„Lausestadt“ und Logesschule – Weitere Ahrens-Rätsel sind gelöst

Gab es vor dem 1963er Winter-Bericht in der VW-Transporter-Illustrierten „Flotter Transport“ schon einmal eine Sommer Variante? Im Jahr 1959 schoss Herbert Ahrens mehrere Fotoserien, in deren Fokus ein VW-Bus, Loges-Schülerinnen und der Harz stehen. Fotos: Ahrens-Archiv
Rund 500.000 Bilder im neuen Harz-History-Foto-Archiv stammen allein vom verstorbenen Bad Harzburger Herbert Ahrens. Viele davon sind unbeschriftet und geben Rätsel auf. Dank Schwarmwissens konnten jetzt wieder einige dieser Rätsel gelöst werden.
Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!
Bad Harzburg. Die Helfer im Ahrens-Fotoarchiv der Bad-Harzburg-Stiftung kommen schon fast gar nicht mehr nach: Zwei GZ-Artikel zu Fotos, die Rätsel aufgaben, sorgten für eine Springflut an Informationen. Und parallel werden dem Archiv immer mehr zeitgeschichtliche Fotos aus Sammlungen offeriert.
Dass die Auswertung des „Schwarm-Wissens“ mehr Zeit in Anspruch nimmt, habe auch mit der steigenden Qualität der Informationen zu tun, teilt die Harzburg-Stiftung mit. In vielen Fällen würden alte Zeitungsartikel oder auch Fotos als Belege beigefügt. Das helfe zwar bei der Einordnung, koste bei der Auswertung aber eben auch Zeit.
Definitiv geklärt sein dürfte mittlerweile der „Klippen-Krimi“ mit den zwei jungen Damen: Friedrich-A. Linke schrieb dazu: „Sie stehen auf den Ahrendsberger Klippen, einem früher bekannten, heute abseits liegendem Aussichtspunkt oberhalb von Romkerhall. Der Bergrücken im Hintergrund ist der Kahberg, darunter liegt das Okertal“. Die Angaben korrespondieren mit weiteren Ahrens-Fotos, die den Blick ins Okertal auf Romkerhall zeigen.

Jetzt ist klar, wo diese beiden Damen genau stehen.
Teil einer Illustrierten
Klarheit herrscht nun auch über den Platz, auf dem sich Jagdreiter tummeln: Es handelt sich um den Alten Kastanienhof der Familie Polensky in Westerode. Der Reitplatz existiert noch heute. Christoph Breustedt, Vorsitzender der Gesellschaft für Jagdreiterei Reiterverein Westerode, erinnert daran, dass hier in den 1970er Jahren die Westeröder Jagdwoche gestartet wurde.

Christoph Breustedt, Vorsitzender der Gesellschaft für Jagdreiterei, erinnert zum Bild des Reitplatzes auf dem Alten Kastanienhof der Familie Polensky an die „Westeröder Jagdwoche“ in den 1970er Jahren.
Gleich mehrere Antworten auf einen Streich konnte Christina Niemeyer aus Döhren beisteuern, indem sie Seiten der Ausgabe I/1963 der VW-Transporter-Illustrierten „Flotter Transport“ beilegte. Sowohl bei den Skifahrerinnen wie bei den Gymnastikdamen handelt es sich um Schülerinnen der Loges-Schule, die im Artikel „Mit VW in den Wintersport-Schnee“ porträtiert wurde.

Der Artikel der Ausgabe I/1963 der VW-Transporter-Illustrierten „Flotter Transport“, den Christina Niemeyer beisteuerte, klärt mit einem Bericht über die Loges-Schule gleich mehrere Foto-Rätsel auf – von den Gymnastikdamen im Saal bis zu den Skischülerinnen. Die werden, so Elisabeth Reichert, von „Frau Walter auf Torfhaus“ unterrichtet.
Und weil in der Region noch mehr Ex-Schülerinnen wie die Bad Harzburger Physiotherapeutin Sabine Klein aktiv sind, gingen zu der Schule viele Informationen und sogar Fotoangebote wie von Christiane Lux aus Langelsheim ein. Vermutlich hat es zu dem 1963er-Artikel ein sommerliches Pendant gegeben, denn aus dem Jahr 1959 liegen viele Fotos von Loges-Schülerinnen vor, die mit einem VW-Bus auf Harzrundreise sind.
Sozusagen aus erster Quelle konnte das Rätsel um die festliche Weihnachtsgesellschaft mit dem Musiker-Quartett um den Weihnachtsbaum gelöst werden. Das Bild entstand im Speisesaal des Sanatoriums am Burgberg. „Das Quartett setzt sich aus den beiden damaligen Medizinern des Hauses Dr. Fudalla und Dr. Niessner, unterstützt von deren beiden älteren Söhnen, zusammen“, schreibt Lothar Niessner, dessen Bruder Wolfgang der Cellist ist.

Und welche Festgesellschaft speist hier mit musikalischer Begleitung unterm Weihnachtsbaum?
Archivar löst auf
Dass die Kommunikation im „Harz-History“-Netzwerk ausbaufähig ist, verdeutlichte auch das Ahrens-Repro von einem „unbekannten“ Bahnhof. Den erkannte nicht allein Mitstreiter Harry Plaster auf Anhieb als einen der Vorläufer des heutigen Bad Harzburger Bahnhofs und fügte Fotos aus seinem Archiv bei.

Das Ahrens-Repro zeigt den Bad Harzburger Bahnhof um 1890. Sammler Harry Plaster steuert ein Belegfoto des Bahnhofshotels um 1903 bei.
Angelika Miska aus Schladen zitiert eine Bildunterschrift aus dem „Streckenbuch 4“ ihres Mannes Gerald Miska: „Gleisseitige Ansicht in einer Aufnahme der TU-Bibliothek Braunschweig um 1890. Die hohe Mauer des Hausbahnsteigs blieb erhalten – aus dem Bahnsteiggleis wurde nach Umbau der Anlage das spätere Güterzuggleis 7. Das Empfangsgebäude wurde abgerissen.“
Hans-Herrmann Wedekind aus Bad Harzburg rundete die Infos rund um die Bahnhofsgeschichte der Kurstadt mit einer Liedzeile ab, die heute angesichts stehender Bahnhofsuhren nachdenklich stimmen kann: „Harzburg ist ’ne Lausestadt, weil es keinen Bahnhof hat, jumheidi, jumheida“. red