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Zu wenig Niederschläge im Harz

Trockenheit setzt den Talsperren zu

Ein Ausläufer der Okertalsperre kürzlich aus der Vogelperspektive betrachtet: Die Talsperre ist derzeit nur zu 19,5 Prozent gefüllt, üblicherweise beträgt der Füllstand zu dieser Zeit 54 Prozent. Die Okertalsperre bei Schulenberg fasst 46,85 Millionen Kubikmeter Wasser und ist damit der größte Stausee im Westharz.  Fotos: Neuendorf

Ein Ausläufer der Okertalsperre kürzlich aus der Vogelperspektive betrachtet: Die Talsperre ist derzeit nur zu 19,5 Prozent gefüllt, üblicherweise beträgt der Füllstand zu dieser Zeit 54 Prozent. Die Okertalsperre bei Schulenberg fasst 46,85 Millionen Kubikmeter Wasser und ist damit der größte Stausee im Westharz. Fotos: Neuendorf

Die Harzwasserwerke treffen angesichts der anhaltenden Trockenheit Vorkehrungen, um die Trinkwasserversorgung gewährleisten zu können. Noch gebe es keine Probleme, aber der Füllstand der Okertalsperre und viele Wetterdaten sind auffällig.

Von Oliver Stade Mittwoch, 14.12.2022, 19:00 Uhr

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Harz. Die Harzwasserwerke (HWW) stehen weiterhin vor großen Herausforderungen und stellen sich auf einen weiter zuspitzenden Wassermangel ein. Wetterrekorde, anhaltend fehlende Niederschläge, fallende Grundwasserspiegel und niedrige Füllstände in den Talsperren zwingen das Unternehmen zu weiteren Schritten, um ausreichend Trinkwasser bereitstellen zu können.

HWW-Abteilungsleiter Maik Uhlen zeigt Pressesprecherin Marie Kleine am Oker-stausee Klimadaten.

HWW-Abteilungsleiter Maik Uhlen zeigt Pressesprecherin Marie Kleine am Oker-stausee Klimadaten.

Zwar sei die Versorgung der zwei Millionen Menschen, die in Niedersachsen und Bremen beliefert werden, für die kommenden Monate gesichert, aber die HWW mit Sitz in Hildesheim würden sich auf eine anhaltende Trockenperiode einstellen müssen, sagte HWW-Pressesprecherin Marie Kleine bei einem Pressetermin am Mittwoch an der Okertalsperre. Der Stausee ist derzeit nur zu 19,5 Prozent gefüllt, berichtete Maik Uhlen, Leiter der HWW-Wasserwirtschaftsabteilung. In den vergangenen 30 Jahren habe das langjährige Mittel im Dezember bei rund 54 Prozent gelegen.

Nur zu 19,5 Prozent gefüllt

Weitere Daten zeigen, wie schwierig die Situation ist: 2022 ist das wärmste Jahr seit Beginn der HWW-Wetteraufzeichnungen 1935. Bis zum November wurde an der Odertalsperre eine Durchschnittstemperatur von 10,2 Grad gemessen, von 1991 bis 2020 lag sie bei 7,4 Grad. Auch die Niederschläge sind zu niedrig. An der Wetterstation Torfhaus fehlen seit 2018 1235 Millimeter, das entspricht fast der durchschnittlichen Niederschlagsmenge eines Jahres. Diese wird mit 1447 Millimeter angegeben.

Daher kündigen die HWW, der größte Wasserversorger Niedersachsens, ein Bündel von Maßnahmen an. Von Freitag an sollen die Wassermengen reduziert werden, die aus der Okertalsperre an die Oker abgegeben werden. Weil dies aus Naturschutzsicht nicht unkritisch ist, muss der NLWKN, Niedersachsens Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, einem Sonderbetriebsplan zustimmen. Die Behörde, bei der die Talsperrenaufsicht liegt, habe den Schritt genehmigt. Die Abgabe werde außerplanmäßig auf „ein vertretbares Maß“ vermindert, die Rede ist von 1,1 Kubikmeter pro Sekunde statt aktuell 1,3 Kubikmeter. In den Vorjahren sei die Abgabe in Trockenzeiten sogar auf 1 Kubikmeter reduziert worden. Sollte sich die Situation nicht entspannen, könnte eine verknappte Abgabe 2023 auch für Söse und Innerste beantragt werden. Marie Kleine sagte: „Diese Dürreperioden werden durch den Klimawandel immer häufiger.“

Neben der geringeren Unterwasserabgabe an der Okertalsperre gibt es weitere Schritte. Die Wasserwerke an Söse und Ecker sollen mehr Trinkwasser produzieren, um den Granestausee zu entlasten, erklärte Wasserwirtschaftler Uhlen. Die außergewöhnliche Situation beschrieb er mit den Worten: „Die wiederkehrende extreme Trockenheit und die Verschiebung der Niederschläge auf unplanbare lokale Großereignisse sind für die Wasserwirtschaft eine zunehmende Herausforderung.“ Für die kommenden Monate bis zum Ende des Winters sei es wichtig, „wie viel Niederschlag wir tatsächlich bekommen werden“.

Eingriffe an Talsperren

Die steigenden Temperaturen und fehlenden Niederschläge könnten den Druck erhöhen, um weitere Speicherkapazitäten zu schaffen und den Hochwasserschutz zu erhöhen. Forscher mehrerer Hochschulen, auch der Technischen Universität Clausthal, arbeiten seit längerer Zeit an einem Konzept für einen „Energie- und Wasserspeicher Harz“.

Mitte Oktober hatten beteiligte Wissenschaftler erklärt, es könnten etwa 90 Millionen Kubikmeter mehr Wasser gespeichert und eine elektrische Leistung durch Pumpspeicherkraftwerkanlagen von 1000 Megawatt erzeugt werden. Im Gespräch ist etwa, den Damm der Granetalsperre zu erhöhen, um mehr Trinkwasser zu speichern, den Hochwasserschutz zu verbessern und Niedrigwasser in Flüssen auffüllen zu können. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, an der Innerstetalsperre untertägige Becken anzulegen, um Energiespeicherwasser vorzuhalten und die Überleitung zur Granetalsperre für Hochwasserschutz und Trinkwassergewinnung stärker zu nutzen. Die Ergebnisse werden laut HWW voraussichtlich Anfang 2023 erwartet.

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