und einen weiteren Mehrzweckbereich anzubauen, über den das barrierefreie Erreichen beider Geschosse gewährleistet wird. Das schon ewig nicht mehr genutzte Lehrschwimmbecken und das Hausmeister-Wohnhaus sollen verschwinden. Der Bund zahlt die im Frühjahr zugesagten knapp 3,4 Millionen Euro an Fördergeld. Seitdem ist aber viel Wasser die Oker hinabgeflossen, Bausummen dagegen hinaufgeschossen.

Wer kennt noch das alte Lehrschwimmbecken (Bild links)? In einer irgendwann sanierten Okeraner Mehrzweckhalle hat es jedenfalls keinen Platz mehr. Foto: GZ-Archiv
Am Anfang ist zumindest ein Puffer von 20 Prozent zusätzlich zum Baukostenindex eingepreist, erklärte Heinrich auf Nachfrage von Dirk Straten (AfD). Für den Okeraner Torsten Röpke (SPD) ergibt sich jedenfalls ein „toller Kompromiss“, mit dem Oker und seine Vereine „sehr glücklich“ sein könnten.
Halle als Hindernis für den Ausbau der Grundschule?
Weit skeptischer zeigte sich der schon lange in Sudmerberg lebende Ur-Okeraner Rüdiger Wohltmann. Er wies auf den nicht ausgelasteten Bürgertreff hin, sah keinen Bedarf für zusätzliche Mehrzweckräume, warnte vor den Folgekosten und argwöhnte, die Halle könnte der Schule zum Hindernis werden, wenn sie ihr beim Ausbau Entwicklungsflächen versperre. Und Geld spare man durch die Förderung vielleicht nur am Anfang und müsse bei der Schule später obendrauf legen. „Am Ende wäre das ein Nullsummenspiel – aber bei der Schule geht es ja immer noch nicht voran“, unkte der Linken-Ratsherr.
Immerhin: Für die nächste – freilich nicht öffentliche – Sitzung der Arbeitsgruppe Schulentwicklungsplanung kündigte Busse einen „ersten Aufschlag“ für die Planungen an. Der Termin ist aber auch erst nach den Osterferien am 19. April. Die Summe von 1,2 Millionen eingesparter Euros durch Einschmelzen der Hallen-Pläne erfragte der Grüne Holger Fenker noch von GGM-Leiter Heinrich, ehe sich die Christdemokraten in ihren unterschiedlichen Positionen sortierten.
„Billiger wird es nicht“: Schecke will Vorstoß in Bund und Land
Den offiziellen Kurs vertrat Fraktionschef Norbert Schecke, der aus eigenen Hahndorfer Hallen-Erfahrungen nur raten konnte: „Es bringt nichts zu warten, billiger wird es nicht.“ Das GGM sei vorbildlich immer im Austausch mit den Nutzern gewesen. Gleichwohl bedürfe es endlich einmal eines energischen Vorstoßes auf Landes- und Bundesebene, dass Fördermittel anteilig auch mit den realen Baukosten steigen sollten, wiederholte Schecke einen eigenen Vorschlag von früher. Die Kommunen dürften bei den langen Vorlaufzeiten für Bauprojekte nicht alleingelassen werden, wenn Preise durch die Decke gingen.
Aber wo genau ist die Grenze erreicht, an der der Rat in Oker aussteigt? Das – inzwischen im Siemensviertel wohnende – Jürgenohler Sprachrohr Roschanski wollte Zahlen hören. Hatte die Politik nicht gerade erst einen Kreisel gestrichen und das Bürgerzentrum im einwohnerstärksten Goslar-Teil in Frage gestellt, weil andere Dinge teurer wurden? „Und für den Marktplatz liegt auch noch kein Auftrag vor“, nörgelte Roschanski.
Bei zwei Enthaltungen geht die Sache durch
Schecke versuchte, Roschanski wieder einzufangen, indem er vor einem Aufrechnen warnte, was wann in welchem Stadtteil passiere. Und in Jürgenohl werde ja gebaut – unter anderem ein Jugendplatz. „Zu Lebzeiten?“, frotzelte Roschanski und enthielt sich später genauso wie Fenker bei der Abstimmung. Fünf SPD- und zwei CDU-Stimmen sorgten aber für ein einmütiges Ergebnis. Der Rat entscheidet endgültig am 28.Februar über die Halle.
Es sei noch erwähnt: Ausschusschef Manfred Dieber berichtete von früheren Gesamt-Vienenburger riesigen Ängsten, bei einer Eingemeindung durch das große Goslar am Ende entgegen allen Beteuerungen vielleicht doch hinten runterzufallen. „Es ist genau anders herum gekommen“, lächelte der Lochtumer listig. „Das darf auch gern zitiert werden“, riet Schecke, wobei unklar blieb, ob im Protokoll, in der GZ oder gegebenenfalls von der Politik selbst in späteren Etat-Beratungen.