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Grünen-Abgeordnete Karoline Otte

Reise in die Ukraine: Wiederaufbau als Akt des Widerstands

Die Grünen- Bundestags- abgeordneten Karoline Otte (Mitte) aus Northeim und Deborah Düring aus Frankfurt im Gespräch mit der Küsterin der Dorfkirche in dem ukrainischen Dorf Lukashivka. Foto: Privat

Die Grünen- Bundestags- abgeordneten Karoline Otte (Mitte) aus Northeim und Deborah Düring aus Frankfurt im Gespräch mit der Küsterin der Dorfkirche in dem ukrainischen Dorf Lukashivka. Foto: Privat

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Karoline Otte ist von einer Reise in die  Ukraine zurückgekehrt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Kommunen beim Wiederaufbau helfen können. Ihre Gesprächspartner haben indes einen weiteren Punkt angesprochen.

Von Oliver Stade Samstag, 12.08.2023, 12:00 Uhr

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Harz. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Karoline Otte ist von einer viertägigen Reise in die von Russland überfallene Ukraine sowie nach Moldau zurückgekehrt, einer ehemaligen Sowjetrepublik, die in die EU strebt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Kommunen der Ukraine beim Wiederaufbau helfen können.

Einer ihrer prägendsten Eindrücke: Selbst „nicht regierungsnahe“ Gesprächspartner würden nicht nur auf Waffenlieferungen drängen, sondern seien darüber hinaus der Meinung, dass es mit Russland nur Frieden geben kann, wenn die Invasionstruppen Putins „den letzten Quadratmeter“ ukrainischen Gebiets verlassen haben.

„Großer Konsens im Land ist: Wir brauchen Waffen“, berichtet Otte nach ihren Gesprächen in der Ukraine. Sie selbst sei bereits vor ihrer Reise dieser Meinung gewesen, antwortet sie auf die Frage zu ihrer Haltung dazu. Waffenlieferungen seien indes nicht Thema ihrer Reise gewesen. Die Ukrainer, die sie getroffen habe, hätten von sich aus betont, wie wichtig weitere Waffen in ihrem Überlebenskampf seien.

Sirenengeheul in Kiew

Otte sagt, für ihre Gesprächspartner sei der „Wiederaufbau Teil des Widerstands gegen Russland“. Jetzt schon, während Russland die Ukraine tagtäglich weiter angreift und zerstört, müssten Städte Dörfer wieder aufgebaut und Strukturen wiederhergestellt werden, damit Gemeinwesen funktionieren können.

Die Northeimerin Otte, die in ihrem Wahlkreis den Harz mit vertritt, hat Kiew, die Großstadt Tschernihiw sowie das vom russischen Angriff gezeichnete Dorf Lukashivka besucht. Otte war mit der aus Frankfurt stammenden Grünen-Bundestagsabgeordneten Deborah Düring unterwegs.

„Friedliche Menschen“ steht an einer Hofeinfahrt in dem ukrainischen Dorf Lukashivka in russischer Schrift. Darunter sind Einschusslöcher zu sehen. Ein weiterer Schriftzug weist darauf hin, dass Kinder in dem Gebäude leben. Foto: Privat

„Friedliche Menschen“ steht an einer Hofeinfahrt in dem ukrainischen Dorf Lukashivka in russischer Schrift. Darunter sind Einschusslöcher zu sehen. Ein weiterer Schriftzug weist darauf hin, dass Kinder in dem Gebäude leben. Foto: Privat

Während ihrer Reise sprachen sie unter anderem mit Aufbauhelfern, Dorfbewohnern sowie mit Oleksandra Azarkhina, der stellvertretenden Ministerin für Infrastruktur und regionale Entwicklung, und Olena Shulyak, der Vorsitzenden eines parlamentarischen Ausschusses für regionale Entwicklung und für die Organisation für Staatsgewalt.

In der Ukraine galten strenge Sicherheitsvorkehrungen, Beamte des Bundeskriminalamtes begleiteten die Abgeordneten. Ein Rundgang durch Kiew etwa war aus Sicherheitsgründen nicht möglich, berichtet Otte. Auch einen Sirenenalarm erlebten die Besucherinnen aus Deutschland während ihres kurzen Aufenthaltes in der Ukraine.

Zerstörte Kirche in dem ukrainischen Dorf Lukashivka. Foto: Privat

Zerstörte Kirche in dem ukrainischen Dorf Lukashivka. Foto: Privat

Als besonders eindringlich beschreibt sie den Besuch in dem Dorf Lukashivka, das vom Krieg Spuren der Zerstörung aufweise. Auch die Kirche wurde offenbar nicht von den Angriffen der Russen verschont, wie Bilder zeigen. Die Kirche sei bereits im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden. Otte und Düring unterhielten sich mit Einwohnern und einem Freiwilligen, der beim Aufbau in dem Dorf hilft.

Von Russen besetzt

Der 26-Jährigen, die vor ihrem Einzug 2021 in den Bundestag beim Kreis Göttingen gearbeitet hat und aus Fredelsloh stammt, sind funktionierende kommunale Strukturen wichtig. Diese müssten in der Ukraine wieder aufgebaut werden. Dabei könnten deutsche Städte etwa über Paten- und Partnerschaften helfen. Ein Beispiel dafür ist für Otte Tschernihiw, eine Stadt, die die russische Armee in den ersten Monaten des Krieges besetzt hielt und in der gegenwärtig am Wiederaufbau gearbeitet wird. Mit Memmingen und darüber hinaus mit Aachen gibt es eine Städtepartnerschaft.

Aachen und Tschernihiw seien über Themen wie Nachhaltigkeit, Energie und Infrastruktur im Austausch. Otte berichtet, für Tschernihiw sei wichtig, wie große Mengen Bauschutt entsorgt werden könnten. „Aachen“, sagt die Grünen-Politikerin über den Austausch, „lernt viel über die Gemeindedigitalisierung“. Um solche Städtepartnerschaften anzubahnen oder sie mit der Vermittlung von Dolmetschern zu erleichtern, helfe die Bonner „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ (SKEW). Die wolle sie in ihrer Arbeit unterstützen, etwa, wenn Haushaltsberatungen anstehen.

Für Otte sind Partnerschaften mit Städten in der Ukraine ein „wichtiges Instrument“ für den Wiederaufbau. Solche Kooperationen könnten auch in anderen Situationen hilfreich sein. Als Beispiel nennt sie das Erdbeben in der Türkei, nach dem das Land ebenfalls Hilfe benötigt habe.

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