Schwergewichtiges Konzert mit Brahms, Villa-Lobos und Beethoven

Prof. Rudolf Meister (hinten, 3.v.re.) und Angelika Klaas-von Birckhahn (rechts) begrüßen am Donnerstag die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 36. Internationalen Klaviertage in Goslar. Foto: Privat
Die Goslarer Klaviertage sind in vollem Gange. 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer üben bis spät in die Nacht, geben kleine Schulkonzerte und bereiten sich auf zwei große Abschlusskonzerte vor: Am Samstag im Kreishaus und am Sonntag in der Kaiserfpalz.
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Goslar. Bei noch hochsommerlichen Temperaturen sind am Donnerstag die Goslarer Klaviertage gestartet. Im neuen Probenraum in der Kapelle des Jakobushauses ist es angenehm kühl, als sich die ersten sechs von insgesamt 18 Teilnehmenden mit Prof. Rudolf Meister aus Mannheim (künstlerische Leitung) und Angelika Klaas-von Birckhahn (Kontaktstelle Musik – Stadtmusikrat Goslar, organisatorische Leitung) vor den beiden Flügeln der Firma August Förster versammeln.
Ein sportliches Programm liegt vor dem Klavier-Meisterkurs: vier öffentliche Konzerte und neun Konzerte an vier Schulen und dem Schwiecheldthaus, dazu 72 Unterrichtsstunden für die Kursteilnehmer und drei Proben mit dem Dirigenten beziehungsweise der TfN-Philharmonie – und das alles in zehn Tagen. Geprobt und unterrichtet wird in diesen Tagen bis spät in die Nacht.
Das Eröffnungskonzert
Das Eröffnungskonzert am Samstag im Ratsgymnasium gestaltet Prof. Meister selbst mit einem anspruchsvollen, interessanten und emotional schwergewichtigen Programm. Der stellvertretende Schulleiter Michael Kwasniok begrüßte die zahlreich erschienenen Zuhörer und betonte die lange, konstruktive Zusammenarbeit mit den Klaviertagen.

Prof. Rudolf Meister gestaltet das Eröffnungskonzert im Ratsgymnasium. Foto: Privat
Das Konzert begann mit Johannes Brahms „Drei Intermezzi op. 117“. Sie gelten als Inbegriff seines späten Klavierstils mit lakonischen Gesten, impressionistischer Klangaura und melancholischem Duktus und zeugen von der Vereinsamung des alternden Brahms. Die Themen zeigen einen einfachen, bisweilen volksliedhaften Charakter; die Stimmung ist zutiefst melancholisch und deutet auf eine weitgehend unerfüllte Liebe und Freundschaft hin, die Clara Schumann und Brahms über Jahrzehnte verband. Rudolf Meister erspürte sowohl die geistige Technik als auch das feine Verständnis und die Vertrautheit mit Brahms und setzte die Quelle von Genuss, Poesie, Leidenschaft und Innigkeit perfekt in seinem Klavierspiel und seiner Interpretation um.
Bach und Brasilien
Es folgte von Villa-Lobos die Bachianas Brasileiras Nr. 4. Der Komponist wollte durch diesen sehr erfolgreichen brasilianischen Zyklus seiner Verehrung für die Musik Bachs Ausdruck verleihen und eine Synthese zwischen den Kompositionen Bachs und der brasilianischen Volksmusik schaffen. Das Prelude bereitet die Bühne mit eindringlich schönen Melodien, reichen Harmonien und einem komplizierten Kontrapunkt. Der 2. Satz mit dem Titel „Choral“ entführte die Zuhörer in die weite brasilianische Landschaft. Auch die „Aria“ vermochte der Pianist mit viel Energie und lebhaftem brasilianischem Rhythmus bestens umzusetzen. Im letzten Satz „Dance“ demonstrierten sowohl Villa-Lobos als auch Rudolf Meister ihre Fähigkeiten, verschiedene Musikstile harmonisch zu verbinden.
Nach der Pause erklang Beethovens Sonate op. 111. Beethoven betritt mit seiner letzten Klaviersonate eine neue Welt. Nichts ist mehr klassisch, sondern subjektiv, wild, organisch und unerhört, den Beginn der Romantik, eine das Jenseits berührende Sphärenmusik. Diese Sonate, eine Art „Testament“, gilt als Meilenstein der Klavierliteratur. Meister interpretierte den ersten Satz dunkel und dramatisch. Der Zweite beginnt mit einer Arietta, einer „kleinen Arie“ – das Thema ist innig, emotional und doch schlicht.
Dann folgten fünf Variationen, die je etwas Neues bringen; mal kontrastiert das Tempo, mal die Dynamik, mal der Rhythmus, wobei sich das musikalische Geschehen immer weiter verdichtet. Das Finale gestaltete Prof. Meister schnell und virtuos, am Ende entschwebt die Musik in die Ferne. Der Applaus hält lange an. red