Goslars Galeria-Mitarbeiter werden heute über Lage informiert

Steht die Goslarer Karstadt-Filiale vor dem Aus? Noch gibt es keine Informationen über eine konkrete Streichliste. Foto: Bode
Galeria-Karstadt-Kaufhof befindet sich erneut im Insolvenzverfahren. Ein Drittel der 131 verbliebenen Warenhäuser soll geschlossen werden. Mitarbeitern droht die Entlassung. Heute informiert die Goslarer Filialgeschäftsführung über die Situation.
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Der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Konzern hat angesichts der Konsumflaute und der hohen Energiepreise nun bereits zum zweiten Mal Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht und angekündigt, mindestens ein Drittel seiner verbliebenen 131 Warenhäuser zu schließen. Dabei seien betriebsbedingte Kündigungen unvermeidbar. Unternehmenschef Miguel Müllenbach schrieb in einem Mitarbeiterbrief, das Unternehmen müsse sich von jenen Filialen trennen, die angesichts der Konsumflaute, der Inflation und der Energiekosten „auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind“. Nur so lasse sich ein endgültiges Scheitern des Unternehmens verhindern.
Der Betriebsratsvorsitzende der Goslarer Karstadt-Filiale, Fred Meyer, erklärte gegenüber der Goslarschen Zeitung, dass die hiesigen Mitarbeiter noch heute von der Filialgeschäftsführung über die wirtschaftliche Situation informiert würden. „Dabei geht es aber eher um grundsätzliche Dinge und nicht um einzelne Standorte“, sagte Meyer. Er hat selbst noch keine konkreten Informationen, ob Goslar auf einer Streichliste steht oder nicht.
Verdi: Möglichst jeden Arbeitsplatz erhalten
Die Gewerkschaft Verdi will um die Arbeitsplätze bei Deutschlands letzter großer Warenhauskette kämpfen. „Für uns geht es jetzt darum, möglichst jeden Arbeitsplatz zu erhalten“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Montagabend. Nutzenberger forderte ein größeres Engagement des Galeria-Eigentümers, des österreichischen Immobilienmilliardärs René Benko, zur Rettung des Unternehmens. „Unsere Kolleginnen und Kollegen in den 131 Warenhäusern fragen sich, wo der Eigentümer ist in dieser existenziell höchst bedrohlichen Situation für 17.400 Menschen und ihre Familien.“ Es müsse jetzt zusätzliches Geld ins Unternehmen. „Da gibt es klare Erwartungen an den Eigentümer.“ Die Konzernführung müsse ein brauchbares Zukunftskonzept präsentieren. „Die Beschäftigten haben viele konkrete Vorschläge für eine erfolgreiche Zukunft gemacht, die im Management wenig Gehör gefunden haben“, sagte Nutzenberger. Verdi habe die Unternehmensleitung aufgefordert, umgehend in Verhandlungen einzutreten.
Weitere Finanzhilfen oder erneute Insolvenz
Vor dem Gang zum Insolvenzgericht hatte Galeria noch versucht, mit der Bundesregierung über weitere Finanzhilfen zu verhandeln. Doch dabei sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass dies kein Lösung sei, sagte Müllenbach. „Dauerhafte staatliche Darlehen können hier nicht die Lösung sein, sondern es bedarf eines klaren Schnitts hin zu wirtschaftlich tragfähigen Strukturen.“
Ob der Standort Goslar ein Teil dieser tragfähigen Struktur sein wird, ist noch unklar. Schon im Jahr 2020 hatte das Warenhaus auf der Streichliste des Konzerns gestanden – zusammen mit einer Handvoll anderer Häuser war der Standort „in letzter Sekunde“ gerettet worden.
Bei der nun angestrebten Insolvenzvariante, die auf Sanierung ausgerichtet ist, übernimmt ein gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung, während die Unternehmensführung die Kontrolle behält, aber von einem externen Sanierungsexperten beraten wird. Der Restrukturierer Arndt Geiwitz soll demnach die operative Sanierung leiten. Nach Informationen der „Wirtschaftswoche“ soll der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus bei Galeria die vorläufige Sachwaltung übernehmen. Schon im Frühjahr 2020 waren die beiden Experten in gleicher Position beim ersten Schutzschirmverfahren im Einsatz. Damals wurden rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen.
Bisherige Einschnitte gingen nicht tief genug
Dennoch urteilte der Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms im Rückblick: „Bei der Galeria-Insolvenz im Jahr 2020 gingen die Einschnitte nicht tief genug.“ Der politische Wille und die Sorge um die Lebensfähigkeit vieler Innenstädte bei einer Schließung der Warenhäuser, aber auch die Interessen von Eigentümer Signa hätten das damals verhindert. „Das Warenhaus hat eine Daseinsberechtigung, aber es benötigt ein großes Einzugsgebiet. Darum ist nur Platz für 50 bis 60 Filialen in Deutschland, nicht für alle 131 Galeria-Kaufhäuser“, sagte Funder. Eine aktuelle Analyse der „Immobilienzeitung“ kommt sogar zu dem Ergebnis, dass wohl nur 30 von 131 Filialen eine sichere Perspektive haben. Alle anderen müssten bangen.