Winterabend: Soziologin spricht über „neue Schweigespirale“

Professorin Dr. Ulrike Ackermann ist Leiterin des von ihr 2009 gegründeten John-Stuart-Mill-Instituts für Freiheitsforschung. Darüber hinaus arbeitet sie seit vielen Jahren als freie Autorin für Funk und Print. Foto: Privat
Zum ersten Frankenberger Winterabend des Jahres 2024 kommt am 22. Januar die Politologin und Soziologin Dr. Ulrike Ackermann ins Kleine Heilige Kreuz. Sie spricht über das Thema „Die neue Schweigespirale – Wo Zwischentöne verstummen“.
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Goslar. Die Politologin und Soziologin Dr. Ulrike Ackermann spricht beim ersten Frankenberger Winterabend des Jahres 2024 am Montag, 22. Januar, über „Die neue Schweigespirale – Wo Zwischentöne verstummen“. Beginn ist um 19 Uhr im Kleinen Heiligen Kreuz.
Wer hat es gesehen? Moderator Thomas Gottschalk begründet seinen Abschied von der beliebten TV-Show „Wetten, dass...“ unter anderem damit, dass er öffentlich nicht mehr so reden könne wie zu Hause. Das sei früher anders gewesen. Und da „sage er lieber gar nichts mehr“. Für diese Einschätzung bekommt er heftige Kritik, aber auch viel Zustimmung.
Interessanterweise liefert der aktuelle Freiheitsindex des Instituts für Demoskopie Allensbach passende Umfragewerte. Nur 40 Prozent der Befragten glauben demnach, sie könnten ihre Meinung frei äußern. 44 Prozent der Befragten geben an, es sei besser, vorsichtig mit Meinungsäußerungen zu sein. Das ist der höchste Wert seit 70 Jahren.
Einengung des Meinungskorridors
Woher kommt es, dass viele Menschen heute das Gefühl haben, nicht mehr sagen zu können, was man denkt? Und vor allem: Steckt mehr dahinter als ein Gefühl? Im Jahr 1980 prägte die Mainzer Meinungs- und Kommunikationsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann den Begriff der „Schweigespirale“. Demzufolge hängt die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, von der Einschätzung des Meinungsklimas ab. Widerspricht die eigene Meinung der als vorherrschend betrachteten Meinung, so gibt es Hemmungen, sie zu äußern.
Nach Auffassung der Referentin führen auch aktuell eine zunehmende Einengung des Meinungskorridors und die Politisierung der Wissenschaft zu einer konfrontativen beziehungsweise moralisierenden Debattenkultur. Gesunder Menschenverstand und ausgleichende Positionen würden kaum durchdringen. Während eines dreijährigen Forschungsprojekts untersuchte die in Mainz geborene Professorin einige wichtige Fragen: Sind Meinungsvielfalt und Pluralismus in Forschung und Lehre in Bedrängnis geraten? Wie weit geht die sogenannte „Cancel Culture“ an deutschen Universitäten? Wie beeinflusst identitätspolitischer Aktivismus unsere Gesellschaft? Kann aus einem gut gemeinten Ansatz der Sichtbarmachung diskriminierter sozialer Gruppen eine Ideologie mit gesellschaftlichem Spaltungspotenzial werden?
Warnung vor Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung
Die Freiheitsforscherin und Autorin sieht sich als Verteidigerin universaler Rechte in einer offenen Gesellschaft. Sie warnt eindringlich vor Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung und vor den gesellschaftlichen Folgen einer Entwicklung, die die Grenzen des Sagbaren zu verschieben droht. 2008 wurde Ulrike Ackermann als Professorin berufen und lehrte bis 2014 Politische Wissenschaften mit Schwerpunkt „Freiheitsforschung und Freiheitslehre“ in Heidelberg. 2009 gründete sie das John-Stuart-Mill-Institut für Freiheitsforschung, das sie seitdem leitet. Darüber hinaus arbeitet sie als freie Autorin für Funk und Print.
Der Eintritt zu den Frankenberger Winterabenden ist frei. Jedoch wird eine Spende zur Finanzierung der Vortragsreihe erbeten. In der Pause zwischen Vortrag und Fragerunde wird ein kleiner Imbiss gereicht. Ein Büchertisch mit Veröffentlichungen der Referentin lädt zum Schmökern und zum Kauf ein.