Harzklub-Wanderer auf den Spuren der Vergangenheit

Die Harzklub-Wanderer aus Hahausen werden zu „Zeitreisenden“. Foto: Privat
Vor 35 Jahren fiel die Mauer. Aber wie war es damals, mit der DDR und ihren Grenzanlagen? Eine Wandergruppe des Harzklub-Zweigvereins Neuekrug-Hahausen machte sich „gegen das Vergessen“ auf den Weg.
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Hahausen. Der 9. November 1989 ist vielen Menschen im Gedächtnis geblieben, als der
der Tag, an dem die Mauer fiel. Am 11. November, als sich am nördlichen Harzrand immer mehr „Löcher“ im eisernen Vorhang auftaten. Jeder Zeitzeuge hegt an diese, damals unvorstellbaren Ereignisse seine eigenen Erinnerungen. Es war eine wahrhaft ereignisreiche Zeit, um die sich – nunmehr 35 Jahre nach den Ereignissen – bereits Mythen bildeten.
Gegen das Vergessen
Unter dem Motto „Gegen das Vergessen“ lud der Harzklub Zweigverein Neuekrug-Hahausen im Vorfeld des 35. Jahrestages Menschen aus der Region ein. Gemeinsam konnten die Wanderfreunde und Geschichtsinteressierten an einer besonderen Grenzlandwanderung teilnehmen. Bei bestem Herbstwetter machte sich eine gut 30-köpfige Teilnehmergruppe aus Hahausen, Seesen und der weiteren Umgebung unter den Fittichen des Harzklub-Wanderwarts Klaus Asmus auf den Weg.

Die schematische Darstellung zeigt die damalige innerdeutsche Grenze. Foto: Privat
Gemeinsames Ziel war der Ort der Geschichte schlechthin - das Heimat- und Grenzmuseum im Mühlendorf Abbenrode. Der dortige Museumsleiter und Geschichtskenner Andreas Weihe drang mit seiner bildreichen Erzählart Weihe weit in die Vergangenheit ein. Wer ihn kennt, weiß: Das Heimat- und Grenzmuseum lebt sich nur durch lebendige Erzählungen und Schilderungen aus der den Fundus der Vergangenheit, sondern auch durch viele Erinnerungsstücke des dörflichen (DDR-) Lebens, Modellen der ehemaligen Grenzanlage, Beschreibungen der Sicherungsanlagen mit Selbstschussanlagen und Minenfeldern. Zirka 30.000 Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) waren beständig einsatzbereit, um den „antifaschistischen Schutzwall“ zu sichern, der die beiden deutsche Staaten zwischen 1945 und 1989 voneinander trennte, hielt Weihe Fakten parat. Unbarmherzig durchschnitt die Grenze Landschaften, Orte und trennte Familien. Auch Andreas Weihe war ein „Grenzschützer“. Er verdeutlichte: „Ich konnte in der DDR nur studieren, weil ich mich drei Jahre bei der NVA verpflichtete, die Staatsgrenze gegen den bundesdeutschen Klassenfeind zu schützen“.
Heute kaum vorstellbar
Aus der Sicht jüngerer Menschen, die die Grenze und DDR-Regime nicht erlebt haben, scheint das kaum vorstellbar. Aber die Zeit schrieb ihre eigene Geschichte – und die Harzklub-Gruppe setzte ihre erinnerungsreiche Wanderung fort: Der ehemalige Zollbeamte Helmut Gleuel führte in den Westen, vorbei an Beobachtungstürmen, Führungsstellen mit Alarmgruppen und schließlich über die Ecker, die über Jahrzehnte der Grenzfluss war.

Der Zahn der Zeit nagt an der Geschichte und ihren Exponaten, wie Helmut Gleuel an der Grenzsäule Nr. 947 erklärt. Foto: Privat
Der ehemalige Zollbeamte wurde auch Zeuge von „illegalen Grenzübertritten“, wie die waghalsige Flucht nüchtern umschrieben wurde. In der 40-jährigen Geschichte der DDR kamen etwa 790 Menschen an der Grenze ums Leben. Manche Geschichten wurden vertuscht, andere nie aufgeklärt. Nur zwei Tage nach dem unverhofften Mauerfall in Berlin brachen mutige Bürger aus Stapelburg der Grenzübergang nach Eckertal auf – unter den Augen der NVA-Soldaten. Im dortigen Waldcafé und der wiedervereinten Gegenwart endete die erlebnisreiche Zeitreise für die begeisterten Harzklub-Gäste.