Luchs-Ansiedlung: Verschwinden die Rehe aus dem Nordharz?

Sind solch imposante Anblicke künftig immer seltener zu genießen? Aktuelle Zahlen zum Rehbestand in Lutter und Umgebung stehen noch aus und werden im März erwartet. Archivfoto: Biener
Gibt es immer weniger Rehe bei Lutter? Diese Beobachtung hat zumindest Lothar Biener gemacht. Die GZ hat sich umgehört, wie es um den Bestand der Rehe im Raum Lutter steht und sich erkundigt, ob es etwas mit den Luchspopulationen zu tun haben könnte.
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Lutter. Mindestens einmal pro Woche ist der Lutteraner Lothar Biener mit seinem Fahrrad im Nordharz in der weiten Natur unterwegs und beobachtet dabei die Tierwelt. Sehr oft ist er dabei bereits früh morgens unterwegs. In dieser Zeit laufen dem Hobbyfotografen immer wieder verschiedenste Wildtiere vor Linse. Zuletzt sei ihm allerdings aufgefallen, dass er vor allem in der Umgebung von Lutter immer seltener Rehe zu Gesicht bekommt. Aufgrund dieser Beobachtung wandte er sich an die GZ und bat um Hilfe bei der Aufklärung.
Keine aktuellen Zahlen
Der Jagdbehörde des Landkreises Goslar liegen, laut Sprecher Maximilian Strache, bislang lediglich die Abschusszahlen bis ins Jahr 2021 hinein vor. Die Zahlen für das vergangene Jahr werden derzeit noch ausgewertet und sollen im Laufe des kommenden Monats bekannt gegeben werden.
„Aus den Abschusszahlen lassen sich tendenziell auch Annahmen zum gesamten Bestand aktuell treffen“, sagt der Landkreissprecher. Wenn auch nur bedingt. Aus der Antwort des Landkreises bezüglich des Rehbestandes geht jedenfalls hervor, dass im Jagdjahr 2008/2009 insgesamt 1857 männliche und weibliche Rehwildtiere geschossen wurden. Im Jahr 2021/2022 seien es 1812 Tiere gewesen. Die geringsten Abschussraten habe es im Jahr 2011/2012 mit 1578 Tieren und im Jagdjahr 2019/2020 mit 1507 Tieren gegeben. Ungefähr die Hälfte der geschossenen Tiere verteilt sich über die Jahre hinweg jeweils auf Böcke und Bockkitze als männliche Tiere sowie weibliches Rehwild.
Luchse und Rehe
Strache zieht aus Sicht des Landkreises folgendes Fazit zum Rehbestand: „Allgemein kann mit Blick auf diese Zahlen (Anm. der Redaktion: Jagdjahr 2008/2009 bis 2021/2022) die Aussage getroffen werden, dass der Bestand des Rehwildes durch die Ansiedlung und Verbreitung des Luchses zunächst rückläufig war. Der Bestand hat sich jedoch wieder erholt und stabilisiert.“ Außerdem habe die Ansiedlung und Ausbreitung des Luchses auch zu einer Verhaltensänderung beim Rehwild geführt, sodass es in seinem Verhalten nun vorsichtiger auftrete und damit auch weniger, für Naturbegeisterte oder aber auch Jäger zu sehen sei. Wilfried Henze geht für die Revierförsterei Langelsheim davon aus, dass der Rehbestand über die vergangenen 20 Jahre in etwa konstant geblieben sei. Allerdings ist er nicht für den Bereich Lutter nicht zuständig.
Die dort zuständige Revierförsterin Patricia Biniara schildert, dass der Rehbestand ihrem Eindruck nach in den vergangenen Jahren in etwa gleich geblieben sei.
Massiver Rückgang?
Zum Rehbestand in der Region bezog außerdem Wolfgang Moldehn als 1. Vorsitzender der Nabu Kreisgruppe Goslar Stellung. Seinem Eindruck nach ist der Rehbestand rückläufig, was mit dem Luchs und den Abschüssen durch Jäger zusammenhänge. Gleichzeitig gelte es in der Praxis letztlich zwischen den Belangen der Tiere, wie etwa der Rehe, und denen der Pflanzen – hier die neu gepflanzten Bäume abzuwägen.
Dem Eindruck von Forstbesitzer Alexander Graf von Hardenberg aus Ostlutter nach, der rund 500 Hektar Wald und landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet, ist der Rehbestand zuletzt „massiv zurückgegangen“. Vergangenes Jahr habe er deshalb deutlich weniger Tiere erlegen können und den Abschussplan nicht in Gänze erfüllen können.
Mufflons verschwinden nicht
Im Vergleich zu den Mufflons allerdings sei der Rehbestand, Graf von Hardenberg zufolge, aber deutlich beständiger, auch weil die Tiere, anders als die Mufflons, einen vererbten Fluchtreflex besitzen und sich besser in der Landschaft zu verstecken wissen. Ein völliges Verschwinden der Rehe drohe Hardenberg zufolge nicht.