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Start in den Orgelsommer

Stiftskirche St. Georg in Grauhof platzt fast aus den Nähten

Den beiden Interpreten des Orgel-plus-Konzerts, Thorsten Andreas Pech an der Orgel und Uwe Komischke (Trompete, Corno da caccia) gelingt ein starker Auftakt des Grauhofer Orgelsommers 2024.

Den beiden Interpreten des Orgel-plus-Konzerts, Thorsten Andreas Pech an der Orgel und Uwe Komischke (Trompete, Corno da caccia) gelingt ein starker Auftakt des Grauhofer Orgelsommers 2024. Foto: Privat

Orgel-plus-Konzerte erfreuen sich seit langem großer Beliebtheit, und so war zum Auftakt des Orgelsommers die Hütte voll – respektive die herrliche Stiftskirche St. Georg in Grauhof, in der Thorsten Andreas Pech und Uwe Komischke spielten.

Montag, 15.07.2024, 15:00 Uhr

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Grauhof. Der 29. Grauhofer Orgelsommer hat begonnen: Orgelaffine wissen um die wertvolle Treutmann-Orgel von 1737 und warten auf das alljährlich während der Sommermonate stattfindende kleine Festival mit seinen hochkarätigen Konzerten. Trotz Schützenfestfinale und bei bestem Wetter strömte die Treutmann-Gemeinde am Sonntagnachmittag in die Stiftskirche St. Georg, es mussten noch Stühle nachgestellt werden.

Gut gewählt: Gleich als Auftakt gab es eines der beliebten „Orgel-plus-Formate“: Die Orgel erklingt, Solo-Instrumente treten wahlweise hinzu. Als Solisten des Abends konnten Thorsten Andreas Pech (Orgel) und Uwe Komischke (Trompete, Corno da caccia) gewonnen werden.

Beide Künstler, in den 60er Jahren in Nordrhein-Westfalen geboren, lernten sich schon während ihres Musikstudiums kennen. 1990 fanden sie künstlerisch erneut zusammen und geben seitdem bis zu 50 Konzerte im Jahr gemeinsam – eines in Grauhof.

Festliches Barock

Nach Begrüßung des Publikums durch den Vorstand des Fördervereins, Dr. Jürgen Biermann, gab Organist Thorsten Pech eine kurze Konzerteinführung. Unter dem Motto „Festliches Barock“ mit sämtlich von den Künstlern des Abends für Orgel/Trompete beziehungsweise Corno da caccia bearbeiteten Werken von Komponisten aus sechs Nationen erklang initial eine Sinfonia des norwegischen Komponisten Johann Daniel Berlin (1714-1787) für Trompete und Orgel in sofort angenehm auffallend, durchgehend frischer Musizierweise in den Allegrosätzen, getragen sanglich im Largo. Im folgenden Concerto Nr. 1 des Schweden Johan Agrell (1701-1765) war die Treutmann-Orgel in ihrer Klangschönheit erstmals solistisch, äußerst virtuos von Thorsten Pech gespielt, zu hören.

In einem weiteren Concerto von Johann Joachim Quantz (1697-1773) wechselte Uwe Komischke die Trompete mit dem Corno da caccia – einem historisch gebauten Instrument in Jagdhornform, das auch von Bach sehr geschätzt wurde (h-Moll-Messe) und das in den letzten Jahren durch den Trompeter Ludwig Güttler eine Renaissance erlebt hat. Der äußerst angenehme, weiche Klang des Instrumentes und die Virtuosität, die auf ihm möglich ist, konnte von Uwe Komischke, kongenial begleitet durch Thorsten Pech an der Orgel, voll ausgekostet werden.

Vortrag geht zu Herzen

Dem ebenfalls großen deutschen Komponisten und Heinrich-Schütz-Schüler Matthias Weckmann (ca.1616-1674) zum 350. Todesjahr erklangen anschließend Fantasia und Fuge in d, im Stil deutlich erkennbar als „alter Meister“, sehr fein registriert und äußerst musikalisch an der Orgel solo zu verfolgen. Mit „Sonata seconda“ von Archangelo Corelli (1653-1713), einem der renommiertesten italienischen Komponistenpersönlichkeiten seiner Zeit („der neue Orpheus“) erklang ein weiteres mehrsätziges Werk für Corno da caccia und Orgel – mit interessanter lieblicher Harmonik, origineller Rhythmik (Minuetto) und zu Herzen gehendem Vortrag der beiden empathisch und aufeinander bezogen musizierenden Künstler.

Organist beim Sonnenkönig

Louis Marchand (1669-1732) gehörte mit einem überragenden Ruf als Virtuose offiziell zu den Organisten am Hofe des „Sonnenkönigs“. Einem musikalischen Wettstreit mit Johann Sebastian Bach am Dresdener Hof soll er sich allerdings durch Flucht entzogen haben – das, wie auch zahlreiche Skandale, kennen allerdings nur deutsche Quellen. Thorsten Pech leitete den großartigen „Grand Dialog“ für Orgel zum 355. Geburtstag des Komponisten beeindruckend unter Mitwirkung des tiefsten Registers (32 Fuß) ein – beantwortet von virtuosen Figuren in äußerst raffinierter Registrierung der einzelnen Sätze.

Zum Ausklang des eindrücklichen Abends erklang Musik von Henry Purcell (1659-1695), einem der bedeutendsten englischen Barockkomponisten, populär bis heute, mit Einfluss auf E-, Pop- und Filmmusik: Suite für Trompete und Orgel, wunderbar tänzerisch-lebendig und wie alle vorherigen Darbietungen meisterhaft und musikalisch vorgetragen. Langanhaltender, begeisterter Applaus führte zur Zugabe: „Trumpet tune“ von Henry Purcell. Wer bis dahin eher ernst zugehört hatte, hatte spätestens jetzt ein fröhliches Lächeln im Gesicht und ging beschwingt nach Hause. Eine gelungene Eröffnung des Orgelsommers. red

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