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Inklusionstag in Goslar

Soccer und Kulturfest für Menschen mit und ohne Behinderung

Viviana Lombardi (links) erzählt Moderatorin Lea Schauzu von ihren Erfahrungen beim Busfahren mit Rolli. Foto: Hartmann

Viviana Lombardi (links) erzählt Moderatorin Lea Schauzu von ihren Erfahrungen beim Busfahren mit Rolli. Foto: Hartmann

Gleich zwei Veranstaltungen zum Thema Inklusion gab es am Freitag in Goslar: ein Soccerturnier mit gemischen Teams aus Spielern mit und ohne Behinderung und ein Kulturfest mit Rock, Pop, Humor und Interviews  zur Barrierefreiheit.

Von Petra Hartmann Montag, 08.05.2023, 06:00 Uhr

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Goslar. Inklusion, Barrierefreiheit und das Miteinander von Menschen mit und ohne Handicap – darum ging es beim „Europäischen Protesttag für die Rechte von Menschen mit Behinderungen“. In Goslar gab es gleich zwei große Aktionen zu dem Anlass: Sport und Kultur mit ihrer Gemeinschaft stiftenden Kraft sorgten für spannende Begegnungen und Zusammenhalt.

Zum inklusiven Soccer-Turnier hatte das Bündnis „Goslar geht gemeinsam“ auf den Sportplatz des GSC08 eingeladen. Schon zum fünften Mal – aber noch nie zuvor mit einer solchen Resonanz:15 Mannschaften mit insgesamt rund 140 Spielern hatten sich angemeldet, verkündete Reiko Linzer, der Sprecher des Bündnisses, begeistert. Mit dabei: behinderte und nicht behinderte Spieler, Männer, Frauen, Kinder, Kicker aus unterschiedlichen Ländern, trainierte Fußballer und Menschen, die einfach nur Lust zum Spielen hatten.

38 torgefährliche Begegnungen auf dem Kunstrasen

Im September waren nur neun Teams angetreten. Nun gab es 38 spannende und torgefährliche Begegnungen auf dem Kunstrasenplatz im Kampf um die drei Pokale. „Natürlich ist das mit den Pokalen nicht das Wichtigste – das Wichtigste ist das Spiel“, betonte Clemens Ahrens, Geschäftsführer der Lebenshilfe. Vor Ort war auch Christian Bormann, der für das Amt des Behindertenbeauftragten im Landkreis kandidiert. Bormann hat selbst ein Handicap, stellte aber klar: „Ich bin nicht behindert, ich werde behindert: Ich werde von der Gesellschaft behindert, meinen Weg zu finden.“ Genau dafür, dass jeder Einzelne befähigt werde, seinen eigenen Weg zu gehen, wolle er sich einsetzen.

Im Eröffnungsspiel des Inklusiven Soccerturniers treffen das „Team Schmidt“ (bordeaux) und die OBS Deilich Bad Harzburg (grün) aufeinander. Die Schmidt-Kicker erweisen sich als die stärkste Mannschaft des Tages und holen den Siegerpokal. Die Spieler in Grün landen auf Platz vier von 15 Mannschaften. Foto: Hartmann

Im Eröffnungsspiel des Inklusiven Soccerturniers treffen das „Team Schmidt“ (bordeaux) und die OBS Deilich Bad Harzburg (grün) aufeinander. Die Schmidt-Kicker erweisen sich als die stärkste Mannschaft des Tages und holen den Siegerpokal. Die Spieler in Grün landen auf Platz vier von 15 Mannschaften. Foto: Hartmann

Wie kommen wir da hin?

Drei Stunden nach dem Anpfiff auf dem BSC-Gelände begann am Abzucht-Ufer die Veranstaltung „Kultur? – Barrierefrei! Und wie kommen wir dahin?“, die der Behindertenbeauftragte der Stadt Goslar, Axel Dietsch, organisiert hatte. Er selbst konnte das geballte Kulturprogramm krankheitsbedingt nicht selbst genießen, doch Moderatorin Lea Schauzu führte gekonnt durch den Abend.

Als absolute Stimmungskanonen erwiesen sich dabei die Musiker der Gruppe „Underrock“ aus Neuerkerrode, Rockstars mit Behinderungen, die sich stolz „die coolste Band aus Braunschweig“ nennt. Bereits beim Soundcheck rissen die Underrocker ihr Publikum mit. Da gab es kein Halten mehr, der Song „Partyalarm“ musste komplett durchgefetzt werden und sorgte für Begeisterungsstürme an der Abzucht. Später hatte die Band mehrere Auftritte, bot rockige und poppige Stücke dar, aber auch berührende, nachdenkliche Beiträge wie dieErinnerung an das verstorbene Bandmitglied Corinna, die die Conga mit viel Herz spielte – unvergesslich.

Statt Kabarett Satire mit Kotztüten

Als Kabarett waren die Auftritte von Jan Oppermann alias „Graf Jao“ angekündigt worden, doch der unter anderem an Epilepsie leidende Künstler machte klar, dass er seine Beiträge als Satire, nicht als Kabarett, verstanden wissen will. Es ging recht derbe zu, als er seine Erfahrungen mit der Arbeitsagentur schilderte und als Bestandteil eines Erste-Hilfe-Pakets für den Besuch der Behörde eine Kotztüte empfahl.

Satiriker „Graf Jao“. Foto: Hartmann

Satiriker „Graf Jao“. Foto: Hartmann

Ein Herzstück der Show waren die Interviews, die Moderatorin Lea Schauzu mit ihren Gästen führte. Etwa mit Stadtbus-Chefin Anne Sagner, die erzählte, wie sie ihre Busse und Haltestellen für Fahrgäste mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen attraktiver gestaltet. Oder mit Viviana Lombardi, die mit ihrem Rolli Bus und Bahn für Reisen zu Konzerten in andere Städten nutzt und aktuell mit dem Stadtbus-Service recht zufrieden ist. Aber mit Kabeltunneln habe sie als Rollifahrerin Riesenprobleme, sagte Lombardi.

Die Barriere vor der Bühne

Apropos Barriere: Dass die Bühne nur durch eine Treppe betreten werden kann, sei ein großes Manko, stellte Bürgermeisterin Renate Lucksch in ihrem Grußwort fest. „Da muss noch viel passieren.“

Das Publikum jubelt den Bands zu. Foto: Hartmnann

Das Publikum jubelt den Bands zu. Foto: Hartmnann

Dass zur zweiten Hälfte des Abends der Regen immer stärker wurde, konnte die hartgesottensten Fans nicht abschrecken. Die Gäste spannten Regenschirme auf und erkämpften sich durch lautstarken Applaus von Underrock und von den CaszKings jeweils eine Zugabe.

Wer das Fest verpasst hat oder es noch einmal erleben möchte, für den hat Marcus Wendt von „Filmundton“ eine gute Nachricht: Er hat das rund vierstündige Programm gefilmt und wird nun nach und nach die einzelnen Auftritte auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichen.

„Partyalarm!“ – Die Band Underrock aus Neuerkerode rockt auf der Abzucht-Bühne und reißt das Publikum mit. Foto: Hartmann

„Partyalarm!“ – Die Band Underrock aus Neuerkerode rockt auf der Abzucht-Bühne und reißt das Publikum mit. Foto: Hartmann

Die Ergebnisse des Soccer-Turniers

Den ersten Platz beim inklusiven Soccerturnier holte sich die Mannschaft „Team Schmidt“. Zweitplatzierter wurde die BBS 1 Am Stadtgarten. Auf dem dritten Platz landete die Mannschaft des Landkreises Goslar und verwies die Kicker vom Team OBS Deilich Bad Harzburg auf den vierten Platz.

Torschützenkönigin wurde Michelle Meyer von der BBS 1 Am Stadtgarten Goslar, Torschützenkönig wurde Mark Genzik vom Landkreis Goslar. Beide erhielten jeweils einen kleinen Fußballschuh als Auszeichnung für ihre Leistungen.

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