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Jubiläum

Clausthal-Zellerfeld: Erzkahn nach 100 Jahren wieder zu Hause

Die Visualisierung zeigt, wie Kahnschiffer mit bloßen Händen das zwei Tonnen schwere Boot an einem Ruderseil gezogen haben.

Die Visualisierung zeigt, wie Kahnschiffer mit bloßen Händen das zwei Tonnen schwere Boot an einem Ruderseil gezogen haben. Foto: Visualisierung illustrated architecture, Goslar

Was lange fort war, ist endlich wieder zu Hause: Der Kahn, der im 19. Jahrhundert zum Erzbergbau im Oberharz eingesetzt wurde und 100 Jahre in München war, soll beim Jubiläum gezeigt werden. Ein Einblick in die wohl ungewöhnlichste Förderungsart.

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Von Corinna Knoke
Donnerstag, 29.08.2024, 08:00 Uhr

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Clausthal-Zellerfeld. „Der verlorene Kahn ist wieder da“, freut sich Ulrich Reiff überschwänglich. Der Leiter des Oberharzer Bergwerksmuseum spricht konkret von einem Erzförderkahn, der die vergangenen 100 Jahre im Deutschen Museum in München verbracht hat, aber pünktlich zum Doppeljubiläum wieder zu Hause in Clausthal-Zellerfeld ist. Er soll ein Glanzpunkt auf dem Stadtfest sein.

Ungewöhnlichste Förderungsart

Der Einsatz der Förderboote beim Oberharzer Erzbergbau ist rückblickend wohl die ungewöhnlichste Förderungsart. Rund 350 Meter unter Tage wurde in Kähnen auf der Tiefen Wasserstrecke, die später Teil des Ernst-August-Stollens wurde, das in Clausthal und Zellerfeld abgebaute Erz verschifft, erläutert Reiff. Ziel seien die Förderschächte bei den Pochwerken im großen Clausthal gewesen und ab 1878 der Ottiliae-Schacht mit der Zentral-Erzaufbereitung. Die Förderung habe sich so auf einen leistungsfähigen Schacht konzentriert und über Tage viele Pferdefuhrwerke eingespart – also eine innovative Problemlösung.

Wenn Stefan Wittke (l.) und Ulrich Reiff neben dem Erzkahn hocken, wird erst einmal die Dimension des Bootes deutlich, das unter Tage im Einsatz war.

Wenn Stefan Wittke (l.) und Ulrich Reiff neben dem Erzkahn hocken, wird erst einmal die Dimension des Bootes deutlich, das unter Tage im Einsatz war. Foto: Bruns/LBEG

„Etwa 20 Kahnschiffer fuhren in Kameradschaften von acht bis neun Leuten pro Schicht. Mit bloßen Händen zog jeder ein über zwei Tonnen schweres Boot mit bis zu sechseinhalb Tonnen Ladung Bleierz an einem unter der Stollenfirste gespannten sogenannten Ruderseil“, veranschaulichen die Verantwortlichen des Bergwerksmuseum. Obwohl auch schon früh bekannt gewesen sei, „dass durch das Ziehen an den kantigen Drahtseilen leicht wundhafte Stellen an den Händen der Arbeiter entstehen“, übernahmen erst in den 1890er Jahren Grubenloks die harte Muskelarbeit der Kahnschiffer.

Leihgabe des Landesbergamts

Weil diese Art der Streckenförderung laut Museumsleiter Reiff auch zu damaligen Zeit nicht üblich gewesen sei, entschied das Deutsche Museum, den in München gezeigten Kahn nach 100 Jahren dem früheren Eigentümer zurückzugeben. Als Nachfolger des Oberbergamtes gehört er dem Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Seit 2023 sind zwei Erzkähne wieder in Clausthal-Zellerfeld – einer am Ottiliae-Schacht und einer als Leihgabe des LBEG im Oberharzer Bergwerksmuseum. „Wir wissen den Kahn im Bergwerksmuseum in guten Händen“, betont Stefan Wittke, Referatsleiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im LBEG, der zugleich die Veranstaltungen rund um den Bergbehörden-Geburtstag koordiniert.

Es sei eine logistische Meisterleistung gewesen, den Erzkahn wieder in den Oberharz zu holen. Schließlich befindet sich das Museum auf einer Insel in der Isar. Für den Transport aus München wurde das Boot in der Mitte durchgesägt, wie Ulrich Reiff aus Clausthal-Zellerfeld beim Pressetermin zeigte. Wenn der Kahn seinen festen Platz im Museum erhält, soll der Schnitt wieder verleimt werden.

Die Zeichnung, die etwa 1858 entstanden ist, zeigt die schiffbare Wasserstrecke unter Tage und den Gebrauch des Erzkahns.

Die Zeichnung, die etwa 1858 entstanden ist, zeigt die schiffbare Wasserstrecke unter Tage und den Gebrauch des Erzkahns. Foto: Ripe

Für das Jubiläum kommt den Verantwortlichen die Teilung tatsächlich ganz gelegen. Wittke erläutert, dass der Kahn auf der Zeltstraße LBEG ausgestellt werden soll. Und der entsprechende Stand sei gar nicht breit genug, um die gesamte Länge zu zeigen. Darum bekommen die Besucher ausschließlich die vordere Hälfte zu sehen. Der Presseleiter aus dem LBEG berichtet zudem von einer Fotowand, die im Hintergrund aufgestellt werden soll. So soll jeder den Eindruck bekommen, als würde der Kahn gerade im Stollen übers Wasser schippern.

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