Musikalische Lesung über Romy Schneider in den Goslarer Höfen

Gefühl und literarische Fakten bei einer „Begegnung“ mit Romy in den Goslarschen Höfen. Foto: Kempfer
In den Goslarer Höfen hat Andrea Freistein-Schade mit „Romy“ ihr drittes musikalisches Programm in Goslar präsentiert. Unter musikalischer Begleitung am Klavier von Claudia Schaare präsentierte sie biografische Fakten, kombiniert mit viel Gefühl.
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Goslar. Nach „Loki Schmidt“ und „Aenne Burda“ hat Andrea Freistein-Schade mit „Romy“ ihr drittes literarisches Programm mit Musik in den Goslarer Höfen vorgestellt. Das kleine, feine Konzept von einer intensiven Stunde Dauer hat längst viele Freunde gefunden.
Die Nachmittagsveranstaltung war ausverkauft, was Kultur-Organisatorin Barbara Schüler zur Begrüßung mit Freude verkünden konnte. „Es sind Begegnungen mit Menschen, die unser Leben ausmachen“, sagte sie, als sie die Veranstaltung wieder schloss – nachdem alle Besucher Romy „begegnet“ waren.
Melancholische Stimmung
Andrea Freistein-Schade, die sich in die Persönlichkeit der von ihr Porträtierten hineingearbeitet hat, schlägt stets nachdenkliche Töne an; sie spiegeln sich in der Musik wider, die von Claudia Schaare am Klavier beigesteuert wird, ein aufeinander eingespieltes Team, das die Darbietung zu einer in sich stimmigen Einheit verschmelzen lässt. Jeder hat wohl längst ein eigenes Bild von Romy Schneider, findet es in der Lesung wieder, kann es vielleicht ergänzen, eine neue Sichtweise einnehmen oder sie einfach nur verstärken. War Romy Schneider eine tragische Figur? Freistein-Schade lässt viel Melancholie mitklingen, die das bejahen will – in ihrer literarisch-poetischen Stunde aus der Ich-Perspektive geht es mindestens ebenso sehr um Gefühl und Stimmungen wie um biografische Fakten.

Claudia Schaare (v. l.) begleitet die Lesung von Andrea Freistein-Schade am Klavier. Foto: Kempfer
Schauspielerfamilie
Die Kindheit bei Berchtesgaden, auf dem Landgut in Mariengrund wie im Internat Goldenstein, muss demnach einsam gewesen sein. „Mami kommt in vier Jahren zweimal zu Besuch“, zitiert Freistein-Schade Romy, Tochter eines viel beschäftigten Schauspielerpaars, die sich fragt, warum die Mutter sie „nicht lieb haben kann“ – ihr Tagebuch ist ihre einzige Freundin. Sie hat es nicht leicht, ihr wird „unangemessene Wildheit“ vorgeworfen, es fehle ihr an Disziplin. Ein Wildfang, der an enge Grenzen stößt und diese nur mithilfe der Theaterwelt durchstoßen kann. Die Mitarbeit an Theateraufführungen ist ihre einzige Leidenschaft, die Karriere als Schauspielerin wird ihr größter Ehrgeiz. Die gebürtige Wienerin ist erfolgreich, ein Naturtalent, die „Sissi“ zieht ein in ein „Prinzessinnenreich“. Ist das Glück dieser Erde käuflich? Damals scheint es so, aber das Leben wird sie etwas anderes lehren.
Alain Delon wird ihre erste große Liebe, aber auch eine große Probe für ihren nicht befriedigten Ehrgeiz, denn in seiner Seite in Paris bleiben die Filmrollen aus. Ihr „zutiefst männlicher Ehrgeiz“, ihr „kaltes Kalkül“ ist Teil ihrer zerrissenen Persönlichkeit: tiefe, deutsche Schwermut fällt zusammen mit einer französischen „Amour Fou“. Visconti erkennt, schätzt und nutzt Romys Ambivalenz. Der Regisseur spornt sie zu Höchstleistungen an. Hochzeit mit Harry Meyen, Villa in Berlin-Grunewald, Sohn David wird geboren. Das „Gefängnis deutscher Spießigkeit“ ist perfekt. Natürlich bricht sie aus. „Ich wäre sonst verreckt.“ Wie es weiterging? Leben, drehen, lieben, noch ein Kind mit Daniel Biasini.
Den plötzlichen, grausamen Unfalltod ihres 14-jährigen Sohnes David hat sie nie verkraftet. Er war von einem Zaun in ein Spalier gefallen und aufgespießt worden (Er hatte seinen Schlüssel vergessen). Ein Jahr später, 1982, starb sie im Alter von 43 Jahren. Andrea Freistein-Schade lässt ihre Geschichte folgerichtig mit dem Tode des Sohnes enden – und entzieht sich damit auch dem Feld der Spekulationen, welchen Anteil Alkohol und Schlaftabletten am plötzlichen Herztod hatten. Am Ende war es ein gebrochenes Herz; ein poetischer Abschluss, der so viel besser zu Romy Schneider passen will.