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Im Goslarer Kulturkraftwerk

Tina Teubner: Kabarett-Star mit kultivierter „Schröffe“

Tina Teubner ist noch besser und bissiger geworden – sie haut einen schlicht um. In diesem Jahr wurde sie mit dem „Salzburger Stier“ ausgezeichnet. Sie ist Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises und des Deutschen Kabarettpreises. Samstag gibt sie eine erstklassige Vorstellung im Kulturkraftwerk in Goslar – hervorragendes Kabarett einer Frau mit großer Ausstrahlung. Fotos: Zietz

Tina Teubner ist noch besser und bissiger geworden – sie haut einen schlicht um. In diesem Jahr wurde sie mit dem „Salzburger Stier“ ausgezeichnet. Sie ist Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises und des Deutschen Kabarettpreises. Samstag gibt sie eine erstklassige Vorstellung im Kulturkraftwerk in Goslar – hervorragendes Kabarett einer Frau mit großer Ausstrahlung. Fotos: Zietz

Sie ist Trägerin des Deutschen Kabarettpreises und des Deutschen Kleinkunstpreises und hat aktuell den Salzburger Stier als Radiopreis erhalten: Tina Teubner. Am 3. Feburar war sie  – wieder einmal – in Goslar und zeigte: Sie wird immer besser.

Von Sabine Kempfer Dienstag, 06.02.2024, 19:00 Uhr

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Goslar. Es ist nicht leicht, restlose Begeisterung in Worte zu fassen. Angesichts des kabarettistischen Vermögens von Tina Teubner bleibt keine andere Wahl, als es zu versuchen.

24 Jahre ist es her, da kam die Kabarettistin mit ihrem Programm „Nachtwut“ ins Mönchehaus; damals gab es noch kein Kulturkraftwerk, aber die Goslarer Tage der Kleinkunst, die dezentral an besonderen Orten der Stadt gefeiert wurden. Der damalige Kritiker musste empörte Leserbriefe über sich entgehen lassen – weil das Publikum schon damals voller Verehrung für die Bühnenleistung der jungen Frau war, die fortan immer wieder nach Goslar geholt wurde – zum Beispiel mit ihrem Programm „Wenn Du mich verlässt, komme ich mit“.

Ben Süverkrup ist am Piano der kongeniale Partner von Tina Teubner.

Ben Süverkrup ist am Piano der kongeniale Partner von Tina Teubner.

Am 3. Februar hieß es „Ohne Dich war es immer so schön“ – und der Abend hielt sich beileibe nicht mit Beziehungsproblemen auf. „Sie ist zorniger geworden“, sagte Kleinkunstvereinschef Walfried Lucksch in der Pause. Sie ist unverblümt, mag’s auch mal drastisch – und bringt’s auf den Punkt. Sie sei manchmal zickig und schroff, warnte sie ihr Publikum im ausverkauften Kulturkraftwerk vor, aber das sei „immer eine professionelle Schröffe“. Begleitet wird sie von einem „As am Piano“, wie Renate Lucksch ihren kongenialen Partner Ben Süverkrüp ankündigte.

„Gigantische Aufgaben“

Auch bei scheinbar banalen Themen wie Kindererziehung trifft sie den Part, der nicht banal ist: „Kinder wissen nicht mehr, wo es langgeht. Ob’s überhaupt nochmal irgendwo langgeht.“

„Wir stehen vor gigantischen Aufgaben“, merkt die Mutter zweier Töchter an. Die Aufzählung „Klima, Kriege, Alice Weidel“ bringt Szenenapplaus. „Wir haben uns daran gewöhnt, dass Psychopathen unsere Welt regieren“, haut sie raus. „Da, wo andere Mitgefühl haben, haben sie Bauschaum.“

Mit dem Bogen auf der Säge jault sie das Elend in die Welt hinaus, und sei es auch nur das des gefährdeten privaten Glücks, wenn der Tag kommt, „an dem es keinen Grund gibt, um zu bleiben, und keinen, um zu gehn.“ Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt angelangt – wie holt die zwischen Sprech- und Gesangspartien wechselnde Diseuse ihr Publikum da bloß wieder raus? Kinderspiel. Da reicht die rhetorische Frage: „Warum sitzen die Spaßbremsen immer in der ersten Reihe?“

„Schabrackendämmerung“

Die stets in klassischem schwarz-weißen Outfit mit Cut und clowneskem Schuhwerk auf der Bühne agierende Künstlerin warnt vor Alltags-Überfrachtung und Worthülsen-Weitwurf; sie fordert auf, sich nie zufriedenzugeben damit, dass die Apokalypse das Unausweichliche sei. Glück statt Gewöhnung, Leben und Liebe, Küsse und Sonnenuntergänge. Güte. Größe. Angekommen in der Phase der „Schabrackendämmerung“ wendet sich die 57-Jährige gegen den Jugendwahn: Lieber schön alt werden als hässlich jung bleiben („Wie kann man nur eine Gesichtslähmung den Spuren der Lebendigkeit vorziehen?“). Dabei ist sie nicht nur kämpferisch, sie beherrscht auch die leisen Töne, bringt im Lied auf die Mutter, die auch mal jung war („für mich warst Du die Welt“), sensibel und feinsinnig-zart die Endlichkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens auf die Bühne. Ihr reichen einige Stricke auf der Geige, um die Stimmung erneut zu heben – beeindruckende Gabe.

Deutscher Kleinkunstpreis, Deutscher Kabarettpreis, „Salzburger Stier“ 2024 – was kann da noch kommen? Hauptsache, Tina Teubner kommt immer wieder. Ihren künstlerischen Reifeprozess mitzuerleben, ist bereichernd.

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