Goslar: Freiwillige Hochwasserhelfer beginnen ihre Qualifizierung

Auf der Feuerwache: Ortsbrandmeister Udo Löprich teilt die Formulare für den notwendigen Verwaltungsakt aus. Foto: Kaspert
In Goslar startet die erste freiwillige Hochwasserhilfe Niedersachsens. Die Helfer werden von der Feuerwehr qualifiziert und unterstützen im Notfall. 24 Bürger engagieren sich bereits.
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Goslar. Die in ganz Niedersachsen erste freiwillige Hochwasserhilfe startet mit ihrer Qualifizierung bei der Feuerwehr.
38 Bürgerinnen und Bürger sind zur Gründungsveranstaltung in die Feuerwache gekommen. Nach einer 90-minütigen Einführung ins Arbeitsumfeld und in die speziellen Aufgaben als sogenannte Spontanhelfer teilt Ortsbrandmeister Udo Löprich die Formulare zur Aufnahme in dieses Ehrenamt aus. 24 Bürger unterschreiben diese Verpflichtung sofort. Der Rest nimmt sie mit nach Hause, auch als Vorrat für Freunde und Bekannte.
Die Hochwasser-Katastrophe vom 26. Juli 2017 sticht im Einsatzbericht der Feuerwehr heraus. Da waren in wenigen Tagen 732 technische Hilfeleistungen gefragt, während es im ganzen Jahr 2023 insgesamt 893 Einsätze gewesen sind. „Unser großes Ziel ist es, dass Sie die Einsatzkräfte im Krisenfall unterstützen können“, hofft Löprich auf Entlastung, wenn sich die Aufgaben häufen. Er selbst sei zunächst skeptisch gewesen, als das Mach-mit-Haus mit der Idee freiwilliger Hochwasserhelfer um die Ecke kam. „Wir sind vorbelastet durch negative Erfahrungen mit einer Selbsthilfe, die sich untereinander organisiert hatte.“
Offizieller Teil des Katastrophenschutzes
Nun geht es aber um Spontanhelfer, die unter dem Dach der Feuerwehr eine Qualifizierung durchlaufen und zum offiziellen Teil des Katastrophenschutzes gehören. Dieser Unterschied hat auch die Feuerwehr überzeugt.
Als es 2017 nach drei Tagen Dauerregen zur Überflutung kam, mussten 480 Einsatzstellen in der Kernstadt und 160 weitere im Stadtgebiet abgearbeitet werden. „Unser Nachteil war: Wir wussten noch in der Nacht davor nicht, was auf uns zukommen würde. Wir liefen der Lage und den Entwicklungen immer hinterher.“ So kam es zu einer Priorisierung, die für Betroffene schwer zu ertragen war. Zwei Ziele standen über viele Stunden im Vordergrund: Die Strom- und Wasserversorgung der Gesamtbevölkerung sicherstellen und eine Umweltkatastrophe bei chemischen Betrieben mit ihrer Lagerung von Gefahrstoffen abwenden. Unzählige vollgelaufene Keller mussten warten, bis die größere Gefahr beseitigt werden konnte. Das führte bei vielen Hausbesitzern zur neuen Erfahrung, dass die Feuerwehr stundenlang nicht kommt, obwohl sie gerufen wird. Eine Personenrettung in der vollgelaufenen Bahnunterführung der Bismarckstraße sowie der Transport einer Schwangeren fanden trotzdem statt.

Auch die Arbeit in der Atemschutzwerkstatt wird den Helfern erklärt. Foto: Kaspert
Mit neuer Technik besser vorbereitet
„Wir haben im Zusammenspiel mit der Stadt Goslar viel getan, um beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein“, sagt Löprich. Dazu gehören Anschaffungen wie eine Maschine zur Befüllung von Sandsäcken, mit der 1600 Sandsäcke in der Stunde zu schaffen sind, frei verlegbare Dämme für 1500 Meter und ein Frühwarnsystem, das mithilfe künstlicher Intelligenz und zehn Stationen von Hahnenklee bis zur Granetalsperre die Pegelstände überwacht und diese immer besser vorhersagen kann. Das System lernt von seinen Datenströmen.
Nicht nur bei Hochwasser im Einsatz
Der Bevölkerungsschutz wird auch in der Stadtverwaltung ausgebaut. Dort hält Sandy Hammerl die Fäden in der Hand. „Die Notfallvorsorge ist Aufgabe der Stadt.“ Hammerl ist in das Projekt der Hochwasserhilfe eingebunden und ergänzt es zum Start um eine wichtige Komponente: Die Spontanhelfer verpflichten sich, auch bei anderen Notfällen einsetzbar zu sein. Die Feuerwehr bleibt ihr zentraler Partner, auch weil der Feuerwache im Falle eines Blackouts eine Schlüsselfunktion zukommt. Dann werden dort eine autarke Stromversorgung und eine Nachrichtentechnik über Satellit hochgefahren. Wenn in allen Haushalten und Betrieben nichts mehr geht, läuft bei der Feuerwehr das Wichtigste weiter. Spontanhelfer sollen nicht nur Sandsäcke füllen und Bürgerpumpen austeilen. Sie leisten Botendienste, Verpflegung, Kontrollgänge, Telefonauskunft, Dokumentation, Aufräumarbeiten. Sie sind über die Verpflichtung durch die Stadt Goslar versichert.

Weil ihr die Unterstützung wichtig sei, unterschreibt eine Freiwillige Foto: Kaspert