Zähl Pixel
Lesung für Vienenburger Schüler

Zwangsarbeit, Nazi-Esoterik und eine Leiche im Werk Tanne

Barbara Ehrt (von rechts) und Bernd Krage-Sieber lesen aus „Die Französin“ vor. Englisch- und Französischlehrer Björn Alms und die Zehntklässler hören zu.  Foto: Hartmann

Barbara Ehrt (von rechts) und Bernd Krage-Sieber lesen aus „Die Französin“ vor. Englisch- und Französischlehrer Björn Alms und die Zehntklässler hören zu. Foto: Hartmann

Die Goslarer Autorin Barbara Ehrt war zu Gast an der Vicco-von-Bülow-Oberschule in Vienenburg und las aus ihrem Buch "Die Französin" vor. Darin geht es um das Schicksal von Zwangsarbeitern im Harz und über die Zeit als Goslar "Reichsbauernstadt" war.

Von Petra Hartmann Freitag, 10.06.2022, 14:30 Uhr

Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!

Vienenburg. Werk Tanne – ein „Lost Place“, der Abenteurer anzieht. Mit zwei neugierigen Frauen, die auf das Werkgelände der alten NS-Munitionsfabrik in Clausthal-Zellerfeld vordringen, fängt alles an. Ein grausiger Leichenfund beendet die Expedition schneller als gedacht. Aber wirklich grausig ist das, was Jahrzehnte vorher in diesen Werkshallen geschah.

Die Goslarer Autorin Barbara Ehrt war zu Gast in der Vienenburger Vicco-von-Bülow-Oberschule und stellte dort den Klassen 10a und 10b ihren Roman „Die Französin“ vor. Unterstützt von Bernd Krage-Sieber als „Zweitstimme“ las sie Szenen aus dem Buch vor, erzählte vom Schicksal einer jungen Frau aus Marseille, die von den Nazis verschleppt wurde, berichtete von den Zwangsarbeitern im Harz und von der Landung der Alliierten in der Normandie. In ihrem Roman bewegt sie sich auf zwei Zeitebenen: Der Leichenfund ist im Jahr 1989 angesiedelt, die Geschichte der jungen Französin und ihre Erlebnisse als Zwangsarbeiterin beginnen im Jahr 1944.

Nazi-Geschwurbel über Baldur Christos' leeres Grab am Klusfelsen

Beklemmend, auch manchmal für heutige Zuhörer unfreiwillig komisch, wirkten die Berichte über die esoterischen Vorstellungen bestimmter NS-Gruppen, die den Harz wegen seiner Mystik liebten und von einem germanischen Heiland namens „Baldur Christos“ schwurbelten, der hier seine „Urkreuzigung“ erlebte, sich mithilfe von Runen in neun Tagen vom Tod befreite und dessen leeres Grab man im Keller des Klusfelsens zeigte. Auch die Erinnerung an die „Reichsbauernstadt“ und das Wirken des „Reichsbauernführers“ Walther Darré hat Ehrt in ihrem Roman verarbeitet. „Je verrückter das ist, desto weniger glaubt man es“, meinte die Autorin. Aber: „Das sind belegbare Dinge.“ Die Handlung des Romans sei zwar frei erfunden, die historischen Fakten aber genau recherchiert.

Wie geht es weiter mit der Leiche?

Die Schüler hatten am Ende jede Menge Fragen. Die erste war, was denn nun mit der Leiche vom Anfang der Geschichte los sei? Ja, die Handlung rund um den Leichenfund in Werk Tanne gehe auch weiter, betonte die Autorin. Vor allem aber interessierten sich die Jugendlichen dafür, wie es denn sei, das Leben als Schriftstellerin. Ehrt hat inzwischen bereits fünf Bücher veröffentlicht, ihr Erstling, „Die Harzfrau“ entstand, als sie eigentlich in Fachbüchern nach Informationen über Harzer Trachten suchte. Und ob sie denn berühmt sei? „Ach“, meinte Ehrt mit beinahe lyrischem Tonfall, „der Leuchtstrahl des Ruhms kann immer nur auf drei oder vier Leute fallen.“ Ein Exemplar ihrer „Französin“ hat sie der Schule gestiftet. Darin können die Schüler nun selbst nachlesen, wie es denn weitergeht mit der Leiche in Werk Tanne.

Diskutieren Sie mit!
Weitere Themen aus der Region