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Sven Regener fordert Klärung

Keine Preisverleihung 2024: Paul Linckes braune Schatten

Namensgeber für den Hahnenkleer Musikpreis: Die undatierte Aufnahme zeigt den Komponisten („Berliner Luft“) und Musikverleger Paul Lincke. Foto: dpa

Namensgeber für den Hahnenkleer Musikpreis: Die undatierte Aufnahme zeigt den Komponisten („Berliner Luft“) und Musikverleger Paul Lincke. Foto: dpa

Der Paul-Lincke-Ring wird 2024 nicht vergeben. Bevor der Preis wieder verliehen wird, will die Stadt Goslar eine Studie in Auftrag geben, die die NS-Vergangenheit des Berliner Operettenkönigs beleuchtet. Auch eine „neue Ausrichtung des Preises“ ist möglich.

Von Frank Heine Dienstag, 16.01.2024, 13:00 Uhr

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Hahnenklee. Eine Verleihung des Paul-Lincke-Rings wird es im Jahr 2024 nicht geben. Als Grund für den Verzicht nennt die Stadt Goslar eine dringend notwendige vorgeschaltete Fachexpertise, die die Vergangenheit des Berliner Operettenkönigs im Nazi-Regime beleuchten soll.

Eine gewichtige Rolle spielt in diesem Szenario offenkundig auch der designierte Preisträger Sven Regener. Laut einer mit dem Künstler abgestimmten Pressemitteilung der Stadt hält er „diese Klärung für unerlässlich“.

Vor dem 70.Geburtstag

„Ist der Paul-Lincke-Ring noch zeitgemäß?“ So beginnt die Mitteilung der Stadt, die auf die erste Verleihung des Rings an Komponist Friedrich Schröder 1955 Bezug nimmt. Weil 2025 Feiern zum 70. Ring-Geburtstag anstünden, laufe im Zuge der Vorbereitungen auch eine „geschichtliche Auseinandersetzung mit dem Namensgeber“. Auf Grundlage gewonnener Erkenntnisse, so heißt es weiter, die Lincke „mit Personen aus dem Nationalsozialismus“ in Verbindung brächten, plädieren Stadt und Lincke-Ring-Jury „für eine kritische und offene Auseinandersetzung“ in einer Studie.

In diesem Kontext und abhängig vom Ergebnis empfehle die Jury – gemäß einer Entscheidung aus der vergangenen Woche – einvernehmlich eine „neue Ausrichtung des Preises“. Wie eine solche Ausrichtung ohne Lincke aussehen könnte, wird nicht näher erläutert. In Abstimmung und im Interesse von Regener werde bis zu einer Klärung, wie künftige gegebenenfalls neu ausgerichtete Verleihungen erfolgen könnten, die Ehrung 2024 ausgesetzt.

Vergangenheit schon länger bekannt

Der Zeitpunkt für die Prüfung verwundert: Linckes Nähe zu Nazi-Größen und insbesondere zu Propagandaminister Joseph Goebbels ist spätestens seit einer Biographie aus dem Jahr 2016 bekannt. Autor Jan Kutscher sieht ihn laut Rezension von Wilfried Mommert (dpa) als einen Menschen, der sich wie die meisten Künstler verhalten habe, die nicht emigrierten und sich mit den braunen Machthabern zu arrangieren versuchten. Und was den 70. Ring-Geburtstag angeht: Die Studie könnte mit dem ersten Preisträger gleich weitermachen. Im Gegensatz zu seinem Lehrmeister Lincke stand Schröder in der sogenannten „Gottbegnadeten-Liste“, die das Goebbels-Ministerium im August 1944 zusammenstellte. Sie enthielt deutsche Künstler, die dem Regime wichtig erschienen und deshalb unter besonderen Schutz gestellt wurden.

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