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Übung unter realen Bedingungen

Lutteraner Stoppelfeld als Flammenmeer

Das Feuer zündet durch, als es den noch nicht geernteten Weizen erreicht. Sogleich entsteht eine viel größere Hitze, die für die Brandbekämpfer eine höhere Belastung bedeutet. Die Beobachter müssen einen Schritt zurückgehen.  Fotos: Feuerwehr (2), Gereke (5)

Das Feuer zündet durch, als es den noch nicht geernteten Weizen erreicht. Sogleich entsteht eine viel größere Hitze, die für die Brandbekämpfer eine höhere Belastung bedeutet. Die Beobachter müssen einen Schritt zurückgehen. Fotos: Feuerwehr (2), Gereke (5)

Die anhaltende Dürre lässt die Gefahr von Vegetationsbränden steigen. Um für solche Flächenbrände gewappnet zu sein, richtete die Stadtfeuerwehr Langelsheim im Neiletal am Samstag einen Ausbildungstag zur Vegetationsbrandbekämpfung aus.

Von Andreas Gereke Montag, 08.08.2022, 07:00 Uhr

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Lutter. Insgesamt war es der dritte Ausbildungstag dieser Art – nach zweien im vergangenen Sommer. Es war aber der Erste für die Ortswehren der ehemaligen Samtgemeinde Lutter. Fünf von sieben – abgemeldet hatten sich Ostlutter und Nauen – nahmen mit zusammen rund 50Einsatzkräften daran teil.

Grubber bereitet vor

Sie trafen sich auf einem Stoppelfeld am Steimker Bach, das der Hahäuser Landwirt Joachim Illers vorbereitet hatte. Er hatte es mit einem Grubber in mehrere Übungsflächen von etwa 30 mal 80 Meter unterteilt. Auf diesen Flächen konnten die einzelnen Staffeln, geführt von den Ausbildern, üben. „Es galt, die in den letzten Monaten ausgebildeten Handgriffe und Taktiken in der Praxis unter realen Brandbedingungen umzusetzen“, erklärte Marcel Malchow von der Arbeitsgemeinschaft Vegetationsbrandbekämpfung der Stadtfeuerwehr.

Pro Übungsfläche kamen ein bis zwei Staffeln zum Einsatz, die die Vegetationsbrände mit Löschrucksäcken und D-Strahlrohren im sogenannten Raupenverfahren bekämpfen mussten. Der Name erklärt sich dadurch, dass sich die Staffeln wie eine Raupe langsam vorarbeiten. „Nicht alle Wasser führenden Fahrzeuge können während des Fahrens Löschwasser abgeben. Deshalb fahren sie jeweils ein Stück näher an den Brandsaum heran, halten, die Pumpe wird wieder angestellt, um löschen zu können“, schildert Malchow.

Dynamik auf dem Feld

„Es geht darum zu trainieren, einen Feuersaum abzulöschen, die Ausbreitungsgefahr zu senken und die Geschwindigkeit aus dem Feuer herauszunehmen“, berichtet er. Und das unter möglichst geringem Wassereinsatz, denn nur an den wenigsten Feldern befindet sich ein Hy-drant, an dem die Fahrzeuge neues Wasser aufnehmen können. Meist muss im Pendelverkehr neues Wasser herangeschafft werden.

Dabei spielt der Wind eine große Rolle. Welche Dynamik auf einem Feld entstehen kann, wenn er plötzlich auffrischt und dann auch noch seine Richtung wechselt, erlebten die Brandbekämpfer aus Hahausen und Bodenstein auf ihrem Übungsfeld. Das Feuer nahm plötzlich an Fahrt auf. Würde diese Feuerwalze auf einen zurollen – ein Weglaufen wäre kaum noch möglich. Wichtig deshalb auch: über Funk in Kontakt bleiben. Denn durch die Rauchentwicklung sind Sichtkontakt und Zeichensprache nicht immer möglich, erklärt Christian Schwarze von der Feuerwehr Langelsheim, der gemeinsam mit Malchow die Übung anleitete.

Bevor es auf dem Feld unter realen Bedingungen losgeht, steht für die Staffeln die Einweisung in den Tag auf dem Programm.

Bevor es auf dem Feld unter realen Bedingungen losgeht, steht für die Staffeln die Einweisung in den Tag auf dem Programm.

Zudem ist es ein Unterschied, ob ein Stoppelfeld brennt oder ein noch nicht abgeerntetes Kornfeld. Landwirt Illers hatte an einer Stelle Weizen stehen lassen, die Einsatzkräfte versammelten sich drum herum. Zunächst brannten nur die Stoppel, dann lief das Feuer in den Weizen, zündete durch – und sofort schlugen die Flammen meterhoch. „Stehendes Korn hat eine höhere Brandintensität. Das bedeutet auch eine höhere thermische Belastung für die Kameraden“, erklärte Florian Schlüter vom Waldbrandteam e.V., – das merkten die Einsatzkräfte sofort und machten mehrere Schritte zurück. Schlüter begleitete die Übung ebenfalls und entzündete an den entsprechenden Stellen das Feuer auf dem Stoppelfeld.

Drei Faktoren bestimmen die Vegetationsbrandgefahr: die Art der Vegetation, das Wetter in Form von Wind, Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung sowie die Topografie, sagt Schlüter. Eine der für die Brandbekämpfung ungünstigsten Konstellationen ist es, wenn Feuer in einem brennenden Kornfeld vom Wind angefacht einen Hang hinaufgetrieben wird. Zusätzliche Brisanz entsteht, wenn es sich in Richtung Wald oder Wohnbebauung ausbreitet.

Feuer mit Verzögerung

„In schmal zulaufenden Harzer Tälern gibt es sogar die Besonderheit, dass im Brandfall ein Kamineffekt herrschen kann. Und bei Sonnenuntergang die Windrichtung wechselt“, schildert Schlüter. Auch die Bedeutung der Rahmenbedingungen verdeutlichte der Tag: Morgens um 8 Uhr trafen sich die Übungsteilnehmer, doch es dauerte bis zum Mittag, ehe die Sonne das Feld nach den Regenfällen vom Freitag so weit abgetrocknet hatte, dass die von Schlüter gelegten Feuer nicht von selbst ausgingen. Schlüter: „Sechs Stunden Sonnenschein reichen, um das Stoppelfeld brandfähig zu trocknen.“

„Durch diese Ausbildung haben die Teilnehmenden viele wertvolle Erfahrungen unter kontrollierten Bedingungen gesammelt. Sie reichen von der Handhabung der Löschmaterialien über die richtige Taktik bis hin zum Brandverhalten bei wechselnden Wind-, Sonnen- und Vegetationsbedingungen“, zieht Malchow eine positive Bilanz. Am Ende der Ausbildung standen Besprechung und Auswertung. Zwischendurch gab es Verpflegung von der Feuerwehr Lutter.

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