Berufsorientierung in Clausthal-Zellerfeld: So gelingt ein guter erster Eindruck

In einigen Berufen gehören Anzug und Krawatten noch immer zum guten Ton. Symbolfoto: Unsplash
Sollte ein Fitnesstrainer zum Bewerbungsgespräch in Sportklamotten auftauchen, und gehören bei der Bank noch immer Anzug und Krawatte dazu? Beim Bewerbungstraining in der Robert-Koch-Schule gehen die Meinungen auseinander. Mark Reimann von der „Allianz für die Region“ hat eine Antwort darauf.
Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!
Clausthal-Zellerfeld. Die „Allianz für die Region“ ist der regionale Zusammenschluss von Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. An der Robert-Koch-Schule stehen bei den Elftklässlern im Januar Praktika an. Zum Einstieg in die Berufsorientierung sollen die Mädchen und Jungen erzählen, in welche Arbeit sie hineinschnuppern.
Antonia ist glücklich mit ihrem Platz, sie möchte später Zahnmedizin studieren und macht ihr Praktikum jetzt bei einem Zahnarzt in Clausthal-Zellerfeld. Tim kann sich vorstellen, später Jura zu studieren. Er begleitet daher eine Anwältin in ihrem Berufsalltag. Manchmal weicht der Praktikumsplatz auch von den eigentlichen Berufswünschen ab, bei Magdalena zum Beispiel. Sie möchte gern Psychologie studieren. Weil es rechtlich aber nicht erlaubt sei, unter 18 Jahren dort ein Praktikum zu absolvieren, hat sie sich für eine Ergotherapie-Praxis entschieden.
In dem Gespräch wird deutlich, dass die Jugendlichen schon eine grobe Richtung haben, die sie beruflich einschlagen wollen. Häufig schwanken sie aber zwischen einem Studium oder einer Ausbildung. Der Experte für Berufsorientierung gibt ihnen mit auf den Weg, sich nicht allzu sehr von der Gesellschaft unter Druck setzen zu lassen. Laut einer Studie, aus der Reimann zitiert, arbeiten Dreiviertel der Menschen, die heute in Rente gehen, nicht mehr in dem Beruf, den sie gelernt haben. Es gibt also viele Gelegenheiten, eine einst getroffene Entscheidung zu korrigieren, so Reimann.

Die Elftklässler der Robert-Koch-Schule sprechen über Berufsorientierung. Foto: Knoke
Jetzt heißt es für die Jugendlichen, dass sie in die Rolle der Chefin oder des Chefs schlüpfen dürfen: Sie sollen aufschreiben, was sie von ihrem zukünftigen Arbeitnehmer erwarten. Vorwissen, Motivation, Zielstrebigkeit sind häufig genannte Eigenschaften. Mit Punkten wie Humor und Selbstbewusstsein gehen nicht alle Schüler mit. Was würden die Charakteristika bringen, wenn die Arbeiter keine Ahnung von dem haben, was sie tun? „Dann gehen sie wenigstens selbstbewusst ins Verderben“, scherzt Reimann.
Nach Einschätzungen der Schüler spielen die Wahl der Kleidung sowie das äußere Erscheinungsbild eine immense Rolle. Der Spruch „Kleider machen Leute“ ist laut dem Berufscoach zwar alt, aber noch immer aktuell. Denn die Art, sich zu kleiden, habe Auswirkungen auf den ersten Eindruck. „Für den ersten Eindruck bleiben nur zehn Sekunden Zeit. Und diesen wieder zu korrigieren, ist sehr schwer“, erklärt Reimann. Viele der Schüler sind sich daraufhin einig, dass eine Jogginghose beim Bewerbungsgespräch ein No-Go sei. Das sehe so aus, als würde man gerade vom Sofa kommen und hätte gar keine Lust auf die Arbeit, heißt es aus der Klasse.
Ein Schüler sagt, dass es doch jedem selbst überlassen sei, was er anziehe. Er müsse nur mit den Konsequenzen leben. „Die Konsequenzen sind im Zweifel aber, dass man den Job nicht bekommt“, spitzt es Reimann zu. Und das sei ja nicht das Ziel eines Vorstellungsgesprächs. Er sagt aber auch, dass die Kleidung zur jeweiligen Branche passen müsse. Während bei Banken und Versicherungen noch immer Wert auf Anzug und Krawatte gelegt werde, sei solche Kleidung beim Vorstellungsgespräch als Fitnesstrainer womöglich übertrieben.
Wichtig für den ersten Eindruck ist die Körpersprache, wie die Jugendlichen lernen. Wie unsicher es wirkt, gebückt einen Raum zu betreten und dem Chef erst gar nicht ins Gesicht zu schauen, macht Reimann ihnen vor. Eine schwierige Frage sei dabei, was mit den Händen passiere. „Man kann ja einen Stift in die Hand nehmen“, kommt als Vorschlag aus der Klasse. Reimann hält das für keine gute Idee: Wer etwas in den Händen hält, neige dazu, durch Nervosität damit zu spielen und sich am Ende noch vollzumalen. Daher rät der Experte, die Hände lieber entspannt oberhalb der Gürtellinie hängen zu lassen und mit gezielten Gesten das Gesagte zu unterstreichen.
Und dann wird es in der elften Klasse der Robert-Koch-Schule ernst: Mark Reimann simuliert mit Leonie und Michelle ein Bewerbungsgespräch. Sie sollen über ihre Stärken und Schwächen sprechen, erzählen, wie sie sich die geeignete Führungskraft vorstellen. „Warum hat ein Tennisball eigentlich einen Filzbezug?“ „Was?“ Mit dieser kuriosen Frage haben die beiden nicht gerechnet. Auf die Schnelle fällt ihnen keine Antwort darauf ein. „Das ist ein Stresstest. Ich wollte eure Spontanität herauskitzeln“, erklärt Reimann den Hintergrund.
Auf eine solche Frage könne sich natürlich kein Bewerber vorbereiten, auf viele andere aber schon. Es sei natürlich nicht gesagt, dass jeder Personalchef nach den Stärken und Schwächen fragt. Wer aber in einem solchen Fall nicht lange überlegen muss, könne sich souveräner präsentieren. Reimann legt den Schülern daher ans Herz, ehrlich auf diese Fragen zu antworten. Wer im Bewerbungsgespräch antwortet, dass er keine Schwächen habe, nur um sich im positiven Licht zu zeigen, werde die Stelle wohl kaum bekommen.