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Thema beim Harzforum

Braunlage: Hotelkonzept ohne Fernsehen und W-Lan

Judith Stradner erklärt beim Harzforum im Rodelhaus in einem emotionalen Vortrag ihr Urlaubs- und ihr Speisenkonzept, das sich deutlich abhebt. Fotos: Eggers

Judith Stradner erklärt beim Harzforum im Rodelhaus in einem emotionalen Vortrag ihr Urlaubs- und ihr Speisenkonzept, das sich deutlich abhebt. Fotos: Eggers

Ein Konzept mit Slow-Food, Zutaten nur aus der Nähe und möglichst Bio sowie im Hotelbetrieb kein W-Lan und keinen Fernseher: Judith Stradner stellte am Mittwoch beim Harzforum ihren Entwurf für ein Ausflugslokal vor, das sie im Rodelhaus umsetzt.

Von Michael Eggers Donnerstag, 16.03.2023, 06:00 Uhr

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Braunlage. Waldgaststätten und speziell das Rodelhaus in Braunlage haben es derzeit schwer. Um erfolgreich zu sein, muss man sich schon irgendwie abheben. In einem emotionalen Vortrag erklärte die Betreiberin des Rodelhauses, Judith Stradner, gestern beim Harzforum, warum sie deshalb in ihrem Restaurant sogenanntes Slow-Food anbietet und warum es bei ihr kein W-Lan, keinen Fernseher und kein Radio gibt.

Vor etwa 30 Unternehmern und Kommunalpolitikern berichtete die gebürtige Schleswig-Holsteinerin, dass sie ihre Waren, ihren Müll und viele andere Dinge selbst transportieren müsse. „Ich habe es da schon deutlich schwerer als meine Kollegen in der Stadt“, meinte sie. Zudem sei das Rodelhaus ein Hotel und eine Gaststätte auf halber Höhe. „Die meisten gehen zum Wurmberg hinauf“, sagte sie. Und anders als in den Alpen gehe man von Braunlage zum Rodelhaus gerade einmal eine halbe Stunde und dann noch mal eine weitere halbe Stunde hinauf zum Wurmberg.

85 Prozent Stammgäste

Damit die Gäste dennoch kommen, setzt Judith Stradner auf Produkte aus der Umgebung. Nahezu alle Waren kauft sie bei Landwirten oder anderen Betrieben in der Umgebung, meist in Bio-Qualität. „Und wenn das wie beim Kaffee mal nicht geht, achte ich aber darauf, dass er fair gehandelt wird.“

Erfolgreich ist auch ihr Übernachtungskonzept. „Ich habe 39 Betten“, sagte die Hôtelière. „Und es gibt bei uns kein W-Lan, kein Fernsehen, ja noch nicht einmal einen Parkplatz direkt am Rodelhaus“, erklärte sie. Die Urlauber müssten ihr Gepäck mühsam mehrere Hundert Meter vom Parkplatz, den es noch einigermaßen in der Nähe gebe, zur Unterkunft bringen. „Bei strömendem Regen und Sturm ist das kein Vergnügen“, sagte sie.

Das Rodelhaus in Braunlage: In einem emotionalen Vortrag erklärte die Betreiberin Judith Stradner, warum sie deshalb in ihrem Restaurant sogenanntes Slow-Food anbietet und warum es bei ihr kein W-Lan, keinen Fernseher und kein Radio gibt.

Das Rodelhaus in Braunlage: In einem emotionalen Vortrag erklärte die Betreiberin Judith Stradner, warum sie deshalb in ihrem Restaurant sogenanntes Slow-Food anbietet und warum es bei ihr kein W-Lan, keinen Fernseher und kein Radio gibt.

Dennoch habe sie im Hotelbereich 85 Prozent Stammgäste, betonte Judith Stradner. Vor allem Familien würden es genießen, gemeinsam zu reden, zu spielen oder die tolle Aussicht zu bewundern, selbst die Kinder, die anfangs noch schimpften, wenn es kein W-Lan gebe.

Viel Zeit bringen Judith Stradner und ihr Personal auch damit zu, den Leuten den Weg zum Gipfel zu erklären („kein Berg im Harz ist so schlecht ausgeschildert, wie der Wurmberg“) und warum der Wald weg ist. „Das ist schon anstrengend“, meinte sie. „Warum können Nationalpark und Landesforsten das den Gästen nicht vernünftig erklären, sodass wir nicht diese Aufgabe so oft übernehmen müssen“, fragte sich die Hôtelière, die sich zudem mehr Unterstützung aus der Politik wünschte.

Ausschilderung startet

Judith Stradner kritisierte, dass es schwer geworden sei, Personal zu finden. Sie arbeite oft von morgens 6.30 Uhr bis 22 Uhr, manchmal gar bis nach Mitternacht, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Weiter ärgere sie sich über die Preissprünge bei Energiekosten oder den Produkten, die sie verarbeite.

Bürgermeister Wolfgang Langer kündigte an, dass der Harzklub demnächst damit beginne, den Wurmberg besser auszuschildern. Die Hinweistafeln würden künftig auch nicht an Bäumen befestigt, im sondern an extra zu setzenden Holzpfosten. Zudem wies er darauf hin, dass in Braunlage am 19. April im Landhaus „Foresta“ zum Tourismus-Dialog eingeladen werde, wo über diese Punkte gesprochen werden könne. Wolfgang Langer bedauerte, dass es keine Vertretung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes mehr in Braunlage gebe, der eigentlich die Interessen der Hotel- und Gaststättenbetreiber vertreten müsste.

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